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Bündnerwald April 2024

Das Sonderwaldreservat Horn- und Nallwald in Obersaxen Mundaun

Das Auerhuhn gilt als Indikator für naturnahe, strukturierte und artenreiche Gebirgswälder. Mit seinen Ansprüchen an die Qualität und die räumliche Ausdehnung von günstigen Lebensräumen ist das Raufusshuhn hierfür eine ideale Art [1]. Seit 2017 besteht in Obersaxen Mundaun das Sonderwaldreservat (SWR) Horn- und Nallwald zur Förderung des Auerhuhns. Valerie Widmer und Christian Buchli

«OMG!»rufe ich erschreckt und im Wald auf dem Hosenboden sitzend, jedoch mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Ich befinde mich auf der Auerhuhn-Spurentaxation und soeben ist in ca. 3 m Distanz ein Auerhahn aufgeflogen. In der Weidmannsprache würde man sagen: «Der Hahn ist abgeritten.» Wer das plötzliche, fast schon explosive und überraschende abreiten dieses urigen Waldbewohners bereits erlebt hat, weiss, wovon ich spreche und kann sich auch vorstellen, warum es «abreiten» heissen könnte. Der Auerhahn ist ein eindrücklicher, faszinierender und auch selten gewordener Waldbewohner. Mein Kopf-DJ legt einen Schlager von De Randfichten auf und ich singe etwas angepasst mit: «Lebt denn dr alte Auerhahn noch – ja er lebt noch, er lebt noch!». Es freut mich sehr, dass es dem Auerhuhn im Sonderwaldreservat in Obersaxen anscheinend gut geht. Es ist auch ein Zeichen, dass wir mit unseren Holzschlägen den Lebensraum nicht zerstören, sondern aufwerten und verbessern. Denn das ist das Oberziel von Auerhuhn Sonderwaldreservaten.

Abb. 1: Schema von Wolfgang Scherzinger, aus dem ­Auerhuhn Konzept Graubünden von 2010.

Das Sonderwaldreservat in Obersaxen konnte in einvernehmlicher Zusammenarbeit mit der politischen Gemeinde Obersaxen Mundaun und der Bürgergemeinde Obersaxen Mundaun im Jahr 2017 eingerichtet werden. Es ist 643 ha gross und beinhaltet die Waldungen Zavragawald, Horawald und Nallwald. In allen drei Waldungen konnte je eine Altholzinsel ausgeschieden werden. Total werden so 31 ha der Nutzung entzogen und der Wald wird sich selbst überlassen. Die Wälder im SWR werden von der Fichte dominiert. Daneben stocken vereinzelt Vogelbeere, Alpenerle, Birke, Weide, Berg­ahorn und Aspe. Selten und nur an der oberen Waldgrenze finden sich Lärchen und Arven. Weisstannen und Waldföhren sind keine bekannt. Die Wälder sind häufig dicht, homogen und vorratsreich. Auf 78 % der Fläche stehen mittlere und starke Baumhölzer. Holzschläge sind in diesen Wäldern nötig, um lückige Wälder zu schaffen und die Verjüngung einzuleiten und zu fördern. In den vergangenen sieben Jahren konnten auf 125 ha Holzschläge und auf 17 ha Pflegeeingriffe zur Förderung des Auerhuhns umgesetzt werden. Es wurden 21 543 m³ Holz geerntet, was 172 m³/ha bedeutet. In der Regel entspricht dies einer Eingriffsstärke von rund einem Drittel des Vorrates/ha. Bei der Anzeichnung haben wir immer die Illustration mit den verschiedenen Auerhuhnrequisiten von Wolfgang Scherzinger im Hinterkopf (siehe Abb. 1). 

Abb. 2.: Einleitung und Förderung der Verjüngung sowie Strukturierung des Waldes und Erhöhung der Grenzlinien. (Bild: P. Kälin)

Zusätzliche Grundlage beim Anzeichnen ist das waldbauliche Anforderungsprofil aufgrund der ökologischen Ansprüche des Auerhuhns, welches im Auerhuhn-Konzept Graubünden [2] zu finden ist. Die Pflegeeingriffe im flächig einschichtigen Jungwald erfolgen etwas stärker als gewöhnlich und werden mittels sogenannten Kammerungen umgesetzt. Diese Eingriffe zielen bereits auf einen stufigen Aufbau im Altbestand hin. In einem praktisch reinen Fichtenbestand ist dies mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Für den Auerhuhnlebensraum scheinen diese Eingriffe jedoch geeigneter zu sein als klassische Pflegeeingriffe. Es werden so bereits geeignete Randstrukturen und stabile innere Waldränder geschaffen und erhalten.

Abb. 3.: Wichtige Auerhuhnrequisiten wie Wurzelteller, liegendes Totholz, stehendes Totholz und Ameisenhaufen werden bewusst geschont. (Bild: J. Hassler)

Zudem werden die für die Deckung wichtigen Grenzlinien im Bestand erhöht. Eine Grenzlinie in diesem Sinne bezeichnet die Berührungslinie zwischen Kronenmantel der Bäume oder Sträucher und der Bodenvegetation. Das Auerhuhn kann sich in solchen Grenzlinien schnell verstecken. Neben dichten Beständen (Kammern) wechseln sich offenere Flächen (Gassen) mit üppiger Bodenvegetation ab. In den Gassen werden alle Fichten entfernt, besondere Baumarten (Vogelbeere, Bergahorn, Birke) werden belassen. Sie sind zum einen eine Bereicherung für den ansonsten nur aus Fichten bestehenden Gebirgswald und zum anderen dienen die Knospen dem Auerhuhn im Winter als Nahrungsergänzung zu den ganzjährig zur Verfügung stehenden Fichtennadeln. Je nach Situation kann in den Kammern eine Pflege mit Zukunftsbäumen erfolgen. Falls dies nicht nötig ist, wird der biologischen Rationalisierung, den natürlichen Abläufen, freien Lauf gelassen.  

Neben dem Lebensraum für das Auerhuhn erfüllen mehr als die Hälfte der Wälder im SWR auch eine wichtige Schutzfunktion. Die Vorgaben für die Schutzwaldpflege können hier gut mit dem Waldbau für die Förderung des Auerhuhns kombiniert und erreicht werden.

Abb. 4.: Auch solch ein Holzhaufen kann ein wichtiges Lebensraumelement für das Auerhuhn sein. In der Mitte des Bildes ist bei genauer Betrachtung der Kopf einer Auerhenne zu erkennen. (Bild: G. Derungs)

Abgesehen von den waldbaulichen Massnahmen haben Beruhigungsmassnahmen eine ebenso wichtige Bedeutung. In einem Grossteil des SWR bestehen Wildruhezonen, welche vom 20.12.–30.4. nicht bzw. nur auf definierten Durchgangswegen begangen werden dürfen.

Zurück zur Spurentaxation. Die Organisation und Auswertung der Auerhuhn-Spurentaxationen und der Jägerumfragen wird vom Amt für Jagd und Fischerei durchgeführt, während das Amt für Wald und Naturgefahren und das Revierforstamt Obersaxen Mundaun für die Pflege des Lebensraumes zuständig ist. Bei den Taxationen nehmen dann jeweils Personen von beiden Ämtern und des Revierforstamtes teil. Bei einer Auerhuhn-Spurentaxation werden systematisch indirekte Nachweise wie Losung, Federn oder Sandbäder in einem definierten Untersuchungsgebiet gesucht, um die Präsenz oder Absenz der Auerhühner festzustellen. Die genaue Anzahl der Individuen kann mit dieser Methode jedoch nicht bestimmt werden. Hinweise hierzu könnten mit genetischen Methoden erhalten werden, dafür müssten zahlreiche verwertbare Proben der gefundenen Losungen oder Federn im Labor analysiert und entsprechend ausgewertet werden, was mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Abb. 5.: Auerhahn bei seiner Balzarie. (Bild: G. Derungs)

Die erste Spurentaxation im Horn- und Nallwald fand im Jahr 2012 statt, eine erste Folgetaxation erfolgte dann sechs Jahre nach der Einrichtung des Sonderwaldreservats im Frühling 2023. Das ganze Gebiet wurde in 12 Sektoren unterteilt, welche innerhalb von vier Stunden zu zweit oder alleine abgesucht wurden. Im Vergleich mit der Taxation im Jahr 2012 (47 Nachweise) konnten bei der Taxation 2023 im gleichen Gebiet deutlich mehr Nachweise erbracht werden (71 Nachweise). Darunter waren bei beiden Taxationen auch direkte Sichtbeobachtungen. Ein Ergebnis des Vergleichs beider Spurentaxationen ist, dass die räumliche Verteilung der Nachweise über das ganze Gebiet zugenommen hat. Beispielsweise wurden in einem Gebiet, in welchem im Jahr 2021 ein Eingriff mit dem Zweck der Verjüngungsförderung erfolgt ist, bei der Taxation im Jahr 2023 sechs indirekte Nachweise erbracht, während bei der Taxation im Jahr 2012 im selben Gebiet keine Nachweise erbracht wurden. Dies lässt vermuten, dass die Verbreitung des Auerhuhns im Gebiet zurzeit eine grössere Ausdehnung hat als im Jahr 2012. Eine grössere lokale Verbreitung könnte sich positiv auf den Fortpflanzungserfolg und die genetische Vielfalt dieser Auerhuhn-Population auswirken, was wiederum positive Effekte auf benachbarte Populationen haben könnte.

Die neu erbrachten Auerhuhn-Nachweise in diesem Gebiet lassen die erfreuliche Vermutung zu, dass die gezielten Forst- sowie Beruhigungsmassnahmen die Ursache für die räumliche Ausdehnung der Auerhuhn-Nachweise sind. Um einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Massnahmen und Auerhuhn-Vorkommen belastbar herzuleiten, wären aber mehr als zwei Spurentaxationen nötig, da es nebst den genannten Förderungsmassnahmen zahlreiche andere Faktoren gibt (z. B. witterungsbedingte Sterblichkeit, Schwankungen im Nahrungsangebot, Prädation, etc.), die das Auerhuhn-Vorkommen ebenfalls beeinflussen. Erstaunlich ist aber, dass bereits zwei Jahre nach dem forstlichen Eingriff Nachweise erbracht werden konnten. Je nach Eingriffsstärke kann es sein, dass es länger dauert, bis ein Gebiet nach einer forstlichen Massnahme vom Auerhuhn als Lebensraum genutzt wird.

Abb. 6.: Heureka! Winterlosung des Auerhuhns, gefunden bei der Spurentaxation 2012. (Bild: Ch. Buchli)

Interessanterweise wurden in anderen Gebieten der drei Waldungen häufig Nachweise in Bereichen erbracht, in denen schon länger keine Eingriffe erfolgt sind. In diesen Fällen handelt es sich um Gebiete, die bereits den Lebensraumanforderungen des Auerhuhns gerecht werden und daher aktuell keine forstlichen Eingriffe erfordern.

Im Rahmen von Sonderwaldreservaten werden spezifische Ziele (in diesem Fall die Förderung des Auerhuhns) festgelegt und eine langfristige Sicherung der Ziele und der nötigen Massnahmen vertraglich geregelt, was zusätzliche Verbindlichkeit schafft. Die Ausdehnung und Dichte der Nachweise im SWR Horn- und Nallwald deuten insgesamt darauf hin, dass sich die Einrichtung dieses SWR positiv auf die Lebensraumnutzung des Auerhuhns ausgewirkt hat. Spätestens in zehn Jahren soll erneut eine Spurentaxation durchgeführt werden, um die Präsenz und räumliche Lebensraumnutzung des Auerhuhns im Gebiet erneut festzustellen. Zusätzlich soll die Wirkung der forstlichen Eingriffe vertiefter analysiert werden.

Ein Aufruf zum Schluss: Wir bitten Sie, liebe Leserin und lieber Leser, zum Schutz dieser seltenen, stark gefährdeten und geschützten Art nicht aktiv in diese Waldungen zu gehen, um Auerhühner aufzuspüren und insbesondere die geltenden Regeln bezüglich Wildruhezone zu beachten. Sollten Sie zufällig vom Waldweg aus ein Auerhuhn sichten, können Sie dies gerne über ornitho.ch melden.

 

Quellen

[1] Das Auerhuhn (2002): GRAF, R.F., BOLLMANN, K., MOLLET, P. Infodienst Wildbiologie & Ökologie.

[2] Auerhuhn-Konzept Graubünden (2010): GADIENT, R., JENNY, H., BÜHLER, U. Amt für Jagd und Fischerei GR, Amt für Wald GR.

 

Valerie Widmer ist Techn. Sachbearbeiterin in Chur und Christian Buchli ist Regionalforstingenieur in der Region 3 in Ilanz, sie arbeiten beide beim AWN Graubünden.

Varkuma bi insch

Der Verein Pro Supersaxa wurde 1970 auf Anregung der beiden Obersaxer Bürger Toni Abele (1913–1992) und Pfarrer Christian Janka (1913–1983) gegründet. «Forschen, erkennen und handeln» waren die Grundgedanken der Vereinsgründer. Von allem Anfang an hatte der Verein zum Ziel Sprache, Sitten und Gebräuche zu erhalten. Der Verein verfolgt heute die gleichen Ziele wie damals und ist bestrebt das Obersaxer Brauchtum, vor allem unsere Walsersprache «ds Obarsàxar Titsch» zu erhalten und zu pflegen. Lisbeth Suppiger-Geissler

Apis zu inschna Voorfààra

Obarsàxa het frianer «Supersaxa» gheissa. Net apa wil d Obarsàxar üss Sàchsa cho sind. Au net wil dia Waltscha d Obarsàxar so super gfunda heint. Inschi Gmeind ischt obam Groossa Tura, wà vu Tàvanààsa dirààb und üss geit bis gan Ilànz. Im Mittalààlter het Obarsàxa alliwiil aman àndara Varwààltar gheert. Àna 765 nàà Chrischti Geburt het dr Churar Bischof Tello, Obersàxa dm Chlooschtar Disentis vrmàcht. Speeter het de ds Chlooschtar Obarsàxa dm Chinig Otto I. gga und deer hets de bààld dm Bischtum Churr zrugg gga. Vu dart heints de im 13. Jh. d Frii­harra vu Rhäzüns ubarnu. As hin und har ischt das frianer gsi. Bis zu dera Zit heintsch  z Obarsàxa nu Waltsch gredat. Eerscht im 12. Jh. sind an Schuppa Wàlsar samt ina Robi ubar d Pass ga Graubinda cho. Wiasoo schii ina Heimat im Wàllis varlàà heint, weiss ma net gnau. Vilicht heint sch daheima z wenig Plàtz und asoo au z wenig z Assa gha. Uf jeda Fàll het na Obarsàxa gfàlla und schii heint zeerscht dart ghüsat, wà hit inschi Àlpana sind. Dàs heint sch net gmàcht, wil sch gaara Àlplaluft gha heint. Schii heint net wella Chràch brcho mit da waltscha Obarsàxar, wà vor ina dàà gsi sind. D Wàlsar sind as schàffigs und gschiggts Volch gsi und heint gwissa, wia ma in dera Heechi ubarlaba chà. Gglich sind schii àlbig teifar ààpa cho und heint schi mit da Waltscha varmischt. Und bààld het ma z Obarsàxa mee Titsch as Waltsch gredat. Asoo ischt Obarsàxa zun ara titscha Insla zmitscht im waltscha Gebiat cho. Àbar gràt wil d Obarsàxar nü waltschi Nàchpüüra gha heint, wà net Titsch chenna heint, heint sch gweenli au nu achlei Waltsch glaarnat und ditz und ans vu dera Sprààch ubarnu. Vill dara Weertar brüücha war hit nu und wissant blooss me, wàhara dia chomant. Üss «Obarsàxartitsch in dr Schual».

Abb. 1: Als Zeitzeugen und als Erinnerung an einen Zweig der Landwirtschaft, steht seit 1985 z Lorischboda (zwischen Meierhof und Affeier) eine Hischt. (Bild: L. Suppiger-Geissler).

Inschi Sprààch; ds Obarsàxar Titsch

«Im Gefüge der deutschen Dialekte ist das Walserdeutsch eine Sprache von ganz besonderer Einmaligkeit, hervorgerufen durch sein archaisches Erscheinungsbild, durch Verflechtungen mit der romanischen Nachbarsprache, durch gewisse eigene Neuerungen und – schliesslich – durch die ihm eigene Sonorität», schreibt Paul Zinsli, der Walserkenner.

Diese Feststellung trifft für unsere Walsergemeinde ganz besonders zu. Die Sprachkultur wurde im Verlaufe der Jahrhunderte – so paradox es tönen mag – gerade durch die Romanen konserviert und auch mitgeprägt. Erst die bessere Erschliessung, der Fremdenverkehr und die vermehrte Ansiedlung von anderen Schweizerdialekten leisten dem Abgang des Obersaxer Dialektes Vorschub (Anpassung, Weglassung von Spezialausdrücken).

Die Obersaxer Mundart hebt sich durch besondere Lautmerkmale vom übrigen Walserdeutsch in Graubünden ab. Beispiele: ü wird zu i, ö zu e. Hier heisst es: fiif, filla, Mili; reeschta, leescha, Feena, Eel. An anderen Bündner Walserorten sagt man: füüf, fülla, Müli, rööschta, lööscha, Ööl.

Der Fortschritt, die Modernisierung der Landwirtschaft, des Handwerks, des Verkehrs und des Haushalts sowie die veränderte Lebensweise haben sehr viele Gegenstände, Geräte, Bauten, Arbeiten usw. in Vergessenheit geraten lassen.

«Wir zählen uns zu den Westwalsern, und unsere Wurzeln sind im Goms zu suchen. Unser Wortschatz wurde im Laufe der Zeit mit sehr vielen romanischen Ausdrücken durchsetzt. Einige fremdsprachige Ausdrücke wurden aber sicher schon aus dem Wallis mitgenommen oder z. B. durch Söldner importiert.» (Maria Ettlin-Janka, Inschi Sprààch, 1995)

Mit der Fusion, vom 1. Januar 2015, der Gemeinden Obersaxen und Mundaun, gelten die romanische und deutsche Sprache als Amts- und Schulsprachen in Gemeindeangelegenheiten. In der Gemeindeverfassung vom November 2015 ist festgehalten, dass die Gemeinde die rätoromanische Sprache und das «Obarsàxar Titsch» nachhaltig zu fördern hat. Der Kindergarten und die Primarschule werden in deutschsprachigen und romanischsprachigen Abteilungen geführt. Die Oberstufenschule wird in Deutsch unterrichtet.

Abb. 2: Hischt auf dem Schnaggabial um 1960. (Bild: F. Geissler-Alig)

Jahresheft

Die Pro Supersaxa gibt jährlich ein Jahresheft für die Mitglieder und weitere Interessierte heraus. Darin werden die Ereignisse in der Gemeinde, in den Vereinen, in Sport und Kultur in einer Chronik erwähnt. Bis zum Jahresheft 2015 wurden zudem Namen, Orte, Bauten, Geräte und Traditionen beschrieben. Seit dem Jahresheft 2016 wird jeweils ein Schwerpunktthema vertieft bearbeitet.

Zum Thema Wald finden wir im Jahresheft 2008 eine ausführliche Zusammenstellung von Maria Ettlin-Janka.

Holz, das einzige verkaufbare Urprodukt des Obersaxer Waldes, einst mit Verkaufsverbot ausserhalb der Gemeinde belegt.

Für die Bedeutung des Waldholzes im Finanzhaushalt der Gemeinde, Zahlen aus der Gemeinderechnung von 1956: Nettoertrag Forstwesen ­ Fr. 99 000.00, (55 % der totalen Gemeindeeinnahmen stammten aus dem Wald).

In der Waldordnung 1703 wurde Folgendes festgehalten: «… ein jeder bey seinem Gewissen sich schonen soll, jung Holss an Lathen oder Hist Holss oder ander kleine Hols sein Überfluss zu treiben …»

Abb. 3: Pfarrer Christian Herrmann mit der Holzergruppe ca. 1924. (Bild: Archiv PSO)

Hischt

Bis 1961 gehörten Hischten zum Ortsbild der Höfe von Obersaxen. 1987 waren es nur noch drei. Durch den Rückgang der Getreideanbaufläche (von 1943 85 ha, bis 1980 5 ha) waren Hischten zum Ausreifen der Getreidegarben nicht mehr gefragt. Das Nachreifen auf den Hischten dauerte je nach Witterung zwei bis vier Wochen bevor die Garben dann auf den Heustall zum Dreschen gebracht wurden. Einen ausführlichen Bericht zu den Hischten finden Sie im Jahresheft von 1989.

Auf der Suche nach einem Logo für den Verein Pro Supersaxa haben wir uns, ganz nach den Zielen des Vereins, «Sprache, Sitten und Gebräuche zu erhalten» für die Hischt entschieden.

Chilchabeech üss Obarsàxar-Holz 

Bevor das Gewerbe und der Tourismus in Obersaxen Einzug gehalten haben, war der Erlös aus dem Holzverkauf die grösste Einnahme der Gemeinde. Der Zavrààgawààld war der beste Holzlieferant. Das fein-jährige Holz war sehr gefragt. Auch Pfarrer Christian Herrmann aus Obersaxen-Friggahüss, der ab 1920 in der Herz-Jesu-Kirchgemeinde in Zürich-Wiedikon tätig war, bat seine Heimatgemeinde um Unterstützung für den Bau einer neuen Kirche und wurde mit Zavrààgarholz für die Kirchenbänke beschenkt. Die Waldarbeiter rüsteten das Holz am Zircharwagg und die Fuhrmänner transportierten es nach Tavanasa auf die Bahn.

Abb. 4: Veehgàda mit Maijasasshitta. (Bild: Ursina Wild-Schwarz)

Veehgàda und Maijasasshitta

Auf dem Weg von Tobel nach Zarzana befindet sich ein alter Viehstall und eine Maijasasshitta, welche von Vereinsmitgliedern im ursprünglichen Stil restauriert und erbaut wurden. Im Stall befinden sich alte Geräte aus früheren Zeiten und die Maijasasshitte ist so ausgebaut und eingerichtet, wie sie die Bauern früher nutzten um im Mai/Juni Käse und Britschi (Butter) herzustellen. Der Verein Pro Supersaxa bietet Führungen an, bei der Sie Ihr eigenes Britschi herstellen, die Geschichte der Landwirtschaft von Obersaxen und ds Obarsaxartitsch kennenlernen.

Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.

Abb. 5: Innenansicht Maijasasshitta. (Bild: Ursina Wild-Schwarz)

 

Lisbeth Suppiger-Geissler ist Co-Präsidentin des Vereins Pro Suppersaxa.

Candinas SA – ein Unternehmen mit Tradition und Innovation

Die Candinas SA ist ein vielfältiges Forstunternehmen mit Sitz in Untervaz und Rabius, das sich auf die Holzernte im Gebirgswald spezialisiert hat. Ursprünglich als Transportunternehmen in Rabius gegründet, decken wir heute die gesamte Dienstleistungspalette für Arbeiten rund um den Wald ab. Dumeni Candinas

Chronik

Im Jahr 1989 wurde die Firma Candinas SA in Rabius von Meinrad Candinas gegründet. Inspiriert von den Holzerntearbeiten und Seilbahnen seines Vaters, startete der junge und innovative Mechaniker mit Transport- und Forstarbeiten. Schnell erkannte er, dass technische Entwicklungen in der Forstbranche ein grosses Potenzial für die Steigerung von Effizienz und Arbeitssicherheit boten. So baute er einen eigenen Kippmastanhänger aus verschiedenen Komponenten und montierte dazu noch einen Kran am Heck, um das geseilte Holz aufzuarbeiten und zu poltern.

Rechtzeitig zur Bewältigung der grossen Sturmschäden von «Lothar» nahm die Candinas SA im Jahr 2001 das erste Kombiseilgerät der Schweiz in Betrieb. Die maschinelle Aufarbeitung von ganzen Bäumen an der Waldstrasse bedeutete einen gros­sen Wandel für die Branche. Sowohl der Personalbedarf als auch das Risiko von Arbeitsunfällen beim manuellen Entasten der Bäume im Gebirgswald konnten reduziert werden. An den Abladeplätzen der Seilbahnen lagen nach Abschluss der Arbeiten neuerdings grosse Haufen mit Ast- und Kronenmaterial. Wie konnte dieses lockere Material nun sinnvoll geladen und zur Weiterverwertung abtransportiert werden? Darauf fand Meinrad Candinas eine Antwort. Gemeinsam mit dem deutschen Fahrzeugbauer «DOLL» entwickelte er einen LKW, ausgestattet mit einem Holzkran, der diese Asthaufen laden und mit 100 Tonnen Presskraft verdichten kann. Das Transportvolumen kann so um das Sechsfache reduziert werden, was die Transportkosten verringert. Das Material wird auf einem Platz abgeladen und für die thermische Verwertung aufbereitet. Heute wird dieser LKW, genannt «Biotrans», vor allem für den Abtransport von Energieholz aus den Gemeindedeponien und Böschungsmaterial eingesetzt.

Abb. 1: Selbst gebauter Kippmastanhänger mit Kran im Jahr 1992. (Bilder: zVg)

Über die Jahre wurde laufend in neue Technologien investiert. So decken wir heute die ganze Kette vom stehenden Baum im Wald bis hin zum Rundholz im Sägewerk oder zum Hackschnitzel in der Heizung ab. Im Jahr 2017 baute die Candinas SA einen neuen Werkhof mit Bürogebäude in Untervaz. Mit den zwei Standorten in Untervaz und Rabius sind wir heute bestens aufgestellt und können vor allem auch saisonale Schwankungen in der Auslastung, welche wetterbedingt auftreten können, ausgleichen.

 

Abb. 2: Bereitstellung von Rundholz aus der Gemeinde Obersaxen für die regionale Verwertung.

 

Meilensteine Candinas SA

1989        Unsere Geburtsstunde: Die Candinas SA mit Sitz in Rabius wird gegründet

1993        Neubau des Werkhofs in Rabius

1999        Anschaffung des ersten Kombiseilgeräts

2012        Ausbau der Verfahrenspalette: Investition in einen Holzvollernter mit Traktionswinde

2015        Erfolgreicher Abschluss des ersten Forstwartlehrlings in unserem Unternehmen

2017        Zusätzlicher Standort mit dem Neubau des Werkhofs in Untervaz

2018        Erstes Fahrzeug für die Auslieferung von Holzpellets

2021        Ausbau Dienstleistungen: Felstechnik wird als neuer Teilbereich integriert

2022        Geschäftsübergabe an die nächste Generation

 

Candinas SA in Europa tätig

Die Fachkompetenz unserer Mitarbeitenden und der Einsatz effizienter Holzerntesysteme im Seilkrangelände eröffneten uns die Möglichkeit, diese Verfahren in Regionen einzusetzen, wo der Seilkran noch nicht etabliert war. So konnten wir – vor allem zur Überbrückung der Wintermonate – in verschiedenen Regionen ausserhalb der Schweiz Holzschläge übernehmen. Wir führten Arbeiten bei deutschen Bundesforsten aus, in der Sächsischen Schweiz, in der Region von Dresden, in Nordrhein-Westfalen und in weiteren Regionen Deutschlands. Im Jahr 2005 führte die Candinas SA nach einem Sturm in der Slowakei grössere Holzschläge aus. So waren bis zu zehn Mitarbeitende während sechs Monaten in der Hohen Tatra im Einsatz. Das Holz wurde ab Stock gekauft und die Rundholzabnehmer waren dieselben österreichischen Kunden, die von der Candinas SA aus der Schweiz beliefert wurden. Das Industrieholz wurde per Eisenbahn an bestehende Kunden nach Italien verkauft. Wir «Schweizer» waren immer sehr willkommen. Die Verlässlichkeit und Art und Weise, wie unsere Mitarbeitenden gearbeitet haben, wurden von den Kunden stets sehr geschätzt.

Abb. 3: Jedes Verfahren kommt am richtigen Ort zum Einsatz.

Das Arbeiten in der Slowakei stellte uns vor grosse zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf Korruption. Die Verantwortlichen der lokalen Forstbehörde waren sich solche Machenschaften gewohnt und versuchten immer wieder, «die hohle Hand» zu machen. Die Erfahrung, dass durch die Gemeindebehörde und den Förster unterzeichnete Verträge plötzlich ihre Gültigkeit verloren haben, hat für einiges Kopfzerbrechen gesorgt. Natürlich hätte man das Problem mit Geld «regeln» können. Weil das für uns nicht in Frage kam, wurden über die Schweizer Botschaft in Bratislava die richtigen Kontakte im staatlichen Forstdienst aktiviert, um nicht in den Korruptionssumpf hineingezogen zu werden. Nach diesen Ereignissen schätzen wir es umso mehr, in einem Rechtsstaat wie der Schweiz leben und arbeiten zu können.

Nach der Aufhebung des Mindestkurses im Jahr 2015 waren die Preise für Arbeiten im EU-Raum für uns nicht mehr kostendeckend.

 

Unser Service im Forst- und Transportbereich

Mit unserem breit aufgestellten Maschinenpark können wir unseren Kunden im Forstbereich das richtige Verfahren am richtigen Ort anbieten. Auch in Graubünden kann die vollmechanisierte Holzernte sinnvoll eingesetzt werden. Entscheidend ist, dass dabei verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Dazu zählen vor allem die Geländeeigenschaften, die Bodenbeschaffung, der Waldbestand und nicht zuletzt die Witterung während der Ausführung. Durch den Einsatz der Traktionswinde am Vollernter sowie am Forwarder kann verhindert werden, dass durch Schlupf der Reifen Schäden und Spuren am Boden entstehen. Durch das Ablegen von Astmaterial in den Rückegassen wird der Waldboden zusätzlich geschont. Richtig eingesetzt, kann die vollmechanisierte Holzernte für den Waldbesitzer nicht nur wirtschaftlich, sondern auch eingriffstechnisch interessant sein. Dank einer guten Planung der Gassen kann gezielt in den Bestand eingegriffen werden und es entstehen flexiblere Möglichkeiten als bei einer geraden Linienführung mit der Seilbahn. Durch den Einsatz eines Zufällers und einer Zuzugswinde am Vollernter können die Gassenabstände gross gehalten werden.

Im Seilkrangelände macht es keinen Sinn, vollmechanisierte Holzschläge durchzuführen. Deshalb bieten wir unseren Kunden auch in diesem Gelände alle möglichen Verfahren an.

Um Holzschläge effizient durchzuführen und um möglichst kurze Sperr- und Wartezeiten auf den Waldstrassen zu gewährleisten, ist eine schnelle Holzabfuhr unabdingbar. Mit unserem Fahrzeugpark sind wir perfekt eingerichtet, um die Rundholztransporte optimal zu disponieren. Für die Sicherstellung einer laufenden Abfuhr des Rundholzes können wir auf langjährige Abnehmer zählen. Dazu gehören auch kleinere regionale Sägewerke. Allerdings sind wir nach wie vor auf Holzlagerplätze bei den Gemeinden angewiesen, welche in Graubünden leider zunehmend knapp werden.

Abb. 4: Erstellung von Steinschlagnetzen mit einem Energieaufnahmevermögen von bis zu 8000 kJ.

Trotz eines anhaltenden Booms im Holzbau verlangt der Rundholzmarkt immer noch sehr viel Flexibilität von allen Teilnehmern. Nachfrage- und Preisschwankungen haben uns auch im letzten Jahr zum Teil stark gefordert. Wir als Unternehmer sind da­rauf angewiesen, eine möglichst konstante Auslastung zu erreichen. Die öffentlichen Beiträge für die Schutzwaldpflege ermöglichen hierbei, Holzschläge durchzuführen, auch wenn der Erlös aus dem Rundholz die Kosten nicht mehr decken kann.

 

Wenn der Schutzwald allein nicht ausreicht

Vor allem in Graubünden unterstützen wir Waldbesitzer bei der Pflege ihrer Schutzwälder, um deren Schutzfunktion sicherzustellen oder zu verbessern. Können die Schutzfunktionen durch den Schutzwald nicht mehr gewährleistet werden, müssen oft technische Bauwerke erstellt werden. Durch den Einfluss des Klimawandels wird die Sicherstellung der Schutzwaldfunktion in Zukunft womöglich noch herausfordernder sein. Die Errichtung technischer Bauwerke wird dabei eine wichtige Rolle spielen, um die Verkehrsinfrastruktur und Wohngebiete zu sichern. Seit dem Jahr 2021 bieten wir auch in diesem Bereich ein breites Spektrum an Dienstleistungen wie Steinschlagnetze, Lawinenverbauun­gen, Felsräumungen und Felsabdeckungen an. Viele dieser Arbeiten erfordern spezialisiertes Know-how und werden am hängenden Seil ausgeführt.

 

Dumeni Candinas ist Forstingenieur FH und Geschäfts­führer der Candinas SA.

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