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"Bündnerwald" August 2020

Ausbildungsbetriebe Graubünden: Unterschiede und Motivation

Ausbildungsbetriebe Graubünden: Unterschiede und Motivation Die beiden Ausbildungsbetriebe Chur und Valsot stellen sich vor und geben der Leserschaft einen Einblick in ihre Erfahrungen mit der Ausbildung junger Forstwarte. Autoren: Dominic Schilling, Stefan Becker, Adrian Schorta

Grün und Werkbetriebe Chur

Die Abteilung Wald und Alpen der Grün und Werkbetriebe Chur betreut die Wälder, Alpen und Allmeinden der Gemeinde Chur/Maladers und Haldenstein. Die gesamte Fläche beträgt 6'600 ha. Der Wald ist das Kerngeschäft und umfasst eine Fläche von 3'600 ha mit einem Hiebsatz von 13'000 Tfm. Die Abteilung beschäftigt zwölf Mitarbeiter und drei bis vier Forstwartlernende. Sie werden in Zusammenarbeit mit Unternehmern für die Waldpflege und den Unterhalt der Infrastrukturen im Wald und auf den Alpen eingesetzt. Ebenfalls bietet der Betrieb diverse Kursobjekte für Lernende und Försterstudenten, zum Beispiel für Holzerei, Seilkran und Baukurse.

In der Stadt Chur werden seit der Einführung des Forstwartberufs im Kanton Graubünden Lernende ausgebildet. Somit haben bei der Abteilung Wald und Alpen über 50 Lernende die Ausbildung zum Forstwart erfolgreich absolviert. Der Betrieb bildet in der Regel einen Lernenden pro Jahr aus. Durch die Betriebsgrösse können im Alltag drei bis vier Arbeitsgruppen gebildet werden, dadurch kann eine optimale Betreuung und Ausbildung der Lernenden erfolgen. Ebenfalls können sich die Lernenden untereinander austauschen und vom Wissensstand gegenseitig profitieren. Sie lernen so auch früh, Verantwortung zu übernehmen.

Um den richtigen Lernenden zu finden, der auch zum Betrieb passt, absolvieren die potenziell Interessierten eine Schnupperlehre im Betrieb. Dabei werden die Mitarbeiter in die Beurteilung miteinbezogen und auch Referenzen anderer Betriebe eingeholt. Anhand der eingereichten Bewerbungsunterlagen und den erstellten Zeugnissen wird dann der Entscheid gefällt.

Für die Ausbildung der Lernenden ist ein Förster verantwortlich. Er betreut den Lernenden administrativ, bei der Erstellung der Arbeitsberichte und verfasst die Bildungsberichte. Die praktische Ausbildung erfolgt durch die ausgebildeten Berufsbildner und Forstwarte. Der Berufsbildner führt dabei die Ausbildungsinstruktionen aus. Informationen werden laufend zwischen Berufsbildnern und Ausbildungsverantwortlichem ausgetauscht.

Die Lernenden werden im Wochenprogramm verschiedenen Arbeitsgruppen zugeteilt. Sie werden dort jeweils instruiert und betreut. Im Winter werden separate Holzschläge mit den Lernenden und ihren Berufsbildnern ausgeführt. Das Erlernte aus den üK (überbetriebliche Kurse) fliesst direkt nach den Kursen in die Ausbildung ein. Speziell vor dem QV (Qualifikationsverfahren) wird das gesamte praktische Wissen nochmals repetiert, es werden aber keine abgegrenzten Vorbereitungskurse durchgeführt.

Betreffend Entwicklung der Ausbildung und der Lernenden konnte im Betrieb festgestellt werden, dass die handwerkliche Geschicklichkeit abgenommen hat und das Bewegen im steilen Gelände oft zuerst erlernt werden muss. Das Verfassen von Berichten und Dokumentationen sowie das selbstbewusste Auftreten vor einer Gruppe hat sich verbessert.

Der Grund oder die Motivation, Lernende auszubilden, liegt darin, dass der ganze Betrieb gefordert wird. Über die Ausbildung bleibt man ständig auf dem neusten Stand und es ist interessant, junge Berufsleute zu begleiten und in den Berufsalltag zu führen. Ebenfalls wird dadurch ein Beitrag für die Erneuerung des forstlichen Berufsstands geleistet und das Wissen aus dem Betrieb kann weitergegeben werden.

 

Forstbetrieb Valsot

Eckpunkte zum Forstbetrieb Valsot

Das Forstamt der Gemeinde Valsot liegt im nördlichsten Teil des Unterengadins und grenzt an die Nachbarländer Österreich und Italien. Die Gemeinde Valsot mit rund 875 Einwohnern setzt sich aus elf intakten, kleineren Siedlungen (Fraktionen) zusammen. Daraus ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von circa sechs Personen pro Quadratkilometer.

Der Forstbetrieb Valsot besteht aus jeweils einem Betriebsleiter, Revierförster, Forstwartvorarbeiter, Forstwart-Seilkraneinsatzleiter, Forstwart, Waldarbeiter-Saisonnier und einem bis zwei Lernenden. Der Forstbetrieb hat sich auf die Holzernte mit dem Seilkran spezialisiert. In einem durchschnittlichen Jahr erfolgt die Holzbringung 70 % per Seilkran, 15 % per Helikopter und die restlichen 15 % per Bodenzug. Für die Bringung der letzteren 15 % besteht die Möglichkeit, mit den Forstunternehmungen zusammenzuarbeiten. Zudem werden jährlich rund 400 m3 im Sortimentsverfahren mit dem Pferd gerückt. All dies erfolgt auf einer Gesamtbewirtschaftungsfläche von 4'800 ha produktiver Waldfläche.

 

Die Ausbildung der Lernenden im Forstbetrieb Valsot

Das Forstamt Valsot bildet seit der Fusionierung der Gemeinden Tschlin und Ramosch im Jahre 2013 Lernende aus. Jedoch hatte die Gemeinde Tschlin bereits im Jahr 1992 mit der Ausbildung der Lernenden begonnen. Somit zählen wir seit dem Zusammenschluss 7 und insgesamt 28 erfolgreiche Ausbildungsjahre. Bis zum Jahr 2013 wurde alle drei Jahre ein Lernender betreut und ausgebildet. Seit der Fusion schliesst jedes zweite Jahr ein Lernender seine Lehre als Forstwart bei uns ab, wobei jeweils zwei Lernende gleichzeitig ausgebildet werden. Dies hat sich bewährt und bringt einige Vorteile mit sich. Der Auszubildende im 3. Lehrjahr verfügt bereits über gute Kenntnisse im Arbeitsalltag und ist vertraut mit den Abläufen im Betrieb. Durch den wöchentlichen Berufsschulunterricht und die üK ist das theoretische Wissen ebenfalls auf einem guten Stand. Dies ermöglicht ihm, den Lernenden im 1. Lehrjahr zu unterstützen und die damit verbundene Vorbildfunktion wahrzunehmen. Er kann sein Wissen weitervermitteln und ergänzt somit unsere Ausbildung auf eine zusätzliche Art.

Eine Arbeitswoche bei uns im Betrieb sieht je nach Jahreszeit unterschiedlich aus. Im Winter, Frühling und im Herbst sind wir hauptsächlich in der Waldbewirtschaftung tätig. Diese beinhaltet die verschiedenen Holzschläge, Jungwaldpflege, Pflanzungen und Forstschutzmassnahmen. Im Sommer arbeiten wir grösstenteils an den SIS-Projekten. 1 Dabei sanieren beziehungsweise bauen wir neue Lawinenverbauungen oder Dreibeinböcke. Zudem führen wir kleinere SIE-Projekte 2 (Sanierungen/Instandstellungen von Waldstrassen) selbst aus.

Um das theoretische Wissen, das ein Forstwartlernender nach seiner Ausbildung haben muss, zu erlangen, haben die Lernenden jeden Freitag Unterricht an der Berufsschule Samedan. Dies gilt für alle Forstwartlernenden aus dem Engadin, Münstertal, Puschlav und Bergell. Die ergänzenden üK sind im ganzen Kanton Graubünden gleich und finden jährlich anderswo statt. Somit kann es vorkommen, dass wir einen A-Kurs bei uns im Engadin organisieren können.

 

Die Auswahl des neuen Lernenden

Um bei uns die Lehrstelle als Forstwart antreten zu können, ist eine vorausgehende Schnupperlehre Pflicht. Durch diese können die Interessenten sich einen Einblick in unseren Berufsalltag verschaffen. Auch von unserer Seite ist diese, meist fünftägige Schnupperlehre, von grosser Bedeutung. Diese ermöglicht uns zu sehen, ob die Interessenten in unser Team passen würden, sie die Arbeit nicht scheuen und wie gross ihr Interesse und die Begeisterung für die Natur ist. Dabei sind die Noten aus der Grundschule bei der Evaluation des Bewerbers zweitrangig. Wir suchen einen offenen, begeisterten, motivierten und arbeitsfrohen Bewerber, der mehr über unsere schönen Wälder erfahren möchte und auch selbst anpacken kann. Bei der schulischen Ausbildung können wir unsere Lernenden unterstützen und begleiten. Bei fehlender Motivation und Freude am Beruf können wir jedoch mit den grössten Bemühungen nichts bewirken. Die zu vergebenden Lehrstellen werden in der lokalen Zeitung sowie im Gemeindeblatt veröffentlicht und ausgeschrieben. Aus den meist zwei bis drei Bewerbungen können wir, mit Unterstützung der Erfahrungen aus der Schnupperwoche, die Lehrstellen vergeben.

 

Fachleute mit grossem Wissen für eine optimale Ausbildung der Lernenden

Bei uns sind der Revierförster (Lehrmeister) und der Forstwart (Berufsbildner) für die Ausbildung der Lernenden verantwortlich. Neben den Verantwortlichen ist der ganze Forstbetrieb an der Ausbildung beteiligt. Die Ausbildung der Lernenden findet täglich im Betrieb, wöchentlich in der Berufsschule und an den fünf üK statt. Die zu schreibenden Arbeitsberichte sind ebenfalls ein wichtiger Teil der Ausbildung. In diesen Berichten vertiefen die Auszubildenden das Erlernte und fassen das Wichtigste schriftlich zusammen. Dadurch kann das Verfassen von technischen Berichten geübt werden, welche auch als Nachschlagewerk für die Vorbereitungen für das QV verwendet werden können. Bei uns im Betrieb ist der Lehrmeister für die Vollständigkeit und die Korrektheit der Arbeitsberichte zuständig.

 

Vorbereitung der Lernenden auf das QV

An der Berufsschule in Samedan unterrichten vier Lehrpersonen den Berufskundeunterricht (Anna Mathis, Forstingenieurin ETH; Pascal Murbach, Förster HF; Gisep Rainolter, Förster HF: und meine Person, Adrian Schorta Förster HF). Mit dieser Zusammensetzung der Lehrkräfte können wir sicher sein, dass die Lernenden von Lehrpersonen, die in der Branche noch aktiv arbeiten, unterrichtet werden. Zudem sind die Lehrpersonen aktiv an der Ausbildung der Lernenden beteiligt. Zum Beispiel als Instruktoren bei den üK oder als Prüfungsexperten beim QV. So können wir jedes Jahr vor den anstehenden Prüfungen gezielt Wiederholungstage für die einzelnen Teile des QV durchführen. Bei diesen Wiederholungstagen merken die Lernenden selbst, wie gut sie sich auf das QV vorbereitet haben und wo es allenfalls noch gewisse Unklarheiten gibt. Diese können dann im Vorfeld noch geklärt werden, damit die Lernenden gut vorbereitet das QV erfolgreich durchführen können. Ihr Wissen und Können haben sie sich in den Lehrbetrieben über drei Jahre angeeignet. Meistens geschieht dies, ohne dass die Lernenden es selbst wahrnehmen, da es sich um einen laufenden Prozess handelt.

 

Die Ausbildung im Wandel der Zeit

Ich selbst arbeite erst seit drei Jahren als Revierförster und habe meine Ausbildung als Forstwart EFZ im Jahr 2014 abgeschlossen. In der heutigen Zeit muss ein Forstwart alle forstlichen Arbeiten erledigen können. Zudem muss er sich mit der Thematik Ökologie in einem umfangreichen Masse auskennen. Dies war früher sicherlich weniger anspruchsvoll und hatte nicht die gleiche Bedeutung in der Gesellschaft wie heutzutage. Wir leben in einer vom Tourismus stark abhängigen Region unseres Landes. Deshalb ist es wichtig, den Ansprüchen des Waldes, aber auch denjenigen der Gäste gerecht zu werden.

Mit den Gemeindefusionen in jüngster Zeit werden die Forstbetriebe in der Umgebung immer grösser. Dieser Trend bringt für die Lernenden verschiedene positive Einflüsse mit sich. Eine Forstgruppe kann somit eine reine Forstgruppe sein, wobei die kommunalen Arbeiten der Werkgruppe überlassen werden können. Dies ermöglicht den Forstwartlernenden, über drei Jahre im Kernbereich ihrer Ausbildung tätig zu sein.

Die Unterstützung des AWN (Amt für Wald und Naturgefahren) im Bereich der Ausbildung hat über die Jahre stetig zugenommen. Mit der Digitalisierung der Forstbetriebe können Informationen schneller ausgetauscht und allfällige Unklarheiten zeitnah angegangen und bereinigt werden.

 

Meine persönliche Motivation, Lernende auszubilden

Meiner Meinung nach ist es für unsere Branche und unsere Region wichtig, Lehrstellen anbieten zu können. Gerade in Randregionen wie das Engadin wird es immer schwieriger, kompetentes Fachpersonal zu finden, dass hier eine Zukunft aufbauen möchte. In unserer digitalisierten Gesellschaft verlieren vor allem die Jungen immer mehr den Bezug zur Natur. Umso mehr freut es mich, wenn wir motivierte Schüler beim Übergang von der Schule ins Berufsleben in unserer schönen Branche begleiten können. Dabei übernehmen wir die Verantwortung für die Ausbildung der Lernenden und vermitteln ihnen das Wissen, um auch in Zukunft unsere Wälder gesund und nachhaltig zu unterhalten. Die Lernenden von heute werden die neuen Forstwarte und Forstwartinnen, Förster und Försterinnen sowie Forstingenieure und Forstingenieurinnen von morgen sein, die unsere Wälder pflegen werden.

 

Dominic Schilling Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN)

Stefan Becker ist Förster und Ausbilder bei der Grün und Werkbetriebe Chur

Adrian Schorta ist Revierförster bei der Gemeinde Valsot

 

1 Sammelprojekt Instandsetzung Schutzbauten

2 Sammelprojekt Instandsetzung Erschliessung

Forstwartausbildung vor 55 Jahren

Mein Pfad im Wald, für den Wald, Zeno Bontognali erzählt von seinem Leben im Wald. Autor: Zeno Bontognali

Über mich

Ich bin am 14. Oktober 1946 in Poschiavo geboren. Nach der obligatorischen Schulzeit besuchte ich während zweier Jahre die Landwirtschafts­schule Plantahof in Landquart. Danach habe ich die damals zweijährige Lehre als Forstwart beim Forstbetrieb Chur absolviert.

Im Jahre 1967 besuchte ich die Försterschule Maienfeld und erwarb das eidgenössische Forstdiplom.

 

Warum habe ich mich für eine Forstwartausbildung entschieden?

Mein Vater besass eine Schreinerei. Neben der Schreinerei betrieb er zusammen mit meiner Mutter einen Bauernhof mit etwa 15 Rindern und einigen Schafen.

Ich war 16 Jahre alt, als ich die Sekundarschule abgeschlossen hatte. Danach kam die Zeit, mich für einen Beruf zu entscheiden. Familienmitglieder und Bekannte fragten mich immer wieder, welchen Beruf ich erlernen möchte. Zu dieser Zeit hatte ich jedoch noch keine klare Vorstellung. Ich dachte:«Ich muss mich mit der Wahl nicht beeilen, denn wenn ich bis zu meinem 25. Geburtstag den richtigen Beruf gefunden und meine Ausbildung mit allen Studien abgeschlossen habe, verbleiben immer noch 40 Jahre Zeit, um meiner Arbeit nachzugehen und mit meiner Wahl zufrieden zu sein.»

Eines war sicher, ohne meine Deutschkenntnisse zu verbessern, ist die Zukunft auf der anderen Seite des Berninapasses begrenzt. Gemäss dem Rat meiner Eltern zog ich nach Landquart, um dort während zweier Jahre die Landwirtschaftsschule Plantahof zu besuchen und mein Landwirtschaftsdiplom zu erwerben.

Am Ende der Ausbildung war ich unsicher, ob ich den Landwirtschaftsbetrieb meiner Familie übernehmen möchte. Gleichzeitig wurde im Dorf gemunkelt, dass einer der drei Revierförster in den nächsten Jahren in den Ruhestand treten werde. Das war der Ausschlag für mich; ich wollte im und für den Wald arbeiten.

 

Fast wie ein Traum

Ich nahm sofort Kontakt auf mit dem lokalen Revierförster Anselmo Tuena der Gemeinde Poschiavo, dem Forstingenieur Alfonso Colombo des Poschiavo-Tals und dem für die Ausbildung auf kantonaler Ebene zuständigen Forstingenieur Fritz Schmid. Einstimmig rieten sie mir, ein dreiwöchiges Praktikum bei einem Holzfäller zu machen. Ohne Zeit zu verlieren, meldete ich mich bei Holzfäller Arnoldo Bondolfi, welcher gerade bei der Holz­ernte war. Er sagte mir, ich soll am Montagmorgen um 7.30 Uhr gut gekleidet mit genagelten Bergschuhen, Axt, Zappi, Handschuhen und Lunchpaket bei ihm zu Hause erscheinen. Mit der Axt habe ich gut jongliert, aber mit der Zappi waren die Stürze häufig. In der ersten Woche unterwies mich Arnoldo mit Geduld und Erfahrung in der Handhabung dieser Werkzeuge. Nach der zweiten Woche liess er mich seine Kettensäge benutzen, eine Pioneer mit einem Gewicht von etwa 12 kg und einer Blattlänge von 70 cm (Abbildung 1). Die Säge machte einen ohrenbetäubenden Lärm und die Griffe waren ohne Antivibrationselemente ausgestattet. Weil das Gemisch des Treibstoffs zu viel Öl enthielt, rauchte der Motor der Pioneer-Säge sehr stark. Mit dem Daumen musste immer wieder ein Hebel gedrückt werden, um das Öl zu pumpen, welches die Kette schmierte. Die Kettensäge ­wurde nur zum Fällen, Abschneiden der dicksten Äste und um den Stamm abzulängen verwendet. Der Sägenführer benutzte sie ohne jeglichen persönlichen Schutz; wenn ich jetzt daran denke, ­bekomme ich Gänsehaut, aber damals habe ich es genossen.

Während eines Besuchs des örtlichen Försters und Forstingenieurs zeigten sie mir die Schönheit des Waldes, seine Funktionen, wie man ihn pflegt und warum Holz gefällt wird. Das geschlagene Holz mit seinem duftenden Harzgeruch wird zum ­Bauen, zum Backen des täglichen Brots und zum Heizen der Stube verwendet. Diese Erfahrung in der Praxis, mit den notwendigen sehr detaillierten Erklärungen, faszinierte mich und trieb mich an, mit Leidenschaft zugunsten des Waldes zu arbeiten. Mit einem Herzen voller Freude dankte ich allen, die mit mir zusammen während des Praktikums mitgearbeitet hatten, indem ich sogar die Kettensäge ein wenig benutzen durfte! Am Abend kehrte ich nach Hause zurück und sagte meinen Eltern: «Ich habe meinen Beruf gefunden!»

 

Forstwartausbildung

Nach dem Abschluss dieses Praktikums bot mir der kantonale Forstinspektor Fritz Schmid die Möglichkeit, innerhalb von zwei Jahren eine Lehre als Forstwart zu absolvieren.

Durch den Besitz meines Landwirtschaftsdiploms am Plantahof war ich nicht verpflichtet, die Berufsschule zu besuchen. Nur einige Tage Berufsausbildung, die vom kantonalen Forstinspektorat organisiert wurden, waren obligatorisch. Im ersten Lehrjahr besuchte ich den dreiwöchigen A-Kurs und im zweiten Lehrjahr absolvierte ich den B-Kurs des Holzeinschlags, welcher vom Schweizerischen Forstwirtschaftszentrum in Solothurn organisiert wurde.

Die Lehre konnte ich beim Forstbetrieb Chur absolvieren. Dies war für mich ein grosser Vorteil, denn der Ingenieur Hartmann und der örtliche Förster Lombriser waren meine Ausbildner.

 

Der A-Kurs

Der Kurs fand vom 8. November 1965 bis zum 27. November 1965 in Igis statt. Die Lernenden wurden in 6er-Gruppe aufgeteilt zusammen mit einem Ausbildner, welcher die Gruppe führte und anleitete. Stets zu zweit lernten wir mit folgenden Werkzeugen zu arbeiten: Hobelzahnsäge, Axt, Spalthammer, Zappi, Fällkeil, Kehrhaken, Gertel, Baumkratzer und Material zum Schärfen der Werkzeuge. Die persönliche Schutzausrüstung bestand aus guten Schuhen und Knieschoner aus Leder, die sehr unbequem waren. Wer wollte, konnte Handschuhe und eine Baskenmütze tragen.

Mit Hilfe der Hobelzahnsäge erlernten wir den Schnitt des radialen Wachstums eines grossen Baumes, den horizontalen Kreisschnitt, den Schnitt des Fallkerbgrundes sowie die Massschnitte des Stammes. Die Axt wurde für den Rest der Holzvorbereitungsarbeiten verwendet, wie zum Beispiel für das Asten. Das Brennholz musste in ein Meter lange Stücke mit einem Durchmesser von mehr als 10 cm geschnitten, gespalten und dann perfekt zu einem Ster gestapelt werden.

Wir lernten auch das Schärfen der Werkzeuge, insbesondere der Hobelzahnsäge (Abbildung 2). Theo­rieunterricht hingegen gab es sehr wenig; wir mussten unsere eigenen Notizen in einem Heft festhalten, da es im Gegensatz zu heute keine Handbücher oder Unterlagen gab.

 

Der B-Kurs

Der Kurs fand im Kanton Zug vom 21. März 1966 bis 2. April 1966 statt. Mein Kurs- und Gruppenleiter war Luis Rigling. Die Gruppen bestanden hier aus vier Lernenden, welche nun individuell arbeiteten. Nur wenige von ihnen trugen einen Aluminiumhelm, denn das Tragen überhaupt eines Helms, war zu dieser Zeit noch nicht obligatorisch. Jeder hatte eine Kettensäge, welche zum Fällen und Holzschneiden eingesetzt wurde. Diese empfanden wir zwar als leicht; im Vergleich zum Gewicht heutiger Kettensägen, konnten diese damals natürlich nicht mithalten.

Schnittfeste Hosen, Gehörschutz, Visier und Antivibrationsgriffe der Kettensäge waren nicht erhältlich (Abbildung 3). Für nach hinten geneigte Bäume wurde der «Solo»-Spanner mit 1000 kg Zugkraft, 2 Drahtseilen, 2 Metallverankerungsbindern und einer Umlenkrolle verwendet. Die Bäume waren nicht sehr gross und zum Abschneiden der Äste lernten wir die schwedische Methode; die anderen Methoden, welche heute eingesetzt werden, waren noch nicht bekannt (Abbildung 3).

Am Ende dieses Kurses fragten mich Herr Diener, der Direktor der Schweizerischen Forstwirtschaftlichen Zentralstelle in Solothurn (FZ), und Herr Rigling, mein Ausbildner, ob ich bereit sei, eine Aufnahmeprüfung für den Beruf des Holzfällerlehrers abzulegen. Ohne allzu lange darüber nachzudenken, lautete meine Antwort Ja. So kam es, dass ich im Sommer 1966 die Prüfung als Ausbildner in den Solothurner Wäldern erfolgreich absolvierte.

 

Meine Karriere im Wald

Am Ende meiner Ausbildung arbeitete ich 43 Jahre lang als Förster in der Gemeinde Poschiavo.

Neben dieser beruflichen Tätigkeit widmete ich mein Leben der Ausbildung von Lernenden: Während 50 Jahren war ich Ausbildner und Kursleiter für die Holzerntekurse beim Verband WaldSchweiz und war so im Kanton Graubünden, im Tessin und auch in Italien tätig. Zusätzlich habe ich im Puschlav 19 Jahre lang die Motorsägenkurse geleitet und für die Suva im Bereich Arbeitssicherheit gearbeitet. Auch in meiner Freizeit war ich für den Wald tätig; während 9 Jahren war ich Kassier im Verein Revierförster Verband Graubünden.

 

Schlussüberlegungen

In den 70er- und 80er-Jahren hatten die Lernenden, die aus der Landwirtschaftsklasse kamen, im Vergleich zu denen, die aus der Stadt kamen, gute handwerkliche Fähigkeiten. Trotzdem kam es häufig bei Holzschneidekursen mit der Kettensäge zu Beinverletzungen. Mit der Einführung von schnittfesten Hosen sowie von geräuschdämpfenden Kopfhörern, Helm mit Visier, Handschuhen und dem Handbuch für «Holzernte» nahm die Sicherheit zu und die Unfälle gingen zurück.

Seit Beginn meiner forstwirtschaftlichen Ausbildung hat sich die Forstarbeit in einem beeindruckenden Tempo entwickelt. Die Angestellten der Forstbetriebe wurden aufgefordert, sich in neuen Einschlagtechniken, in der Rationalisierung der Arbeit und der Anwendung von Sicherheitsmassnahmen zu schulen. Der Kanton Graubünden, der Verband WaldSchweiz sowie die Suva standen seit jeher an vorderster Front der forstlichen Ausbildung.

Im Dezember 1966 habe ich den «Bündner Wald» abonniert, der mich stets mit Wissen und neuen Ideen bereichert hat. Auch die Zeitschrift «Wald und Holz» von WaldSchweiz half mir bei meiner Ausbildung.

Ich habe es immer genossen, mit jungen Leuten zu arbeiten und einem Schüler zu helfen, der körperlich wie ein Erwachsener aussah, aber intellektuell noch ein Teenager war. Bei jeder Arbeit versuchte ich immer, dem Lernenden zuerst das Positive und dann das Negative zu erklären. Es war für mich eine Freude, mein Wissen zu vermitteln und nach den Instruktionen zu beobachten, wie der Lernende mit viel Übung die Arbeiten besser ausführen konnte als ich selber.

Ich lebte ein Leben für den Wald, hörte seine Musik und sein Wort, schätzte seine altruistische Lebensweise und tröstete den von mir bestimmten Baum, der dann vom Forstwart gefällt wurde.

Wenn ich wiedergeboren würde, ich würde nochmals den gleichen Weg einschlagen!

 

Danke

Ich danke dem ehemaligen Regional Forstinge­nieur (RFI) von Poschiavo Alfonso Colombo, dem aktuellen Regionalforstingenieur Gilbert Berchier und dem Amt für Wald und Naturgefahren für die gute Zusammenarbeit im Wald, für die Forstwartausbildung und für die Arbeitssicherheit in unserer gefährlichen Branche.

Ich bedanke mich bei allen Leuten, die bei meiner Ausbildungskarriere mitgewirkt haben. Und ich bedanke mich ganz herzlich bei meiner lieben Frau Maria, die mich immer unterstützt hat.

Forstwartausbildung Graubünden

Den meisten Lesern wird bekannt sein, dass die Ausbildung zum Forstwart drei Jahre dauert und mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) abgeschlossen wird. Daneben gibt es auch die Ausbildung zum Forstpraktiker mit eidgenössischem Berufsattest (EBA), welche nur zwei Jahre dauert und seit 2013 die Anlehre ersetzt. Im Folgenden soll aber vor allem die Ausbildung zum Forstwart EFZ beleuchtet werden und wie diese im Kanton Graubünden abläuft. Autor: Dominic Schilling

Forstwartausbildung Graubünden

Im Kanton Graubünden verfügen 58 Forstbetriebe über eine Bildungsbewilligung, davon sind fünf private Forstunternehmer und alle übrigen Gemeindeforstbetriebe. Die interessierten Oberstufenschüler schnuppern die erste Forstluft in einer Schnupperlehre, welche in den meisten Betrieben konsequent verlangt wird. Dies dient zum einen dem Betrieb, eine Selektion der Kandidaten vorzunehmen, zum anderen soll es den Jugendlichen den Forstalltag näherbringen und die richtige ­Berufswahl sicherstellen. Nach der Unterzeichnung der Lehrverträge, welche durch die gesetzlichen Vertreter der meist minderjährigen Jugendlichen erfolgt, werden diese durch das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) sowie das Amt für Berufsbildung (AfB) genehmigt. Dadurch werden verschiedene Mechanismen in Gang gesetzt damit eine reibungslose Ausbildung stattfinden kann.

Das AfB beauftragt die gewerblichen Berufsschulen Chur und Samedan mit dem Unterricht in Berufskunde und der Allgemeinbildung. Dabei sind die Berufsschulen autonom und müssen sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen der Berufsbildung richten.

Ebenfalls beauftragt das AfB das AWN mit der Durchführung der überbetrieblichen Kurse (üK) für die neuen Lernenden. Hierzu werden die Lernenden in einer Datenbank erfasst und es wird bereits festgelegt, wann welcher üK stattfinden wird. Bei dieser Planung werden neben den gesetzlichen Vorgaben vor allem die Schulferien berücksichtigt, da die üK-Planung den Unterricht an den Berufsschulen nicht tangieren darf. Die Ausbildung zum Forstwart setzt den Besuch von 47 bis maximal 52 üK-Tagen voraus, die Kantone können hier Schwerpunkte setzen. In Tabelle 1 ist ersichtlich, dass im Kanton Graubünden die gemäss Bildungsplan vorgeschriebenen üK mit 49 Tagen umgesetzt werden.

Neben den ordentlichen üK absolvieren die Lernenden jeweils auch noch ein zweiwöchiges Forstgartenpraktikum im kantonalen Forstgarten in Rodels. Dieses Praktikum dient dem Verständnis der im Forstgarten anfallenden Arbeiten und natürlich auch der Bildung des ökologischen Verständnisses sowie der Pflanzenkenntnisse. Seit der Einführung der obligatorischen Ausbildung im Besteigen von Bäumen wird fakultativ ein eintägiger Baumkletterkurs angeboten, welcher während des Forstgartenpraktikums stattfindet. Ebenfalls wird den Lernenden ein viertägiger Rückekurs angeboten, womit die Fähigkeiten im Bodenzug geschult werden können, falls diese nicht bereits im Betrieb vermittelt wurden.

Im ersten Lehrjahr werden den Jugendlichen in ­der Berufsschule und im üK die Grundlagen vermit­-telt. Dabei setzt die Teilnahme an den üK gewisse ­theoretische Grundlagen voraus, zum Beispiel Grundkenntnisse über Baum- und Straucharten sowie über Waldbau in der Jungwaldpflege. Um dies ­sicherzustellen, wird der Lernstoff der Berufsfachschulen auf die üK abgestimmt, um den Lernenden auch praktisch den besten Lernerfolgzu ermöglichen. Das Gleiche gilt für das Vertiefen nach dem üK; hier sind vor allem die Ausbildungsbetriebe gefordert, das Erlernte zu repetieren. Da die praktischen Fähigkeiten in den üK in sehr kurzer Zeit vermittelt werden müssen, fällt der Repetition im eigenen Betrieb eine sehr hohe Bedeutung zu, um den Erfolg der Ausbildung sicherzustellen.

Von den drei im ersten Lehrjahr stattfindenden Kursen, werden die Kurse A und F von Wald Schweiz organisiert und sind in der ganzen Schweiz identisch.

Der A-Kurs thematisiert die Grundlagen der Holzhauerei und führt die Lernenden schrittweise in die Handhabung ihres wichtigsten Arbeitsgeräts, der Motorsäge, ein. Am Schluss des Kurses sollte jeder Lernende in der Lage sein, einen Baum richtig als Normalfall zu beurteilen und entsprechend zu fällen. 2020 finden die A-Kurse Anfang Oktober in Flims und Ende Oktober in Scuol statt.

Im F-Kurs werden die Grundlagen der Nothilfe vermittelt und es wird spezifisch auf Unfälle im Wald oder im Betrieb eingegangen. Das Ganze wird mittels Fallbeispielen geübt und vertieft. Als zusätzlicher positiver Effekt erhalten die Lernenden direkt einen Nothilfeausweis, welchen sie für die Führerprüfung verwenden können. Die F-Kurse finden Anfang Jahr jeweils in Chur und Samedan statt.

Für die Jungwaldpflege ist das AWN der Kursorganisator und kann auf ein Team von Instruktoren aus dem Kanton zurückgreifen.

 

Waldpflege und Ökologie

Das Team der Pflegekurse setzt sich aus drei Instruk­toren zusammen, dies sind Jürg Hassler (AWN), Adrian Schorta (Valsot), Lorenz Mutzner (Falknis). Geleitet wird der Kurs von Flurin Guidon (AWN), wobei er je nach Grösse des Kurses auch Instruktionstätigkeiten übernehmen kann. Die meisten Kursobjekte sind bereits ein Jahr vor Kursbeginn definiert und werden einige Monate bis ein halbes Jahr vor dem Kurs rekognosziert. Zur Vorbereitung und Rekognoszierung gehören auch das Festlegen einer passenden Unterkunft sowie eines Verpflegungszentrums. Da die Kurs­objekte oft über verschiedene Gemeinden verteilt sind, wird versucht, diesen Ort so zentral wie möglich zu wählen.

Der Kursrahmen ist für die ganze Schweiz gleich. Die Kantone können Schwerpunkte bilden und im Rahmen der Vorgaben die Kursdauer definieren. Im Kanton Graubünden werden fünftägige Pflegekurse sowie zweitägige Ökologiekurse im Herbst oder Frühling durchgeführt. Die Lernenden können also im ersten oder auch erst Anfang des zweiten Lehrjahrs diese Kurse absolvieren.

Im zweiten Lehrjahr geht es bereits im Herbst mit dem B-Kurs weiter, damit wird die überbetriebliche Ausbildung in der Holzerei abgeschlossen und das Gelernte kann bis zum praktischen Qualifikationsverfahren (QV) trainiert werden. Auch dieser Kurs wird von WaldSchweiz angeboten. Er baut auf dem Wissen des A-Kurses auf und führt die Lernenden in die Spezialfälle und die entsprechenden Fällmethoden ein. 2020 finden die B-Kurse Anfang September in Casaccia und Ende September in Arosa statt.

 

Baukurs

Für den Baukurs Ende des zweiten Lehrjahrs ist wiederum das AWN der Kursorganisator und kann hierfür auf ein spezialisiertes Instruktorenteam zurückgreifen (Tabelle 2).

Der Baukurs wird doppelt geführt, dauert vier Wochen und findet jeweils im Juli während der Schulferien statt. Die Lernenden arbeiten in Kleingruppen und wechseln alle paar Tage die Baustelle, um einen Überblick über alle Baustellen und die jeweilige Tätigkeit zu erhalten. Die Instruktoren sind entsprechend ihrem Spezialgebiet für eine oder mehrere Baustellen verantwortlich. Diese planen sie anhand einer Rekognoszierung und der genauen Bestellung der Standortgemeinde. Die Kursleitung versucht zusammen mit der Standortgemeinde einen möglichst vielfältigen Kurs zusammenzustellen. Dabei soll mit den verschiedensten Materialien wie Stahl, Beton, Stein und natürlich Holz gearbeitet werden können.

Der üK C Seilkran findet im fünften Semester statt und ist der letzte Kurs vor dem QV. Anders als alle übrigen Kurse wird dieser durch das Bildungszen­trum Wald in Maienfeld durchgeführt. Der Kursanbieter verfügt über qualifizierte Instruktoren, die notwendige Gerätschaften und führt den üK C in mehreren Kantonen durch. Der Kurs soll den Lernenden in zehn Tagen die Grundkenntnisse im Auf- und Abbau von Seilkrananlagen und des jeweiligen Einsatzes vermitteln. Die Holzschläge mit dem bereits gerüsteten Holz werden durch die Standortgemeinden zur Verfügung gestellt, damit sich die Lernenden nur auf die Bringung konzentrieren können. 2020 finden die C-Kurse Mitte Oktober und Anfang November im Rheintal statt.

Im letzten Semester dürfen keine üK mehr stattfinden, die Lernenden sind ja bereits ab dem März mit dem Qualifikationsverfahren (QV) beschäftigt. Darüber wird aber in einem anderen Kapitel ausführlich berichtet.

 

Dominic Schilling, Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN)

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