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Bündnerwald Dezember 2024

Drei Förster aus drei unterschiedlichen Regionen zum Thema Zertifizierung

Kenneth Danuser ist Betriebsleiter des Forstreviers Cazis und der Sägerei Dalin. Die Wälder im Forstrevier Cazis werden nach den Standards von FSC bewirtschaftet. Mario Lucchinetti ist Betriebsleiter des Forstbetriebs Bregaglia und bewirtschaftet seit 2021 den Gemeindewald von Bregaglia nach den FSC-Vorschriften. In der Val Müstair ist Jörg Clavadetscher Betriebsleiter und ist nach 15 Jahren FSC-Zertifizierung aus der Zertifizierung ausgestiegen Kenneth Danuser aus der Gemeinde Cazis zur Zertifizierung

Die Gemeinde Cazis hat eine Waldfläche von 1197 ha und ist seit 2004 FSC-zertifiziert. Welche Waldflächen sind davon betroffen, Gemeindewald oder auch Privatwald
Neben dem gesamten öffentlichen Wald sind 16,5 Hektare Privatwald zertifiziert.

Wie stehen die Privatwaldbesitzer dazu? Welchen Nutzen haben sie von einer FSC-Zertifizierung?
Die Privatwaldbesitzer erwähnen insbesondere, dass so sichergestellt wird, dass ihr Wald mit einer verantwortungsvoll ausgeführten Waldbewirtschaftung gepflegt wird. Diese Gewissheit zu erhalten, ist für die meisten sehr wichtig. Zusätzlich ist es ihnen auch noch wichtig, dass sie Zugang zu Holzmärkten erhalten, welche das Label FSC unterstützen. Vom Wald bis zum Endverbraucher.

Das Forstrevier Cazis ist seit 20 Jahren FSC-zertifiziert. Was waren die damaligen Beweggründe für eine Zertifizierung?
Den öffentlichen Waldbesitzern war bei der Anmeldung, und ist heute noch, wichtig, dass durch eine Zertifizierung offengelegt wird, dass im Forst­revier eine verantwortungsvoll durchgeführte Waldbewirtschaftung stattfindet. Wie auch den Privatwaldbesitzern war auch den öffentlichen Waldbesitzern wichtig, dass der Zugang zum Holzmarkt so offen wie möglich sein soll.

Würdest du heutzutage diesen Schritt nochmals wählen?
Ja. Ganz klar!

Welche Vor- und Nachteile einer Zertifizierung siehst du für den Forstbetrieb Cazis?
Klare Vorteile sehe ich im Bereich Holzvermarktung. Aufgrund der FSC-Mitgliedschaft haben wir ein grösseres Kundenportfolio. Wir bescheinigen somit eine qualitativ geprüfte Waldbewirtschaftung gegenüber den Kunden.

Benötigt es wirklich eine FSC-Zertifizierung, die eine nachhaltige Waldwirtschaft regelt, wenn das Waldgesetz diese Vorgaben bereits vorschreibt?
Ja. Es ist eine neutrale Überprüfung, welche bescheinigt, dass Vorgaben eingehalten werden. Das gibt dem Waldbesitzer Sicherheit über sein wohlüberlegtes Tun.

Bist du der Meinung, dass es eine FSC-Zertifizierung benötigt oder genügt es, dass das Holz unter dem Label Schweizer Holz verkauft wird?
Das FSC-Label ist ein «Ökolabel» und darf nicht verwechselt werden mit dem Herkunftslabel Schweizer Holz. Darum bin ich der Meinung, dass es beides braucht.

 

               

(Bilder: Kenneth Danuser)

Wie hast du die Audits von FSC erlebt? Welche Erinnerung hat dich besonders geprägt?
Ich habe einige internen und externen Audits schon mitgemacht. Sämtliche Audits habe ich als wertvollen Austausch mit den Auditoren erlebt. Wir konnten uns präsentieren und darlegen, wie wir arbeiten. 

Man hört immer wieder, dass Forstbetriebe aus der Zertifizierung aussteigen. Der Grund liegt meist am erhöhten administrativen Aufwand. Wäre dies auch ein mög­licher Grund aus der Zertifizierung auszusteigen?
Keineswegs! Der Aufwand ist äusserst minim. Ich erstelle im Jahresablauf maximal fünf Dokumente, welche speziell für FSC bestimmt sind. Alle anderen Auditpositionen, welche wir vorzeigen müssen, haben wir sowieso schon vorliegend.

Die Sägerei Dalin wird auch vom Forstbetrieb Cazis betrieben. Dort sägt ihr aber kein FSC-Holz ein. Weshalb?
Das eingesägte Rundholz wäre FSC-tauglich. Doch die jährliche Einschnittmenge ist sehr gering. Es hat sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht gelohnt. Bei dem Entscheid damals, waren nur finanzielle Argumente ausschlaggebend, welche die Gemeinde zu diesem Austritt der Säge bewegte.

Hat FSC zu strenge Auflagen für eine kleine Sägerei wie die Sägerei Dalin? 
Das Holz stammt ja aus dem gleichen Forstrevier, welches FSC-zertifiziert ist. Die Auflagen sind kein Grund, es waren rein finanzielle Überlegungen.

Würdest du dich heutzutage wieder für eine FSC-Zertifizierung entscheiden?
Ja! Ich bin weiterhin überzeugt, dass die Waldbesitzer damit gestärkt werden. Sie können gegenüber Dritten darlegen, dass die Waldbewirtschaftung ökologisch, sozial förderlich und wirtschaftlich rentabel ausgeführt wird. Damit kann gewährleistet werden, dass die nächsten Generationen auch noch von gesunden Wäldern profitieren können.

Welches Fazit ziehst du nach 20 Jahren FSC-zertifizierter Forstbetrieb?
Dass wir mit voller Überzeugung weiterhin als FSC-zertifizierter Betrieb und mit FSC-zertifiziertem Rundholz auf dem Markt präsent sind.

 

Mario Lucchinetti aus der Gemeinde Bregaglia zur Zertifizierung

Ihr seid ein grosser Betrieb mit 6543.5 ha Wald und habt euch im Jahr 2021 dazu entschlossen, den Gemeindewald FSC zu zertifizieren. Weshalb habt ihr diesen Weg gewählt?
Das Hauptziel der Zertifizierung war es, die Absatzmöglichkeiten auf dem Schweizer Holzmarkt zu steigern. Bei vielen Abnehmern in Graubünden oder in der Schweiz wurde FSC als Lieferbedingung verlangt. Für uns war es wichtig, unsere Absatzkanäle zu erweitern und etwas unabhängiger vom Holzmarkt in Italien zu werden. Ein zusätzlicher Grund war, dass wir dank FSC gewisse Qualitätsstandards erfüllen (die meisten sind sowieso gesetzlich vorgeschrieben), die durch eine unabhängige Institution überprüft werden. Somit erbringt der Waldeigentümer einen Nachweis, sich besonders um den Umweltschutz und Mitarbeiterschutz zu bemühen.

Wie viele ha Wald sind FSC-zertifiziert? Und welche Waldfunktionen sind in diesen Wäldern hauptsächlich davon betroffen?
Zertifiziert sind die 4999 ha Gemeindewald. Die Zertifizierung ist unabhängig von den Waldfunktionen. Es wird die gesamte Waldfläche des Eigentümers zertifiziert.

Gibt es bei den Waldfunktionen Unterschiede betreffend Zertifizierung?
Die FSC-Standards gelten eher als Leitplanke auf einer übergeordneten Ebene. Diese haben nur indirekte Auswirkungen auf die jeweiligen Waldfunktionen und dessen Bewirtschaftungskonzepte. Die Standards von FSC sollten viel mehr als Teil der Unternehmenskultur gesehen werden und unabhängig von der Waldfunktion über den gesamten Betrieb erfüllt sein. Die meisten Standards erfüllt man mit dem Einhalten der gesetzlichen Vorgaben und einer nachgeführten Dokumentation.

Wie gross ist der Anteil FSC-Flächen der Privatwaldbesitzer? Können sich diese auch zertifizieren lassen? Welchen Nutzen haben sie davon?
Bei uns im Betrieb sind keine Privatwaldeigentümer zertifiziert. Es gäbe aber die Möglichkeit, diese im Gemeindebetrieb zu integrieren. Via vereinfachte Zetrifizierung wie Meldeformular bei der Selva, können Privatwälder mit zertifiziert werden. 

Worin liegen die Vor- und Nachteile einer Zertifizierung für die Gemeinde Bregaglia?
Den grössten Vorteil für die Gemeinde sehe ich vor allem darin, dass eine unabhängige Qualitätsprüfung des Betriebs stattfindet. Dies hilft auch, die eigene Dokumentation aktuell zu halten und diese periodisch zu überarbeiten. Ein weiterer Vorteil, den wir in der Schweiz nur beiläufig wahrnehmen ist: Wir leisten mit unserem Betrieb einen Mehrwert zugunsten der Umwelt, der Mitarbeitenden und der lokalen Bevölkerung und erbringen den Nachweis für unser nachhaltiges Handeln. Vermutlich ist die geringe Beachtung damit verbunden, dass in der Schweiz ein sehr strenges Waldgesetz gilt. Unsere Forstwirtschaft ist schon so um ein vielfaches umweltverträglicher, als in einigen anderen Ländern mit anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die grössten Nachteile sind klar die Kosten für die Zertifizierung. Da leider keine höheren Holzpreise oder direkte Wettbewerbsvorteile daraus entstehen. Die Zertifizierung bringt teilweise auch höhere administrative Aufwände mit sich.

                      

(Bilder: Andrea Giovanoli)

Hast du als Betriebsleiter einen Mehraufwand durch die FSC-Zertifizierung?
Bei den Audits und dessen Vorbereitungsarbeiten habe ich schon einen administrativen Mehraufwand. Wobei dieser mir auch hilft, einige Dokumente periodisch zu aktualisieren wie beispielsweise das Sicherheitskonzept. Dieses wäre ja auch ohne Zertifizierung zu aktualisieren.

Wohin geht das zertifizierte Holz? Exportiert ihr dieses in das Nahe Italien?
Ich verkaufe das Holz mit Zertifizierung nur an Kunden weiter, die dieses explizit verlangen und auch bereit sind, etwas mehr dafür zu bezahlen. Viel Holz wird ohne FSC-Siegel nach Italien verkauft. Da dies nicht explizit gewünscht und gefragt ist. Wichtig ist das FSC-Siegel bei den Schweizer Abnehmern. Die grösste Menge dieses Holzes liefern wir nach Resurses.

Würdest du nach drei Jahren diesen Schritt zur FSC-Zertifizierung nochmals wählen?
Auch wenn sich keine Preissteigerung mit der FSC-Zertifizierung erzielen lässt, sehe ich den Mehrwert für den Waldeigentümer vor allem bei der unabhängigen Qualitätskontrolle. Auch bezüglich Absatzsteigerung auf dem Schweizer Holzmarkt haben wir unsere Ziele dank der FSC-Zertifizierung erreicht. Der Liefervertrag mit Resurses war nur dank der Zertifizierung möglich.

Würde es auch genügen, das Holz nur mit dem Label Schweizer Holz zu verkaufen?
Für uns in der Waldbranche ist Schweizer Holz das wichtigere Label, da es sichtbar macht, woher das Holz stammt und ein Bewusstsein beim Konsumenten schafft, ein einheimisches Produkt zu kaufen. Bei FSC hingegen ist die Herkunft nicht ersichtlich, es handelt sich hierbei nicht unbedingt nur um europäisches Holz. Aus Sicht der Sägereien, die im europäischen Wirtschaftsraum handeln, ist vermutlich das FSC-Siegel wichtiger, da es international anerkannt ist.

Was kannst du deinen Kollegen für die Entscheidung mit auf den Weg geben, ob der Betrieb zertifiziert werden soll oder nicht?
Eine Zertifizierung, um eine Preissteigerung zur erzielen macht keinen Sinn. Der Mehrwert liegt bei der unabhängigen Qualitätsprüfung. Dies sollte auch dem Waldeigentümer offen kommuniziert werden.

Was ziehst du für ein Fazit zur FSC-Zertifizierung?
International ist FSC ein anerkanntes Label. Leider sind die Zertifizierungsbedingungen sehr unterschiedlich. FSC Schweiz erfüllt hierbei viel strengere Auflagen als FSC aus Tropenländern. Dies kann Konsumenten täuschen, die sich ein FSC-Produkt kaufen und eine Forstwirtschaft gemäss Schweizer Model erwarten. Mit Sicherheit leistet FSC einen wichtigen Beitrag, die weltweite illegale Holzhauerei zu stoppen, und trägt zum Schutz der Wälder bei. Diese wichtige Aufgabe erfüllt in der Schweiz das Forstgesetz und der gut funktionierende Forstdienst auf allen Ebenen. Daher ist FSC für Schweizer Forstbetriebe nicht zwingend notwendig. Hingegen für die weiterverarbeitende Industrie ist es ein wichtiges Label, um sich im internationalen Markt zu behaupten. Dies schafft ein Wettbewerbsvorteil und erzeugt einen finanziellen Mehrwert. Leider findet dieser wie so oft nicht den Weg zum Waldeigentümer.

 

Jörg Clavadetscher aus der Gemeinde Val Müstair zur Zertifizierung

Die Gemeinde Val Müstair hat sich erst seit Kurzem dazu entschlossen, aus der FSC-­Zertifizierung auszusteigen. Die Gemeinde war 15 Jahre FSC zertifiziert. Was waren die Gründe?
Ursprünglich war ich überzeugt von der Wirkung des FSC als Verkaufsargument und erhoffte mir auch etwas bessere Holzpreise dank dem Label. Meine damalige Sichtweise war rückblickend wohl etwas naiv, in der Meinung, dass bei FSC überall, also international, mit gleichen Ellen gemessen wird.

Das Val Müstair grenzt nahe an das Südtirol. Wäre es da nicht sinnvoller, das Holz, welches exportiert wird zu zertifizieren? Oder exportiert ihr nicht mehr ins Ausland?
Oh doch, vor allem die Fichte exportieren wir nach wie vor zu nahezu 100 % ins Südtirol. Unser dortiger langjähriger Abnehmer beliefert mit seinen Schnittwaren hauptsächlich den Italienischen Markt. Dort ist FSC weitgehend unbekannt und nicht relevant. PEFSC oder ein Herkunftsnachweis sind für ihn viel wichtiger.

Hast du die Audits als Mehraufwand empfunden, denn oft hört man, dass dies ein Grund war, aus der Zertifizierung auszusteigen?
Bei den Audits hängte sehr viel von der Kontrollperson ab. Alles in allem empfand ich die Audits wirklich nur als Mehraufwand. Ein beträchtlicher Teil der Kontrollkriterien bezogen sich aus meiner Sicht auf Vorschriften und Gegebenheiten, welche die Fachleute der SUVA kontrollieren, aber nicht die Sache irgendeines Zertifizierungsbüros sein sollten.

Worin siehst du die Vor- und Nachteile, sich als Forstbetrieb zertifizieren zu lassen?
Na ja, einige Nachteile aus meiner Sicht nannte ich oben schon. Wirkliche Vorteile konnte ich in den 15 Jahren FSC-Mitgliedschaft für unseren Betrieb leider nicht erkennen (sonst wären wir wahrscheinlich auch heute noch dabei). Die Holzpreise waren nicht besser als vor- und nachher, die Bewirtschaftung ist auch nicht anders und die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern sich wegen dem FSC-Label auch nicht.

             

(Bilder: Jörg Clavadetscher)

Dem Wald spielt es keine Rolle, ob er nun zertifiziert ist oder nicht. Wie sehen die Meinungen dazu in der umliegenden Gemeinde Zernez aus, wenn die Gemeinde Val Müstair nicht mehr FSC zertifiziert ist?
Hierzu müsstest du wohl die Gemeinde Zernez befragen. Von meinen Berufskollegen des Unterengadins spüre ich aber nicht immer und überall eine grosse Überzeugung betreffend FSC-Mitgliedschaft …

Würdest du vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eine Zertifizierung nochmals in Betracht ziehen?
Argumente und vor allem die Ausgangslage können sich immer wieder ändern. Daher will ich dies auch bestimmt nicht kategorisch ausschliessen.
 

Verkauft ihr das Holz nun unter dem Label Schweizer Holz?
Ja, denn der Herkunftsnachweis ist für mich wichtiger als ein FSC-Siegel aus gewissen fernen Ländern, welche nicht immer sehr vertrauenswürdig erscheinen, aber das Holz mit FSC reinwaschen wollen.

Welches Fazit ziehst du aus der langjährigen Zertifizierung der Gemeinde Val Müstair?
Das meiste scheint gesagt/geschrieben zu sein. In grossen Waldbeständen unseres Planeten könnte FSC etwas Positives bewirken. Wo Gesetze mit Füssen getreten werden, ist es aber für FSC bestimmt auch sehr schwierig (um nicht zu sagen unmöglich), etwas Grosses zu erreichen. Unsere westliche Gesellschaft, welche auf Umwelt- und Klimaschutzthemen sensibilisiert ist, blendet aber im Supermarkt manchmal aus, dass ein Ökolabel international oftmals nicht dasselbe ist. Ich wage zu behaupten, dass die schweizerische Fichte ohne FSC-Siegel weit ökologischer und sozial vertretbarer auf den Markt kommt als manches FSC-Holz von irgendwo. Ich will mich aber mit dieser Aussage nicht falsch verstanden wissen. Ich bin nicht gegen FSC! Für unseren Wald und unser Holz erachte ich aber 

Wie CO2-Speicherzertifikate für den Holzbau die Stammholz­bewirtschaftung fördert

Die Zukunft unserer Wälder und der Bauwirtschaft ist eng miteinander verbunden. Ohne Wald keinen Holzbau. Ohne Holzbau aber auch keine Stammholznutzung. Während bislang der Wald im Zentrum von CO2-Projekten stand, rückt der Holzbau seit 2022 ins Blickfeld von CO2-Investoren auf der Suche nach dauerhafter CO2-Speicherung. Timber Finance lancierte 2024 das weltweit erste CO2-Speicherzertifikat für den Holzbau. Bündner Waldbesitzer und Bauherren sind eingeladen, über die Holzvermarktung Graubünden AG oder direkt teilzunehmen. Thomas Fedrizzi, Timber Finance

Rückblick
Bisherige CO2-Konzepte im Wald (Nature-based Solutions) fokussierten sich – getrieben vom rasanten Waldverlust in den Ländern des Südens – weltweit auf die Walderhaltung, wofür auch die von Forstfachleuten entwickelten CO²-Konzepte der 1. Generation entwickelt wurden. Diese Ansätze wurden später in unsere Wälder übertragen und auf unsere Verhältnisse angepasst, um einen Beitrag zur chronischen Unterfinanzierung des Waldes zu leisten. Nebst der langfristigen Erhaltung des Waldes sollte mit CO2-Geldern die Kohlenstoffbindung im stehenden Holz entschädigt werden. Dies führte in der ersten Phase zum forstwirtschaftlich unerwünschten Nutzungsverzicht. Inzwischen ist ein Vorratsabbau möglich, was zur Reduktion des im stehenden Holz gespeicherten CO2 und dessen Entschädigung führt.
Zwei Entwicklungen leiten seit 2022 ein Umdenken ein: Erstens die beachtlichen Waldschäden durch Käfer, Sturm und Feuer haben weltweit viele CO2-Waldprojekte unter Druck gesetzt, da sich die mit CO2-Geldern finanzierten Klimaleistungsversprechen über Nacht in Luft auflösten. Oder auch schwierig vorzunehmende CO2-Berechnungen zum «Naturprodukt» Wald, die nicht das erbrachten, was berechnet wurde.

Entwicklung von Schweizer CO2-Ansätzen in der Holzkette. (Quelle: Timber Finance)

Zweitens setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Bau- und Immobilienwirtschaft, die für 37 % der weltweiten Emissionen verantwortlich ist – ohne dass sie bislang in einem CO2-Pflichtmarkt wie die Luftfahrt oder der Schiffsverkehr unterstellt ist – auch dringend dekarbonisiert werden muss. Diese späte Erkenntnis hat damit zu tun, dass CO2 historisch vor allem als Emission von fossilen Treib- und Brennstoffen (operational carbon) verstanden wird. In Baumaterialien steht jedoch der CO2-Fuss­abdruck des Materials im Vordergrund (embodied carbon).
Und hier kommt der Holzbau ins Spiel, der eine deutlich bessere CO2-Bilanz aufweist als seine Konkurrenten Stahl und Zement, solange die nicht CO2-neutral hergestellt werden. Noch besser: Der Holzbau ist unter Einbezug der ganzen Kette vom Wald bis zum verbauten Holz von der IPCC [1], UNFCCC [2] oder auch der EU [3] als eine sogenannte Negativemissionstechnologie [4] (NET) anerkannt, d. h. das CO2² wird im Wald sequestriert und dann über die Holzverarbeitungskette in ein Bauelement transformiert und final in der Tragkonstruktion im Holzbau permanent gespeichert. Und das ist das, was CO2-Investoren zukünftig suchen und bezahlen werden: 100 % Permanenz, sicher für mindestens 100 Jahre.
Seit 2023 sinken die Preise für CO2-Verminderungsprojekte (Carbon Avoidance) und CO2-Vermittler sind zurückhaltend in der Aufnahme von weiteren Waldprojekten. Als Zukunftsmarkt wird aktuell der CO2-Speichermarkt [5] (Carbon Removal) gesehen, also der CO2-Markt, wo nachgewiesen werden kann, dass das CO2 für sehr lange sicher gespeichert werden kann. Denn Investoren haben begonnen, für ihre Restemissionen, die sie nie wegbringen werden, CO2-Speicherzertifikate zu kaufen. Dies in der Annahme, dass sie als limitiertes Gut an Wert zulegen werden, da nicht beliebt verfügbar.

Summenkurve der CO2-Aufnahme pro Hektar über die Zeit, im Bild links wieder abnehmend durch Käfer, Feuer, Sturm, zudem nur schwierig zu Schnittholz verarbeitbar. Bild rechts: Transformation der kumuliert höchsten CO2-Speicherleistung vom Wald in den Holzbau. (Quelle: Timber Finance)

Carbon Removals
Deshalb wird viel Geld in diverse technische Carbon Removal Lösungen wie Direct Air Carbon Capture und Storage (DACCS) oder Bioenergie Carbon Capture & Storage (BECCS) oder Pflanzenkohle bzw. Pyrolyse (PyCCS) und andere Ansätze investiert. Vergessen ging dabei das Naheliegendste: Timber Carbon Capture & Storage (TCCS), also der Holzbau in Verbindung mit dem Wald. Dabei ist die Holzbaukette die einfachste, schnell skalierbare Technologie, bei der im Gegensatz zu allen anderen Ansätzen nicht zuerst eine grosse Infrastruktur für die Absorption, Transformation und Speicherung des CO2 gebaut werden muss. Wir haben das bereits alles: Wald, Holzindustrie und den Holzbau. Und das zu den geringsten Zusatzkosten pro gespeicherter Tonne CO2. Und: Einzig der Holzbau bringt unter den CCS-Ansätzen zusätzlich wesentliche Substitutionseffekte mit, indem er emissionslastige Baumaterialien ersetzt.
Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass die Schweiz als weltweit einziges Land mit dem Verein Holzsenke Schweiz [6] ein CO2-Projekt im Holzbereich seit 2014 führt. Das Projekt setzt bei den Sägereien an und ist im regulierten Markt (compliance market) unterwegs, wo der Staat sich die Klimaleistung von Schnittholz anrechnet und über Abgaben auf Treibstoff entschädigt. Das Projekt ist gut und wichtig für die Schweizer Holzindustrie und wird 2030 vermutlich durch ein zeitgemässeres Setting abgelöst werden.

 

CO2-Speicheransätze (Carbon Removals), ganz links der Holzbau (Timber in Construction). (Quelle: IPCC, Sixth Assessment Report))

Neuer Ansatz
Unter den vorstehenden Prämissen hat Timber Finance [7] im 2022 begonnen, einen neuen Ansatz für CO2-Holzbauspeicherzertifikate unter dem VCS-Standard [8] für den freiwilligen Markt zu entwickeln. Nach drei Jahren wurde die Methode mit viel Verzögerung im Herbst 2024 eingereicht und es wird erwartet, dass die Methodologie für den DACH-Raum im Frühjahr 2025 nach einer weltweiten Vernehmlassung (Public Consultation) anerkannt wird, wodurch die Projekte zertifizierungsfähig werden.
Kernstück des neuen Ansatzes ist, dass die CO2-Speicherleistung (Carbon Removal) in der Tragstruktur des verbauten Holz’ gemessen, zertifiziert und über Jahre nachgewiesen wird. Zusätzlich kann dort nebst der Speicherleistung auch die Substitutionsleistung durch den Ersatz von Stahl und Beton validiert werden, was zu zusätzlichen CO2-Vermeidungszertifikaten (Carbon Avoidance) führt.
Damit setzt das Konzept auch bewusst beim Entscheider an, also bei denjenigen, die entscheiden, aus welchem Material die Baute erstellt werden soll (Pull-Effekt). Sie sollen für ihre Klimaleistung «in Holz zu bauen» entschädigt werden, solange wie die jährliche Holzbauquote nicht über eine bestimmte Prozentzahl steigt. Der Ansatz richtet sich – um Mitnahmeeffekte zu verringern – vor allem an institutionelle Bauherren von Renditeliegenschaften, die mehrheitlich aus Kostengründen immer noch auf Holzbauten «verzichten».
Doch was hat der Wald davon? Im Swiss Finishing, d. h. der Adaption der internationalen Methodologie auf Schweizer Verhältnisse, erhält der Bauherr für sein Bauprojekt nicht die ganze CO2-Entschädigung. Ein Teil der CO2-Vergütung – Stand heute Fr. 20–30/fm für am Polter gemessenes sägefähiges Stammholz – geht zurück in den Wald für spezifische, unterfinanzierte Waldmassnahmen zur Förderung der Stammholzproduktion ab Waldverjüngung bis Ernte. Damit will die Methodologie auch die Wettbewerbsfähigkeit des Stammholzes gegenüber dem Energieholz stützen, da immer mehr niedrigere Holzsegmente verbrannt und nicht verbaut werden. Damit soll ein Push-Effekt beim Anbieter erzielt und die langfristige Stammholzversorgung der Industrie unterstützt werden.

 

(Bild: zVg Timber Finance)

Pilotprojekte
Timber Finance hat im Herbst 2024 mit der Pilotphase begonnen, indem sie den Ansatz schweizweit an rund 20 Holzbauprojekten und an sechs Waldprojekten kalibriert. Hierfür arbeitet sie in Graubünden mit Partnern wie der Holzvermarktung Graubünden AG [9] (HVM) zusammen, die für ihre Vertragsgemeinden und Sägereien die Parameter der Rundholzpolter inkl. Bescheinigungen bereits für Abrechnungszwecke erfasst. Am Pilotprojekt nimmt auch Vincenzo Galati, der innovative Förster von Flims Trin Forst [10] teil, um erste Erfahrungen zu sammeln und zusätzlichen Wert in seinen Wald zu bringen. Der Ansatz von Timber Finance lässt sich auch gut mit bestehenden Ansätzen im Wald z. B. derjenigen des Wald Klimaschutz Schweiz [11] kombinieren. Letzterer entschädigt stehendes Holz. Timber Finance liegendes und verbautes Stammholz.

(Bild: zVg Timber Finance)

Technisches
Wie bei allen CO2-Konzepten muss auch der Timber-Finance-Ansatz solide und anerkannte methodische Antworten zu den Kriterien Messbarkeit, Verifizierbarkeit, Additionalität, Doppelzählung und Permanenz liefern, um qualitativ die höchsten Anforderungen zu erfüllen und die besten Preise zu erhalten. Hierfür gibt es Standardorganisationen, die Methoden akkreditieren und anerkennen. Timber Finance hat sich für den weltweit führenden Industrieansatz von VERRA [12] entschieden, da die Zertifizierung eben nicht im Wald, sondern im Bereich Bau (Con­struction) stattfindet.
Der Markt ist in Bewegung. Kurzfristig etwas unsicher, aber langfristig mit guter Perspektive. Es wird kein Weg an Carbon Removals vorbeiführen, d. h. der Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre. Hier ist die Holzkette als technologisch ausgereifte, schnell skalier- und umsetzbare Lösung gut positioniert, bis ihr ganzes Potenzial in der Schweiz von zusätzlich jährlich rund 1 Mio. fm aus dem Wald in den Holzbau transformiert wurde. Bündner Waldbesitzer und Bauherren sind eingeladen, mit ihren Projekten über die Holzvermarktung Graubünden AG oder direkt bei Timber Finance teilzunehmen.
Timber Finance entwickelt klimarelevante CO2- und Finanzprodukte, um die Klimaleistung von Holz zu monetarisieren, d. h. in Wert zu setzen, um Holz für die CO2- und Finanzmärkte und Anleger investierbar zu machen. Nebst der weltweit ersten CO2-Methodologie für den Holzbau lancierte Timber Finance 2023 als Berater einer führenden Kantonalbank ein Investmentprodukt [13], wo Anleger/innen an der Schweizer Börse diversifiziert in die boomende, CO2-relevante Holzindustrie investieren können. Die Holzbranche, die einzige börsenkotierte Industrie, die mit ihren Produkten Negativemissionen ermöglicht.
Timber Finance ist offen für alle Interessierten. Werden Sie auch Vereinsmitglied.
Thomas Fedrizzi [14] ist als Kult. Ing. ETH und Finanzspezialist Co-Gründer von Timber Finance, arbeitet seit Jahren an der Schnittstelle zwischen der Wald- und Holzwirtschaft und den CO2- und Finanzmärkten und als Verwaltungsrat bei der Holzvermarktung Graubünden AG engagiert.

Thomas Fedrizzi ist Co-Founder und Verwaltungsrat von Timber Finance.

Weitere Informationen

[1] https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg3/figures/chapter-12/ccbox-8-figure-1
[2] https://unfccc.int/sites/default/files/resource/a64-sb001-aa-a05.pdf
[3] https://climate.ec.europa.eu/eu-action/carbon-removals-and-carbon-farming_en
[4] https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/dossiers/magazin-2022-2-dossier/negativemissionstechnologien-notwendiges-standbein-der-klimapolitik.html
[5] https://about.bnef.com/blog/five-need-to-knows-about-the-future-of-voluntary-carbon-offset-markets/
[6] https://ssh-pbs.ch/
[7] https://timberfinance.ch/carbon-solutions/
[8] https://verra.org/methodologies/methodology-for-mass-timber-constructions/
[9] https://www.hvm-gr.ch/co2
[10] https://www.flimstrinforst.ch/
[11] https://www.wald-klimaschutz.ch/
[12] https://verra.org/
[13] https://www.six-structured-products.com/de/zertifikat/-CH1235763658
[14] https://www.linkedin.com/in/thomas-fedrizzi-­330a321b8/

Schweizer Wald - der Schlüssel zur CO2-Senke

Die Wald-Klimaschutz-Projekte von Wald-Klimaschutz Schweiz tragen wesentlich zum Umwelt- und Naturschutz bei, indem sie CO2-Emissionen durch nachhaltige Forstwirtschaft und Wiederaufforstung binden. Diese Projekte bieten den Forstbetrieben, die als Projekteigner fungieren, finanzielle und ökologische Vorteile, stärken die biologische Vielfalt und die Resilienz der Wälder gegenüber dem Klimawandel. Gerade auch in den gebirgigen Regionen der Schweiz konfrontiert der Klimawandel die Forstbetriebe mit spezifischen Herausforderungen, darunter Extremwetterereignisse und Schädlingsausbrüche, die durch steigende Temperaturen und veränderten Niederschlagsmuster intensiviert werden. Diese Bedingungen erfordern eine Anpassung der Waldbewirtschaftung, um die nachhaltige Leistung des Waldes als CO2-Senke sicherzustellen. Petra Hirsig-Geiger, Simon Tschendlik

Wald-Klimaschutz-Projekte: klimaoptimierte Waldbewirtschaftung und Holznutzung
Die Wald-Klimaschutz-Projekte zeichnen sich durch ihre ganzheitlichen Ansätze aus, die sowohl ökologische als auch ökonomische Ziele verfolgen. Sie verbessern die Biodiversität, indem sie Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten schaffen oder erhalten. Sie tragen dazu bei, dass die Klimaleistungen des Waldes, wie die Sequestrierung, die Speicherung von CO2 in Holzprodukten und die Substitution fossiler Rohstoffe, entscheidend zum Klimaschutz beitragen. Die Forstbetriebe, die ein Wald-Klimaschutz-Projekt ausarbeiten und zertifizieren lassen, können durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten finanzielle Mittel generieren, die es ihnen ermöglichen, nachhaltige Forstwirtschaftspraktiken zu implementieren. Diese Praktiken umfassen unter anderem die selektive Nutzung von Holz und die Erhaltung alter Baumbestände. Damit der Wald seine wichtigen Leistungen weiterhin erbringen kann, ist eine Anpassung des Waldes an den Klimawandel von grösster Bedeutung. Die Waldwirtschaft steht vor riesigen Herausforderungen, die mit hohen Anpassungskosten einhergehen. Forstbetriebe, die ein Wald-Klimaschutz-Projekt ausarbeiten, zertifizieren lassen (auf eigene Kosten) und es 30 Jahre nachhaltig bewirtschaften, können dank des Verkaufs von CO2-Zertifikaten Mittel generieren, die es ihnen ermöglichen, nachhaltige Forstwirtschaftspraktiken zu implementieren. Dadurch wird die Gesundheit und Vielfalt der Wälder langfristig gesichert.

Gemeinsam für den Wald als Klimaschützer
Wie erwähnt, stehen die Schweizer Wälder und somit deren Waldeigentümer und Forstbetriebe unter enormem Druck. Der Klimawandel und dessen Auswirkungen laufen so rasch ab, dass zwischenzeitlich fraglich ist, ob im Wald die vielfältigen Waldleistungen wie die Holzproduktion, Schutz vor Naturgefahren oder Wald als sicherer Erholungsraum für unsere Gesellschaft weiterhin erbracht werden können, wenn keine umfangreichen Massnahmen eingeleitet werden. Die Fähigkeit der laufenden Senkeleistung des Waldes ist unbestritten, der Wald ist demnach ein entscheidender Akteur bei der aktiven CO2-Entnahme aus der Atmosphäre (auch Sequestrierung genannt), was sein Beitrag zum Klimaschutz relevant macht. Bürgergemeinden, in deren Besitz sich über 40 % des Schweizer Waldes befinden, haben eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, die Wälder für die Zukunft und den Klimaschutz fit zu machen.

Auch auf nationaler Ebene spielt der Wald eine entscheidende Rolle als CO2-Senke. Laut dem National Inventory Report 2023 beträgt die durchschnittliche jährliche CO2-Senkenleistung des Schweizer Waldes etwa 1,53 Millionen Tonnen CO2. Diese Menge wird von der Schweiz in ihrer nationalen Klimabilanz berücksichtigt und an das Klimasekretariat in Bonn rapportiert. Die Waldeigentümer werden vom Bund, für die CO2-Senkenleistung die in der nationalen Klimabilanz angerechnet wird, allerdings nicht entschädigt. Waldeigentümer sehen dies kritisch, da aus ihrer Perspektive eine finanzielle Entschädigung für die Pflege und Nutzung des Waldes angebracht wäre.

Denn eine der grossen Herausforderungen für Waldeigentümer ist die Forderung nach einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder zugunsten der Klima-, Energie- und Umweltpolitik, bei einem sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Die schweizerische Forststatistik 2023 weist bei 649 aktiven Forstbetrieben in der Schweiz ein Defizit von fast 17,9 Millionen Franken aus, was pro Betrieb ein durchschnittliches Defizit von ca. 27500 Franken pro Jahr bedeutet.

Holznutzung im Gebirgswald mit Seilkrananlage in Davos.(Bilder: PLD-Davos)

Unterstützung durch Wald-Klimaschutz Schweiz
Wald-Klimaschutz Schweiz, gegründet 2019, unterstützt die Waldeigentümer durch die Initiierung und Verwaltung von CO2-Projekten, die mit einer geeigneten Bewirtschaftung einen CO2-Senkeneffekt erzielen. Diese Projekte gewährleisten weiterhin die Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktionen des Waldes und leisten gemeinsam mit den Waldeigentümern einen nationalen Beitrag zum Klimaschutz. Wald-Klimaschutz Schweiz ist eine Plattform über die Waldeigentümer und Forstbetriebe ein individuelles, auf sie zugeschnittenes CO2-Projekt realisieren können. Das Ziel des Vereins, eine klimaoptimierte Waldbewirtschaftung zu fördern. Die durch die klimaoptimierte Waldbewirtschaftung entstehenden Aufwendungen, Verzichte und Verpflichtungen werden durch den Erlös aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten finanziert. Dabei richten sich die Zertifikate primär an Unternehmungen in der Schweiz, die Klimaemissionen generieren. Die auf dem freiwilligen Markt angebotenen Zertifikate eignen sich zum Ausgleich nationaler Emissionen in der Schweiz und bieten, neben dem Beitrag an den Klimaschutz, den Käufern auch die Chance die vielen positiven Marketingaspekte zu nutzen. Denn ein Schweizer Projekt mit einem/einer lokalen Förster/in, mit dem Wald vor der Haustür, der Möglichkeit mit Kunden und Angestellten Teamanlässe und Walderlebnisse anzubieten. Eine Portion Swissness, ermöglicht es Schweizer Unternehmen, Klimaschutz in der Heimat zu leben, anstatt Kompensationsprojekte im globalen Süden, welche nicht prüfbar sind, zu fördern. Mit den generierten Erträgen aus dem Zertifikat Verkauf können ökonomische Unsicherheiten und Herausforderungen, die sich der Schweizer Waldwirtschaft zahlreich stellen, abgefangen werden. Neben dem Umstand, dass die Projekte von den Abnehmern in der Schweiz besucht werden können, sind alle Projekte transparent nach der Norm ISO 14064-2:2019 zertifiziert und durch den TÜV NORD auditiert.

Alpwaldungen Nüsäss auf dem Furnerberg.

Kaskatennutzung: Verlängert die Speicherung von CO2
Der Wald spielt nicht nur durch seine Sequestrierungsleistung eine wichtige Rolle im Klimaschutz, sondern auch durch die geschickte Nutzung seines Holzes. Geerntetes Holz speichert so lange CO2, wie es in langlebigen Produkten wie Baumaterialien oder Möbelstücken genutzt wird. Besonders Bauholz, das über Jahrzehnte in Gebäuden gebunden bleibt, trägt erheblich zur Kohlenstoffspeicherung bei. Kurzlebigere Produkte wie Toilettenpapier haben hingegen eine geringere Speicherleistung.

Zusätzlich leistet Holz als Substitutionsgut einen wichtigen Beitrag zur Klimabilanz. Der Einsatz von Holz statt konventioneller Materialien wie Beton oder Stahl im Bauwesen oder die Verwendung von Holz als erneuerbarer Energieträger anstelle fossiler Brennstoffe verbessert die Umweltbilanz erheblich.

Die nachhaltige Bewirtschaftung der Schweizer Wälder basiert auf einem Ansatz, der sowohl die Wachstums- und Speicherphase der lebenden Biomasse als auch die Nutzung des Holzes berücksichtigt. Dabei steht die Vision der Kaskadennutzung im Zentrum. Dieses Prinzip maximiert die Nutzungseffizienz des Rohstoffs Holz und trägt langfristig zur Verbesserung der Klimabilanz bei.

Bei der Kaskadennutzung wird Holz zunächst in langlebigen Produkten wie Bauholz mit minimaler Verarbeitung verwendet, wodurch der Kohlenstoff über viele Jahrzehnte gebunden bleibt. Anschliessend kann dasselbe Holz weiterverarbeitet werden, etwa zu Holzwerkstoffen für den Innenausbau oder Möbelbau, wodurch der gebundene Kohlenstoff weiterhin über mehrere Jahre erhalten bleibt. In einer weiteren Stufe entstehen zellulosebasierte Produkte. Erst am Ende ihres Lebenszyklus werden diese Produkte als Rohstoff für die Energieerzeugung genutzt.

Dieses Prinzip der Mehrfachnutzung schont Ressourcen, reduziert Abfall und minimiert die Umweltauswirkungen – ein integraler Bestandteil des modernen Klimaschutzes.

Waldungen der Gemeinde Klosters-Serneus.

Noch nicht am Ziel
Aus heutiger Sicht ist die Kaskadennutzung von Holz in der Schweiz noch nicht vollständig umgesetzt. Gemäss der schweizerischen Forststatistik werden gut 56% des nationalen Holzeinschlags direkt für die energetische Nutzung verwendet. Dabei wird das über Jahrzehnte im Holz gebundene CO2 sofort wieder freigesetzt. Ein weiterer substanzieller Teil des eingeschlagenen Rundholzes wird ins Ausland exportiert, während Halbfabrikate und Fertigfabrikate aus Holz für die Bauindustrie hauptsächlich aus dem umliegenden Ausland importiert werden.

Um die Klimasenkenleistung des Waldes langfristig sicherzustellen, ist ein integraler Ansatz erforderlich. Einerseits muss die Waldbewirtschaftung darauf ausgerichtet werden, die Sequestrierungsleistung des Waldes sowohl kurz- als auch langfristig zu maximieren. Dies setzt die Pflanzung zukunftsfähiger und klimaresistenter Baumarten voraus. Solche Massnahmen erhöhen die Resilienz des Waldbestandes gegenüber klimatischen Veränderungen.

Andererseits sollte die Holzproduktion so gesteuert werden, dass möglichst hochwertiges Holz heranwächst. Dieses Holz erfüllt die qualitativen Ansprüche der Sägeindustrie und kann den höchsten Kaskadenstufen zugeführt werden. Durch diese Strategie wird der Wert des Holzes gesteigert, die Kaskadennutzung gefördert und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet.

Wirkungsweise der generierten Mittel, aus dem CO2-Zertifikate Verkauf. (Grafik: Wald-Klimaschutz Schweiz)

Schlussfolgerung
Die Projekte von Wald-Klimaschutz Schweiz sind entscheidend für die Klimaschutzstrategie der Schweiz. Sie ermöglichen es Forstbetrieben, trotz wirtschaftlicher Herausforderungen, durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten und die Implementierung nachhaltiger Praktiken, den Wald als wichtige Ressource für den Klimaschutz zu erhalten und zu nutzen. Diese Projekte bieten eine nachhaltige Finanzierungsquelle und unterstützen die lokale Wirtschaft, während sie gleichzeitig zur Erreichung der nationalen und internationalen Klimaziele der Schweiz beitragen.

Weitere Informationen

www.wald-klimaschutz.ch

 

Petra Hirsig-Geiger ist Projektmanagerin von Wald-

Klima­schutz Schweiz. Simon Tschendlik ist Geschäftsführer Wald-Klimachutz Schweiz.

 

 

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