Interview mit Martin Jäger
Steckbrief
Name: Martin Jäger
Jahrgang: 1962
Wohnort: Peist
Familie: Verheiratet, 3 Kinder
Interessen: Jagd, Schweisshundeführer, Wald und Holz
Arbeitgeber: Gemeinde Arosa
Werdegang:
– 1981 Militär
– 1982 im Winter im Wald gearbeitet
– anschliessend fast 20 Jahre als Schreiner tätig in Arosa
– danach als Forstwart und bis heute im Forst Arosa als Vorarbeiter tätig

Martin Jäger. (Bilder: zVg)
Forstwart, ein Beruf in der Natur hört sich recht idyllisch an?
Es ist schön, wenn das Wetter schön ist. Man ist der Natur sehr nahe und sieht eins zu eins den Wandel der Zeit, auch wenn er langsam vorangeht.
Was war deine Motivation für einen Beruf im Wald?
Weniger Zeitdruck im Vergleich zur Bauwirtschaft. Aber auch die Kollegschaft unter den Mitarbeitenden, der respektvolle und angenehme Umgang unter den Arbeitskollegen in der Forstbranche. Auch die Arbeitskultur, welche von Generation zu Generation im Wald weitergegeben wird, gefällt mir und ich kann mich mit dieser identifizieren.
Mit welchen Erwartungen an den Forstwartberuf bist du gestartet? Wurden diese Erwartungen erfüllt?
Der Vater arbeitete neben der Landwirtschaft in den Wintermonaten im Wald. Auch war mein Onkel als Förster tätig. Mein erster Kontakt zur Waldarbeit war im Winter 1982. Der ganze Winter lang wurde das geschlagene Holz, hauptsächlich Fichten und Weisstannen, von Hand mit der Axt und dem Schelleisen entrindet. Dies war eine strenge, aber auch eine schöne Zeit. Ich startete die Holzkette zuerst bei der Verarbeitung als Schreiner und anschliessend erntete ich das Urprodukt im Wald als Forstwart. Da ich schon immer eher handwerklich veranlagt war und bin (also kein Büromensch), bin ich mit zuversichtlichen Erwartungen gestartet.
Welche Gründe bewegen dich, so lange als Forstwart tätig zu sein?
Der Hauptgrund ist sicherlich der, in der Holzkette tätigt zu sein und auch dies weiterhin zu bleiben. Der Winter 1982 hinterliess bei mir eindrückliche Erlebnisse. Strenge körperliche Arbeit, aber am Abend war man müde und zufrieden. Dies gilt auch heute noch. Zudem verlangt der Beruf Forstwart viel Selbstständigkeit und Verantwortung.
Wie stellst du dir deine Zukunft als Forstwart vor, wo liegen die grössten Herausforderungen?
Es ist mir wichtig, dass ich bis zur verdienten Pension gesund und glücklich bleibe. Auch als Team zusammenbleiben und dabei meine Lebens- sowie Berufserfahrung mit den anderen Kollegen teilen können. Einfach durchziehen bis am Schluss.
Wie könnten diese Herausforderungen bewältigt werden?
Der Körper ist das Grundkapital und man muss auch erkennen, wann genug ist. Die Arbeit im Wald ist dem Leistunssport gleichzustellen. Man muss auf sich Acht geben und sollte im Allgemeinen gesund leben. Ein altes Sprichwort im Wald heisst, «Speck musst du essen, das gibt Kraft!» dies nehme ich mir immer noch zu Herzen und es funktioniert sehr gut.
Welche Veränderungen kannst du seit deiner Anfangszeit im Bündner Wald als Forstwart in der Branche / Betrieb wahrnehmen?
Viele Arbeiten müssen viel kurzfristiger und schneller erledigt werden und dadurch kann es auch hektischer werden. Die Mechanisierung und die Digitalisierung haben die Arbeit im Wald viel sicherer und effizienter gemacht. In meiner Berufszeit erlebte ich aber auch immer wieder neue waldbauliche Ideen. Leider hat das Holz an finanziellem Wert, aber auch eine Zeit lang an emotionalem Wert in der Bevölkerung verloren. Dies ist nun mit der nachhaltigen Überlegung von Bauen und Heizen mit einheimischem Holz und dem Label Schweizer Holz, zum Glück wieder im positiven Wandel.

Martin Jäger bei einer gefällten Fichte.
Stehst du den Veränderungen eher positiv oder eher negativ gegenüber?
Wie unter bereits erwähnt, ich stehe der Mechanisierung in Bezug auf die Arbeitssicherheit sehr positiv gegenüber. Eher negativ sehe ich den Leistungsdruck, welcher in der Waldbranche auch vermehrt aufkommt. Man muss wieder lernen, dem Wald und den waldbaulichen Massnahmen Zeit zu geben, um zu erkennen, welche Massnahmen nützen und Früchte tragen. Im Hinblick auf die Klimaveränderung ist mir aufgefallen, dass ein vermehrtes Aufkommen von Laubholz auch in höheren Lagen stattfindet, dies finde ich positiv. Leider aber auch im negativen Sinne schreitet die Verbreitung der Neophyten auch im Schanfigg voran.
Was könnte man aus deiner Sicht am Arbeitsplatz, Arbeitsumfeld, resp. den Arbeitsbedingungen verändern, sodass mehr Leute motiviert sind im Wald zu arbeiten?
Einen Gesamtarbeitsvertrag mit besseren Sozialleistungen und besseren Löhnen für die Frostbranche ist dringend nötig. Auch müssen die Arbeitgeber wie z. B. die Gemeinden, eine gute Arbeitsabwechslung anbieten und moderne Anstellungsbedingungen ermöglichen. Ich würde es auch begrüssen, wenn die Forstbranche bessere Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten würde.
Was meinst du zum Thema Fachkräftemangel in der Forstbranche?
Seit dem Schengen Abkommen im EU-Raum leidet die Arbeitsqualität in der Waldbranche. So werden in der Schweiz auch Waldarbeiter mit Tiefstlöhnen beschäftigt, welche die Qualitäts- sowie Arbeitssicherheitsstandards nicht immer erfüllen. Auch muss die Branche jetzt reagieren, solange wir noch Lehrlinge im Wald haben. Doch diese im Beruf behalten zu können ist ein wahre Herausforderung.
Wie wird der Forstwartberuf in zehn Jahren aussehen?
Vielleicht läuft alles gleich weiter und man kann auch mal optimistisch sein. Wald und Holz wird immer gefragter und der Beruf im Gebirgswald wird auch noch mehr an Bedeutung gewinnen. Auch das Holz wird wieder an Mehrwert gewinnen, wenn wir auf Regionalität und Nachhaltigkeit setzen. So können wir die gesamte Wertschöpfung im Kanton fördern und die Holzkette und ihre Berufe wird immer stärker.
Wie könnte man junge Leute motivieren, auf dem gelernten Beruf zu bleiben?
Attraktive Arbeitsanstellungen, angemessene und angepasste Entlöhnung und gute Sozialleistungen anbieten. Weiterbildungsmöglichkeiten fördern und auch ermöglichen. Die Freunde und der Mehrwert am Handwerk mitgeben und damit auch die Schönheit am Beruf bewerben.

Martin Jäger bei der Arbeit.
Was möchtest du jungen Forstwart/innen mit auf ihren beruflichen Lebensweg mitgeben?
Sie sollen Freude an der körperlichen und harten Arbeit haben sowie einen engen Bezug zur Natur mitbringen. Man kann so einen Teil von etwas sehr Langfristigem im Waldbau sein.
Spürt man bei der Tätigkeit als Forstwart/in die Auswirkungen des schwankenden Holzpreises?
Indirekt, es gab in den letzten Jahren eine gewisse Zeit, wo gesundes Holz im Wald gefällt, gerüstet, entrindet und anschliessend liegengelassen wurde. Dies machte mir als «Hölziger» im Herzen schon weh und dass dies auch noch vom Kanton mit Subventionen gefördert wird, ist nicht immer ganz verständlich.
Was war dein schönstes Erlebnis als Forstwart?
Das sich die vier Waldeigentümer-Gemeinden im Schanfigg gefunden haben und den Werkhof Val Mischein gebaut haben. Auch eine der schöneren Erinnerungen ist, dass ich immer ein gutes Arbeitsteam haben durfte.Und auch, dass ich meine Erfahrung und Freude am Beruf den jungen Forstwarten/innen mitgeben konnte.
Interview mit Armin Beeli
Steckbrief
Name: Armin Beeli
Jahrgang: 1991
Wohnort: Fidaz (Gemeinde Flims)
Interessen: Sport jeglicher Art, Gleit-
schirm fliegen, Ski fahren bzw. Ski-
touren, Langlauf, Biken etc. Allgemein ein Bewegungsmensch, der immer wieder nach neuen Herausforderungen sucht.
Arbeitgeber: Solèr Holz AG
Werdegang:
– 2007–2010 Forstwartlehre beim damaligen Forstbetrieb der Gemeinden Ladir, Schluein und Falera
– seit 2010 bei Solèr Holz
– 2015 Ausbildung Seilkraneinsatzleiter
– seit 2017 Seilkraneinsatzleiter bei Solèr Holz

Armin Beeli bei der Arbeit.
Forstwart, ein Beruf in der Natur, hört sich recht idyllisch an?
Das bekommt man oft zu hören: «Du hast einen schönen Arbeitsplatz mitten im Grünen.» Dabei wird oft vergessen, dass oftmals der Lärm von Maschinen zu hören ist oder dass man bei jedem Wetter draussen ist, egal ob strömendem Regen oder brütender Hitze (lacht). Doch natürlich gibt es auch schöne Momente, wenn man an idyllische Orte kommt, in den Pausen das Vogelgezwitscher hört oder frühmorgens dem Sonnenaufgang entgegenfährt.
Was war deine Motivation bei der Berufswahl, eine Forstwartlehre zu absolvieren?
Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen und war deshalb schon mit dem Umgang mit Maschinen vertraut. In meinem Umfeld kannte ich bereits einige Leute, die in der Forstbranche tätig waren, und es war auch der einzige Beruf, wo ich schnuppern ging.
Mit welchen Erwartungen an den Forstwartberuf hast du deine Lehre angetreten? Gingen diese Erwartungen in Erfüllung?
Beim Eintritt in die Lehre hatte ich keine grossen Erwartungen. Das Team sollte mich so akzeptieren, wie ich war und ich hoffte auf eine spannende und lehrreiche Zeit. Ich fuhr damals Mountainbike-Rennen und so hoffte ich auch auf ein Entgegenkommen seitens Betrieb. Dieses erhielt ich dann auch, indem ich manchmal an einem Freitag frei nehmen durfte.
Welche Gründe bewegen dich, in dieser Branche tätig zu sein?
Die Lehre bei einem Gemeindebetrieb zu absolvieren, war für mich spannend und lehrreich. Dennoch wuchs meine Neugierde bei einem Unternehmer zu arbeiten. Vor allem die Faszination für Maschinen motivierte mich zu Solèr Holz zu gehen. Damals galten die Südtiroler als Seilbahnspezialisten. Ihnen konnte ich oft über die Schultern schauen und so viel lernen, was mir heute als Seilkraneinsatzleiter zugutekommt. Dieser Austausch unter den Mitarbeitern ist sehr wertvoll. Als Seilkraneinsatzleiter kommt man oft an Orte, wo vorher gefühlt noch nie jemand war. So hat man das Privileg, Flächen zu bewirtschaften, die noch nie gepflegt wurden. Das macht die Arbeit vielseitig und interessant. Ein weiterer Grund, weshalb ich so lange in dieser Branche bin, ist die Flexibilität, die mir mein Arbeitgeber bietet. Ich nehme mir jeweils für drei Monate eine Auszeit und arbeite den Rest vom Jahr im Stundenlohn. So kann ich meiner Leidenschaft, dem Wintersport, nachgehen. Diese Freiheiten geniesse und schätze ich sehr. Zudem ist für mich das Team matchentscheidend. Auch Arbeiten, die keinen grossen Spass machen, gehen dann viel leichter von der Hand.
Wie stellst du dir deine Zukunft vor, wo liegen die grössten Herausforderungen?
Sicherlich liegt die grösste Herausforderung darin, unfallfrei zu bleiben. Auch, dass durch die neuen Technologien, die Motivation für das Handwerk nicht verloren geht. Gerade im Schutzwald ist man oft auf gute Maschinen angewiesen, welche einem die Arbeiten erleichtern. Weiter ist es mir sehr wichtig, körperlich fit zu bleiben.

Seilkran-Holzerei auf dem Kunkelspass.
Wie könnten diese Herausforderungen bewältigt werden?
Bei so vielen Maschinen und Mitarbeitern vor Ort sollte man im Zweifelsfall kein Risiko eingehen und nach anderen Lösungen suchen. So ist es für mich wichtig z. B. bei einem Risikobaum, auch einmal «NEIN» sagen zu können und diesen nicht zu fällen. Dafür benötigt es aber auch die Einsicht des Försters; diese ist zum Glück meistens vorhanden. Es ist wichtig, seine Grenzen zu kennen, um Gefahren richtig einschätzen zu können.
Welche Veränderungen kannst du seit deiner Ausbildung zum Forstwart in der Branche bzw. im Betrieb wahrnehmen?
Ein grosser Fortschritt hat bei der Ausrüstung, bei der Bekleidung sowie auch bei den Arbeitsgeräten selbst stattgefunden. Zu Beginn der Lehrzeit hat man die Schnittschutzhose gehasst, sie waren schlecht geschnitten, steif und viel zu warm. Heute kommt es quasi einer normalen Arbeitshose gleich. Auch das Funkgerät wird immer kleiner und handlicher. Und auch die Entwicklung bei der Kettensäge ging rasant voran. Geändert hat sich auch, dass sich die heutigen Lernenden nicht scheuen auch einmal «NEIN» zu sagen. Früher hätte man sich dies nicht getraut. Ich finde dies aber eine positive Entwicklung. Aus betrieblicher Sicht wurden die heutigen Arbeitsabläufe durch die Digitalisierung stark optimiert, so hat man z. B. dank der digitalen Kluppe im Nu das Erntemass. Spannend ist auch, dass dank der stetig steigenden Nachfrage nach Energieholz das mühsame Entasten wegfällt. Zur Erleichterung eines Forstwartes.
Stehst du den Veränderungen eher positiv oder eher negativ gegenüber?
Ich stehe den Entwicklungen und den Veränderungen positiv gegenüber. Vor allem durch die Mechanisierung und Digitalisierung konnten viele Arbeitsschritte vereinfacht werden. So fliegt man heute manchmal per Heli zu abgelegenen Arbeitsstellen und muss nicht noch erst zwei Stunden Fussmarsch auf sich nehmen und dann erschöpft an die Arbeit gehen. Auch der Quad erleichtert einem oftmals die Arbeitswege. Man ist nicht nur schneller bei der Arbeitsstelle, sondern auch noch mit mehr Energie.
Was könnte man aus deiner Sicht am Arbeitsplatz, Arbeitsumfeld, resp. den Arbeitsbedingungen verändern, sodass es mehr Leute motiviert, im Wald zu arbeiten?
Ich kann mich glücklich schätzen, dass mein Arbeitgeber viel Verständnis für meine Leidenschaft aufbringt. So kann ich im Sommer viele Stunden arbeiten und diese so zusagen im Winter kompensieren. Ich finde es wichtig, dass die Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine gewisse Flexibilität bieten können. Zudem ist es wichtig, dass ein Lehrbetrieb auch auf die Bedürfnisse junger Leute eingeht und nicht an alten Strukturen festhält.
Was meinst du zum Thema Fachkräftemangel in der Forstbranche?
Bei Solèr Holz konnte ich mitverfolgen, wie anfangs noch viele Südtiroler im Betrieb waren. Heute sind es viel weniger. Auch im Südtirol gibt es einen Wandel, denn die Jungen sind nicht mehr motiviert, in die Schweiz zu kommen und unter der Woche weg von zu Hause zu sein. Ich arbeite bereits seit 14 Jahren bei Solèr und spüre wenig von einem Abgang in der Forstbranche. Wir haben viele Mitarbeiter, die bereits über längere Zeit bei uns arbeiten. Vielleicht auch wegen dem Stundenlohn, welcher eine gewisse Flexibilität zulässt.
Wie wird der Forstwartberuf in zehn Jahren aussehen?
Höchstwahrscheinlich steigt die Tendenz, dass sich immer weniger Leute sozusagen «die Hände schmutzig machen» wollen und deshalb einen Bürojob bevorzugen. Aus meiner Sicht wird es für Forstwarte weiterhin viel zu tun geben und die Wertschätzung wird daher, hoffe ich, eher zunehmen.
Wie könnte man junge Leute motivieren, auf dem gelernten Beruf zu bleiben?
In unserer Branche gibt es viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden, auch innerhalb eines Betriebs. Bei uns ist es oft auch möglich, dass man diejenigen Arbeiten, die man gern macht, öfter machen kann. Dies motiviert, in diesem Beruf zu bleiben.
Was möchtest du einem jungen Forstwart mit auf seinen beruflichen Lebensweg mitgeben?
Offen sein für Neues, Erfahrungen sammeln und Verschiedenes ausprobieren. Wenn man unzufrieden ist, versuchen mit dem Arbeitgeber zu verhandeln und eine Lösung zu finden. Flexibel zu sein und auch einmal länger zu arbeiten, wird oftmals auch durch eine Gegenleistung entlöhnt.
Spürt man bei deiner Tätigkeit als Forstwart die Auswirkungen des schwankenden Holzpreises, beispielsweise vor und nach Corona, durch den Ukraine-Krieg oder der politischen Strategie? Wenn ja, wie, z. B. durch erhöhten Leistungsdruck?
Direkt spüre ich wenig davon, wenn dann eher indirekt aufgrund des höheren Leistungsdrucks. Bei uns steht jedoch die Arbeitssicherheit im Vordergrund. Ich gehe lieber einmal ein Risiko weniger ein, als den Helden zu spielen.

Heli-Holzerei in Flims.
Was war dein schönstes Erlebnis als Forstwart und Seilkraneinsatzleiter?
Immer, wenn wir eine Seillinie pannenfrei erledigt haben, wir gut zusammengearbeitet haben und alle Mitarbeiter zufrieden sind.