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Forstwartausbildung Graubünden

Den meisten Lesern wird bekannt sein, dass die Ausbildung zum Forstwart drei Jahre dauert und mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) abgeschlossen wird. Daneben gibt es auch die Ausbildung zum Forstpraktiker mit eidgenössischem Berufsattest (EBA), welche nur zwei Jahre dauert und seit 2013 die Anlehre ersetzt. Im Folgenden soll aber vor allem die Ausbildung zum Forstwart EFZ beleuchtet werden und wie diese im Kanton Graubünden abläuft. Autor: Dominic Schilling

Forstwartausbildung Graubünden

Im Kanton Graubünden verfügen 58 Forstbetriebe über eine Bildungsbewilligung, davon sind fünf private Forstunternehmer und alle übrigen Gemeindeforstbetriebe. Die interessierten Oberstufenschüler schnuppern die erste Forstluft in einer Schnupperlehre, welche in den meisten Betrieben konsequent verlangt wird. Dies dient zum einen dem Betrieb, eine Selektion der Kandidaten vorzunehmen, zum anderen soll es den Jugendlichen den Forstalltag näherbringen und die richtige ­Berufswahl sicherstellen. Nach der Unterzeichnung der Lehrverträge, welche durch die gesetzlichen Vertreter der meist minderjährigen Jugendlichen erfolgt, werden diese durch das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) sowie das Amt für Berufsbildung (AfB) genehmigt. Dadurch werden verschiedene Mechanismen in Gang gesetzt damit eine reibungslose Ausbildung stattfinden kann.

Das AfB beauftragt die gewerblichen Berufsschulen Chur und Samedan mit dem Unterricht in Berufskunde und der Allgemeinbildung. Dabei sind die Berufsschulen autonom und müssen sich nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen der Berufsbildung richten.

Ebenfalls beauftragt das AfB das AWN mit der Durchführung der überbetrieblichen Kurse (üK) für die neuen Lernenden. Hierzu werden die Lernenden in einer Datenbank erfasst und es wird bereits festgelegt, wann welcher üK stattfinden wird. Bei dieser Planung werden neben den gesetzlichen Vorgaben vor allem die Schulferien berücksichtigt, da die üK-Planung den Unterricht an den Berufsschulen nicht tangieren darf. Die Ausbildung zum Forstwart setzt den Besuch von 47 bis maximal 52 üK-Tagen voraus, die Kantone können hier Schwerpunkte setzen. In Tabelle 1 ist ersichtlich, dass im Kanton Graubünden die gemäss Bildungsplan vorgeschriebenen üK mit 49 Tagen umgesetzt werden.

Neben den ordentlichen üK absolvieren die Lernenden jeweils auch noch ein zweiwöchiges Forstgartenpraktikum im kantonalen Forstgarten in Rodels. Dieses Praktikum dient dem Verständnis der im Forstgarten anfallenden Arbeiten und natürlich auch der Bildung des ökologischen Verständnisses sowie der Pflanzenkenntnisse. Seit der Einführung der obligatorischen Ausbildung im Besteigen von Bäumen wird fakultativ ein eintägiger Baumkletterkurs angeboten, welcher während des Forstgartenpraktikums stattfindet. Ebenfalls wird den Lernenden ein viertägiger Rückekurs angeboten, womit die Fähigkeiten im Bodenzug geschult werden können, falls diese nicht bereits im Betrieb vermittelt wurden.

Im ersten Lehrjahr werden den Jugendlichen in ­der Berufsschule und im üK die Grundlagen vermit­-telt. Dabei setzt die Teilnahme an den üK gewisse ­theoretische Grundlagen voraus, zum Beispiel Grundkenntnisse über Baum- und Straucharten sowie über Waldbau in der Jungwaldpflege. Um dies ­sicherzustellen, wird der Lernstoff der Berufsfachschulen auf die üK abgestimmt, um den Lernenden auch praktisch den besten Lernerfolgzu ermöglichen. Das Gleiche gilt für das Vertiefen nach dem üK; hier sind vor allem die Ausbildungsbetriebe gefordert, das Erlernte zu repetieren. Da die praktischen Fähigkeiten in den üK in sehr kurzer Zeit vermittelt werden müssen, fällt der Repetition im eigenen Betrieb eine sehr hohe Bedeutung zu, um den Erfolg der Ausbildung sicherzustellen.

Von den drei im ersten Lehrjahr stattfindenden Kursen, werden die Kurse A und F von Wald Schweiz organisiert und sind in der ganzen Schweiz identisch.

Der A-Kurs thematisiert die Grundlagen der Holzhauerei und führt die Lernenden schrittweise in die Handhabung ihres wichtigsten Arbeitsgeräts, der Motorsäge, ein. Am Schluss des Kurses sollte jeder Lernende in der Lage sein, einen Baum richtig als Normalfall zu beurteilen und entsprechend zu fällen. 2020 finden die A-Kurse Anfang Oktober in Flims und Ende Oktober in Scuol statt.

Im F-Kurs werden die Grundlagen der Nothilfe vermittelt und es wird spezifisch auf Unfälle im Wald oder im Betrieb eingegangen. Das Ganze wird mittels Fallbeispielen geübt und vertieft. Als zusätzlicher positiver Effekt erhalten die Lernenden direkt einen Nothilfeausweis, welchen sie für die Führerprüfung verwenden können. Die F-Kurse finden Anfang Jahr jeweils in Chur und Samedan statt.

Für die Jungwaldpflege ist das AWN der Kursorganisator und kann auf ein Team von Instruktoren aus dem Kanton zurückgreifen.

 

Waldpflege und Ökologie

Das Team der Pflegekurse setzt sich aus drei Instruk­toren zusammen, dies sind Jürg Hassler (AWN), Adrian Schorta (Valsot), Lorenz Mutzner (Falknis). Geleitet wird der Kurs von Flurin Guidon (AWN), wobei er je nach Grösse des Kurses auch Instruktionstätigkeiten übernehmen kann. Die meisten Kursobjekte sind bereits ein Jahr vor Kursbeginn definiert und werden einige Monate bis ein halbes Jahr vor dem Kurs rekognosziert. Zur Vorbereitung und Rekognoszierung gehören auch das Festlegen einer passenden Unterkunft sowie eines Verpflegungszentrums. Da die Kurs­objekte oft über verschiedene Gemeinden verteilt sind, wird versucht, diesen Ort so zentral wie möglich zu wählen.

Der Kursrahmen ist für die ganze Schweiz gleich. Die Kantone können Schwerpunkte bilden und im Rahmen der Vorgaben die Kursdauer definieren. Im Kanton Graubünden werden fünftägige Pflegekurse sowie zweitägige Ökologiekurse im Herbst oder Frühling durchgeführt. Die Lernenden können also im ersten oder auch erst Anfang des zweiten Lehrjahrs diese Kurse absolvieren.

Im zweiten Lehrjahr geht es bereits im Herbst mit dem B-Kurs weiter, damit wird die überbetriebliche Ausbildung in der Holzerei abgeschlossen und das Gelernte kann bis zum praktischen Qualifikationsverfahren (QV) trainiert werden. Auch dieser Kurs wird von WaldSchweiz angeboten. Er baut auf dem Wissen des A-Kurses auf und führt die Lernenden in die Spezialfälle und die entsprechenden Fällmethoden ein. 2020 finden die B-Kurse Anfang September in Casaccia und Ende September in Arosa statt.

 

Baukurs

Für den Baukurs Ende des zweiten Lehrjahrs ist wiederum das AWN der Kursorganisator und kann hierfür auf ein spezialisiertes Instruktorenteam zurückgreifen (Tabelle 2).

Der Baukurs wird doppelt geführt, dauert vier Wochen und findet jeweils im Juli während der Schulferien statt. Die Lernenden arbeiten in Kleingruppen und wechseln alle paar Tage die Baustelle, um einen Überblick über alle Baustellen und die jeweilige Tätigkeit zu erhalten. Die Instruktoren sind entsprechend ihrem Spezialgebiet für eine oder mehrere Baustellen verantwortlich. Diese planen sie anhand einer Rekognoszierung und der genauen Bestellung der Standortgemeinde. Die Kursleitung versucht zusammen mit der Standortgemeinde einen möglichst vielfältigen Kurs zusammenzustellen. Dabei soll mit den verschiedensten Materialien wie Stahl, Beton, Stein und natürlich Holz gearbeitet werden können.

Der üK C Seilkran findet im fünften Semester statt und ist der letzte Kurs vor dem QV. Anders als alle übrigen Kurse wird dieser durch das Bildungszen­trum Wald in Maienfeld durchgeführt. Der Kursanbieter verfügt über qualifizierte Instruktoren, die notwendige Gerätschaften und führt den üK C in mehreren Kantonen durch. Der Kurs soll den Lernenden in zehn Tagen die Grundkenntnisse im Auf- und Abbau von Seilkrananlagen und des jeweiligen Einsatzes vermitteln. Die Holzschläge mit dem bereits gerüsteten Holz werden durch die Standortgemeinden zur Verfügung gestellt, damit sich die Lernenden nur auf die Bringung konzentrieren können. 2020 finden die C-Kurse Mitte Oktober und Anfang November im Rheintal statt.

Im letzten Semester dürfen keine üK mehr stattfinden, die Lernenden sind ja bereits ab dem März mit dem Qualifikationsverfahren (QV) beschäftigt. Darüber wird aber in einem anderen Kapitel ausführlich berichtet.

 

Dominic Schilling, Produktverantwortlicher Forstbetriebe und Schulung (AWN)