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«Bündnerwald» Juni 2020

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis zum Artikel "Eiche fördern, heisst Eiche kennen" von Patrick Bonfils, Denis Horisberger, Raffael Ayé, Pascal Junod, Erich Tiefenbacher, Vivien Pleines, Stefan Studhalter, Christian Rellstab und zum Artikel "Die Eiche wehrt sich" von Madeleine S. Günthardt-Goerg, Pierre Vollenweider, Andreas Rigling publiziert im Bündner Wald, Ausgabe Juni 2020.

Quellenangaben zu Artikel «Eiche fördern, heisst Eiche kennen»
(Bündner Wald, Ausgabe Juni 2020, Seite 8 – 13)


C. Burga und R. Perret 1998: Vegetation und Klima der Schweiz seit dem jüngeren Eiszeitalter. Ott Verlag, Thun, 805 S.
P. Gassmann 2007: L'exploitation de quelques chênaies durant le Lüscherz et l’Auvernier-Cordé. Actes du 27e colloque interrégional sur le Néolithique, Lausanne. Cahiers d’archéologie romande 108, pp. 101-114.
M. Bürgi 1998: Waldentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert. Veränderungen in der Nutzung und Bewirtschaftung des Waldes und seiner Eigenschaften als Habitat am Beispiel der öffentlichen Waldungen im Zürcher Unter- und Weinland. Beih. Schweiz. Z. Forstwes. 84.
P. Bonfils et al. 2015: Die Eiche im Klimawandel. Zukunftschancen einer Baumart. Merkblatt für die Praxis, WSL.
Abegg, M. et al. 2014: Schweizerisches Landesforstinventar. Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt WSL.
ETH-Zürich 2002: Mitteleuropäische Waldbaumarten. Artbeschreibung und Ökologie unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Professur für Waldbau, Professur für Forstschutz und Dendrologie. Eidg. Technische Hochschule Zürich. Unveröffentlicht.
C. Nussbaumer und T. Wohlgemuth 2016: Verbiss bremst die jungen Flaumeichen. Wald Holz 97, 1: 31-33.
A. L. Curtu et al. 2009: Patterns of contemporary hybridization inferred from paternity analysis in a four-oak-species forest. BMC Evol Biol. Dec 7;9: 284.
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C. Rellstab, A. Bühler, R. Graf, C. Folly und F. Gugerli 2016: Using joint multivariate analyses of leaf morphology and molecular-genetic markers for taxon identification in three hybridizing European white oak species (Quercus sQuercus spp.). Annals of Forest Science (2016) 73:669–679.
G. Aas 1998: Morphologische und ökologische Variation mitteleuropäischer Quercus-Arten: ein Beitrag zum Verständnis der Biodiversität. München: IHW-Verlag. 221 S.
Reutimann, O., Gugerli, F., und Rellstab, C. 2020: A species-discriminatory SNP set reveals maintenance of species integrity in hybridizing European white oaks (Quercus spp.) despite high levels of admixture. Annals of Botany. https://doi.org/10.1093/aob/mcaa001

 

Quellenangaben zu Artikel «Die Eiche wehrt sich» (Bündner Wald, Ausgabe Juni 2020, Seite 38 – 44)

Bonfils P., Rigling A., Brändli U.-P., Brang P., Forster B., Engesser R., Gugerli F., Junod P., Müller R., Günthardt-Goerg M.S. (2015) Eiche im Umweltwandel. Zukunftschancen einer Baumart. Merkblatt für die Praxis 55, 12 S. Eidgenössische Forschungsanstalt WSL, CH-8903 Birmensdorf.
BUWAL (2005) Förderung der Eiche. Schriftenreihe Nr. 383, 102 S.
Günthardt-Goerg M.S. (2013) Ozonsymptome an Laubbäumen an ausgewählten Standorten in der Ostschweiz 2008 / 2009 / 2011. S. 1-30. Ostluft  http://www.ostluft.ch  (abgeschlossene Projekte 2008/2009/2011) und https://www.waldwissen.net/wald/klima/immissionen/wsl_fotodokumentation_ozonsymptome/index_DE
Günthardt-Goerg M.S., Bonfils P., Rigling A., Arend M. (2016) Wie meistert die Eiche den Klimawandel? Zürcher Wald 3, 4-7.
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Horisberger D., Meylan M. (2009) Aire et gestion des ressources en chêne du canton de vaud : dossier d’un avenir immédiat. Schweiz. Z. Forstwes. 160, 65-73.
Kuster T.M., Dobbertin M., Günthardt-Goerg M.S., Schaub M., Arend M. (2014) A Phenological Timetable of Oak Growth under Experimental Drought and Air Warming. PLoS ONE 9(2): e89724.Paoletti E., Günthardt-Goerg M.S. (2006) Growth responses and element content in Quercus pubescens seedlings under acidic and heavy metal contamination. Forest, Snow and Landscape Research, 80/3, 323-337.
Rigling A., Trummer D., Wasem U., Feichtinger L. (2015) Schlussbericht Aufforstungsprojekt Lötschberg-Südrampe. Unveröffentlicht.
Tausz-Posch S., De Kok L.J. (2020) Plant functioning in a changing global atmosphere. Plant Biology 22 suppl. 1.
Vitasse Y., Schneider L., Rixen C., Christen D., Rebetez M. (2018) Increase in the risk of exposure of forest and fruit trees to spring frosts at higher elevations in Switzerland over the last four decades. Agricultural and Forest Meteorology, 248, 60-69.
Vollenweider P., Menard T., Arend M., Kuster T.M., Günthardt-Goerg M.S. (2015) Structural changes associated with drought stress symptoms in foliage of Central European oaks. Trees-Structure and Function 30/3, 883-900.

https://www.wsl.ch/de/projekte/querco-1.html

https://www.proquercus.org/

 

 

Die Eiche wehrt sich

Die Experimente mit jungen Eichen zeigen die grosse Anpassungsfähigkeit der Schweizer Eichenarten gegenüber Hitze und Trockenheit und belegen ihr grosses Potenzial, sich auch bei fortschreitendem Klimawandel behaupten zu können. Die Schlussfolgerung ist, dass die verschiedenen Eichenarten eine zentrale Rolle bei der Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel spielen werden und speziell gefördert und angebaut werden sollten. Autoren: Madeleine S. Günthardt-Goerg, Pierre Vollenweider, Andreas Rigling

Klimawandel
Durch die Aktivitäten einer exponentiell wachsenden Bevölkerung mit ihrem wachsenden Energieverbrauch (Verbrennung, Transport, Industrie, Wechsel in der Landnutzung) reichern sich langlebige Gase in der Atmosphäre an. Die Kohlenstoffdioxid-Konzentrationen sind in den letzten 250 Jahren am meisten gestiegen (um 120 ppm), aber auch Methan und troposphärisches Ozon ­haben zugenommen. Im Gegensatz zu den schädlichen erhöhten Ozonkonzentrationen sind die ­höheren Kohlendioxidkonzentrationen für die Pflanzen vorteilhaft. Sie fixieren das CO2 via Fotosynthese in pflanzlichen Stoffen und entziehen es so der Atmosphäre. Die genannten Grünhausgase führen aber weltweit zu einer Erwärmung, welche laut Hochrechnungen in unserem Jahrhundert 1,8 bis 4 °C. betragen könnte. Dadurch könnten sich die Niederschläge verändern und Klimaextreme häufiger auftreten. Dies sind vermehrt Trocken- und Hitzeperioden, Stürme und vielleicht auch Spätfröste (Tausz-Posch and De Kok, 2020). Wir fragen uns, wie die Eichen darauf reagieren werden.

Kulturgut
Die Eiche (Abbildung 1) ist ein jahrtausendealtes Kulturgut und wird schon in der Bibel erwähnt. Vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert waren Eichen­wälder in Europa häufig und dienten den Menschen als Ressource. Dennoch begann der Niedergang der Eiche schon im späten Mittelalter, da bei einer wachsenden Bevölkerung mancher Wald zum Feld wurde. Des Öftern fielen Wälder dem Bau (Kathedralen, Schiffe, Eisenbahnschwellen) zum Opfer. Die Eiche blieb ein Symbol für Stärke, Schutz und Standhaftigkeit. Eicheln und die einzigartig gelappten Blätter sind deshalb beliebte Motive auf Stoffen, Karten und Wappen. Eichen spielen eine Rolle in Sagen, Ortsnamen, Sprichwörtern und Redensarten. Dauerhaftes Eichenholz ist nach wie vor sehr gefragt und Eichenrinden­extrakt wird als Naturheilmittel verwendet, während früher das Gerben mit Eichenrinde sowie die Schweinemast und Kaffeeersatzproduktion eine wichtige Rolle spielten.

Verbreitung
Die Gattung Eiche umfasst grob 500 Arten, 175 davon wachsen in Nord- und Mittelamerika, 320 in Europa und Westasien, 14 in Mitteleuropa wild und kultiviert und 4 in der Schweiz (einheimisch: Stiel-, Trauben-, Flaum- und Zerreiche; angepflanzt: Roteiche). Die Stiel-, Trauben- und Flaumeichen wachsen als Einzelbäume bis 1400 und im Bestand bis 700 m ü. M. (Flaumeiche bis 1300). Sie haben unterschiedliche Standortansprüche. Die Stieleiche ist anspruchslos betreffend die Böden, steigt bis in die submontane Stufe und ist in ozeanischem ebenso wie in kontinentalem Klima beheimatet. Auf Trockenheit reagiert sie aber empfindlicher mit geringerer Fotosyntheseleistung als die Trauben- und Flaumeiche (Günthardt-­Goerg et al. 2016). Die Traubeneiche wiederum gilt als empfindlich gegen Winterkälte und zusammen mit der Flaumeiche auf Spätfrost. Die Wuchsleistung der Flaumeiche ist gegenüber den beiden anderen Schweizer Eichenarten reduziert, dafür liebt sie die zunehmende Sommerwärme und ist robuster gegen Trockenheit. Trotz Genaustausch zwischen den einheimischen Eichenarten über Jahrtausende seit der Rückwanderung nach der Eiszeit sind die verschiedenen Standorteigenschaften der Arten erhalten geblieben. Dank einer überdurchschnittlichen genetischen Variabilität und der nachfolgenden natürlichen Selektion sind jedoch standortangepasste und -spezifische Hybride entstanden (Bonfils et al. 2015). Die Eichen sind mit 100 Jahren im besten Alter, die ältesten Stiel- und Traubeneichen können jedoch 1000 Jahre alt werden. Sie haben in ihrem langen Leben schon wiederholt Klimaschwankungen ertragen. Die Fähigkeit der Eichen, ihre Morphologie und das physiologische Verhalten an herrschende Wachstumsbedingungen auszurichten, bestimmt diese grosse Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft von der Jugend bis ins hohe Baumalter (Bonfils et al. 2015). Im Folgenden berichten wir über einige Ergebnisse aus dem WSL-Experiment Querco und begleitenden Beobachtungen aus der WSL-Baumschule, welche die Anpassungsfähigkeit junger Eichen zeigen. Schliesslich stellen wir die Erfahrungen mit Aufforstungen in zwei Beispielen vor.

Eichenblätter
Die Blätter der drei häufigsten Eichenarten in der Schweiz unterscheiden sich. Insbesondere diejenigen der Flaumeiche zeigten im Experiment eine genetische Anpassung an Trockenheit. Sie haben allgemein kleinere und schmalere Blätter mit weniger Blattnerven, welche zu Blattbuchten führen und stärkerer Behaarung der Blattunterseite. Diese Merkmale waren auch verstärkt bei allen drei Arten an Blättern, welche unter trockenen Bedingungen ausgetrieben hatten (Günthardt-Goerg et al. 2013, Abbildung 2; A, B, C), was die Artunterschiede verkleinerte. Die Blätter überdauerten kurze Trocken- oder Hitzeperioden unbeschädigt und nahmen ihre Funktionen (Fotosynthese) bei erneuten Niederschlägen sofort wieder auf (Günthardt-Goerg et al. 2016). Erst nach drei Wochen mit sehr trockenem Boden (Bodenwasser < 0,06 m3 m-3) begannen die Blätter vom Blattrand her auszutrocknen, wobei die innere Blattfläche immer noch funktionsfähig blieb (Abbildung 2; D, E, F). Das Absterben der Zellen ist ein komplizierter kontrollierter Prozess zum Schutz und zur Erhaltung der wichtigsten Blattgewebe (Vollenweider et al. 2015). Da mit den Klimaveränderungen häufiger längere Schönwetterperioden im Sommer erwartet werden, steigen auch die Ozonkonzentrationen. Eichenblätter besitzen ebenso Abwehr­mechanismen, welche verantwortlich sind, dass sie im Vergleich zu anderen Baumarten weniger empfindlich sind auf Ozon (Günthardt-Goerg 2013). Desgleichen sind sie tolerant gegenüber Schwermetallbelastung im Boden (Paoletti and Günthardt-Goerg 2006).

Träger von Biodiversität
Unschätzbar ist der Beitrag der Eiche zur Biodiversität. Sie ist bekannt als wichtiges Habitat für den Mittelspecht, doch bietet sie insgesamt 300 bis 500 Organismen einen Lebensraum. Ihre Gäste umfassen rund 40 Vogelarten. Unzählige Viren, Pilze, Bakterien, Wirbellose, Spinnen, Insekten und Säuger leben von «Eichenfutter», das Totholz abgestossener Äste miteingeschlossen. Abwehrmechanismen erlauben der Eiche schädliche Gäste zu tolerieren. Tannine (Gerbstoffe) und andere sekundäre Pflanzenstoffe in Eichenblättern und Rinde, das kontrollierte Absterben von Blatt- und Astteilen, Gewebebarrieren in Rinde und Wurzeln und die Möglichkeit des Neuaustriebs sind verantwortlich für die Toleranz. Wenn bei der Eiche mit vielen Gästen mehrere Organismen unterschiedlich auf den Klimawandel reagieren, sind Wechselwirkungen schwer voraussehbar. Als Beispiel sei der häufige, aber von den Eichenblättern gut tolerierte Befall mit Mehltau genannt (Abbildung 3). Der wärmeliebende echte Mehltau verbreitete sich im Experiment unerwarteter Weise weniger, und dies sowohl bei Lufterwärmung als auch bei Trockenheit und am deutlichsten beim gleichzeitigen Auftreten beider Faktoren.

Phänologie
Im Experiment wurde der Austrieb der drei Eichenarten während dreier Jahre beobachtet (Kuster et al. 2014). Eine Lufterwärmung um 1 bis 2 °C führte im Durchschnitt zu einem 1 bis 3 Tage früheren Austrieb ohne die jährliche Produktion zu verändern. Auch Trockenperioden im Sommer bewirkten einen 1 bis 2 Tage früheren Austrieb im Folgejahr.

Spätfröste, Lufterwärmung und Trockenstress
In der Analyse von Spätfrostschäden an Fichte, Buche und Obstbäumen zwischen 1975 und 2016 an 50 Schweizer Standorten konnte trotz früherem Austreiben keine Veränderung des Spätfrostrisikos gefunden werden. Spätfröste setzten nicht entsprechend früher ein (Vitasse et al. 2018). Wir beobachteten 84 junge Eichen nach zwei aufeinanderfolgenden Nachtfrösten Mitte Mai (–1 ˚C, und –3 ˚C) bei maximal 5 ˚C tagsüber. Alle Bäume überlebten gut. Der neue Austrieb erfolgte unabhängig vom Ausmass der Frostschäden am Laub (Abbildung 4). Die Frostschäden zeigten sich zuerst als kleine Nekrosepunkte über die ganzen Blätter verteilt. Dies im Gegensatz zu Ozonschäden, welche zwischen den Blattnerven als Gruppen auftreten. Unter den Arten hatte die Stieleiche nach dem Frost am kräftigsten neue Blätter gebildet, die Traubeneiche hingegen am schwächsten. Innerhalb der Arten spielte die Herkunft der Eicheln eine grosse Rolle. Diejenigen aus trockeneren Lagen (Abbildung 4 Stieleiche T und B, Traubeneiche C und Flaumeiche Lk und A) scheinen genetisch für eine höhere Frosttoleranz gewappnet zu sein.
Desgleichen ertrugen die sechs Jahre jungen Eichen im Experiment starke Trockenheit und Lufterwärmung sehr gut (Abbildung 5), aber mit anderen Unterschieden je nach Herkunft. Lufterwärmung zeigte bei drei von vier getesteten Herkünften der Stileichen und zwei der Traubeneiche eine Wachstumsförderung. Das Wachstum war bei allen Eichen verringert durch den starken Trockenstress im Sommer während drei aufeinanderfolgenden Jahren. Kamen nach der Trockenheit jedoch erneute Niederschläge, wurde das vorher reduzierte Wachstum innerhalb weniger Tage wieder aufgenommen.

Eichen in der Schweiz
Die Schweiz hat alte Eichen. Zurzeit beträgt das häufigste Eichenvorkommen in der Schweiz im westlichen Mittelland (Traubeneiche) im Mittel aber nur 7 Prozent der Stammzahlanteile. Die Verjüngung wurde leider vielerorts seit den 1940er-Jahren zugunsten schneller wachsender Fichten vernachlässigt.
Der Anbau von Eichen wird empfohlen und gefördert (www.ProQuercus.ch; BUWAL 2005, Bonfils et al. 2015, Günthardt-Goerg et al. 2016), sodass wohl bald neue Aufforstungen oder geförderte Naturverjüngung wieder für zusätzliche Verjüngung sorgen werden. Es gibt aber immer noch viel Handlungsbedarf und grosses Potenzial, so wäre es zum Beispiel möglich, die Ausdehnung des Eichenareals im Waadtland um 65 Prozent zu steigern (Horisberger et Meylan 2009).

Aufforstung auf einem extremen Trockenstandort
Zwar ist in der Schweiz bisher kein flächiges Eichen­sterben vorgekommen, eine Gefährdung durch neue eingeschleppte Organismen ist jedoch nicht auszuschliessen. Wie oben bereits andiskutiert, müssen wir aber davon ausgehen, dass die zunehmende Trockenheit die Waldverjüngung, gerade auf trockeneren Standorten, in Mitleidenschaft ziehen wird. In einem Aufforstungsprojekt auf den extremen Trockenstandorten entlang der Lötschberg-Südrampe bei Brig wurden deshalb ab Herbst 2012 neun potenziell trockenheitsresistente Baumarten bezüglich Anwuchserfolg getestet. Auf drei Versuchsflächen wurden insgesamt 2120 junge Bäumchen gepflanzt. Nach rund drei Jahren, im Herbst 2015, wiesen die Blumenesche (56 %), die Flaumeiche (46 %) und die Gemeine Esche (45 %) die besten Anwuchserfolge auf, gefolgt von Waldföhre (35 %), Schwarzföhre (31 %) und Mehlbeere (31 %). Die geringsten Anwuchserfolge zeigten der Schneeballblättrige Ahorn (17 %), die Douglasie (6 %) und die Steineiche (1 %), welche aber vermutlich den starken Spätfrösten zum Opfer fiel. Die einheimische Flaumeiche zeigte sich also auch in der Installationsphase als verhältnismässig gut an die extreme Trockenheit im Wallis angepasst (Rigling et al. 2015).

Klimawandel: von Fichten- zu gemischten Eichenbeständen
Ein Privatwald in der Nähe von Lausanne wurde von den Stürmen Lothar und Martin Ende 1999 und anschliessend von Borkenkäferbefall schwer getroffen. Bis Ende 2002 waren mehr als 60 Prozent der hauptsächlich mit Fichten bestockten Fläche verwüstet. Angesichts der Politik des Kantons Waadt, wieder vermehrt Eichenwälder aufzubauen, und der Verfügbarkeit von geeigneten Traubeneichenpflanzen aargauischer Herkunft, konnte 2003 anstelle der verwüsteten Fichtenplantage ein Stück Eichenmischwald (mit Schwarzerle und Hainbuche) angelegt werden. Mit der entsprechenden Räumung für die lichtbedürftigen zukünftigen Baumarten, einigen zusätzlichen Pflanzungen (2004 und 2006) und sorgfältiger jährlicher Pflege ist dieser Bestand prächtig gediehen. Er besteht heute zu 70 bis 80 Prozent aus Eichen, mit Bäumen von über 10 Metern Höhe und einem Durchmesser von oft mehr als 15 cm in Brusthöhe (Abbildung 6) und dies trotz häufiger grösserer Trockenzeiten (2003, 2015 oder 2018) und wiederholtem Nassschneefall (Schneebruch, insbesondere 2005).
Die beiden Beispiele und viele erfolgreiche Eichenaufforstungen im Schweizer Mittelland ermutigen, mit Eichenpflanzungen fortzufahren. Heute würde das englische Volkslied «Let oak trees grow … for a mighty realm» weniger heroisch eher so lauten: Lasst den Eichen Raum zum Wachsen, denn sie wehren sich erfolgreich gegen die Unbill des Klimawandels.

Madeleine S. Günthardt-Goerg ist Senior Scientist (Reaktionen von Bäumen auf Umweltveränderungen) an der Eidg. Forschungsanstalt WSL, Walddynamik.
madeleine.goerg@wsl.ch

Pierre Vollenweider ist Forscher (funktionelle Pflanzenanatomie und -ökologie) an der Eidg. Forschungsanstalt WSL, Walddynamik und Privatwaldbesitzer
pierre.vollenweider@wsl.ch

Andreas Rigling ist Forstingenieur und Waldökologe
an der Eidg. Forschungsanstalt WSL und der ETH Zürich
andreas.rigling@wsl.ch

Referenzen unter www.buendnerwald.ch

Eichenförderung im Domleschg

Die einheimische Traubeneiche kann offensichtlich gut mit Trockenheit umgehen und sollte somit vom Klimawandel und den damit einhergehenden veränderten Bedingungen (Anstieg der mittleren Jahrestemperatur, Abnahme der mittleren Sommerniederschläge) profitieren können. Als Herberge für Hunderte von Arten wird ihr ein hoher Naturwert zugesprochen. Auch deshalb wollen wir die Traubeneiche bei uns haben und fördern sie mit Leib und Seele entsprechend den waldbaulichen und betrieblichen Handlungsoptionen. Autoren: Lukas Kobler, Karl Ziegler

Ausgangslage und Zustand
In den Jahren 2001 und 2002 wurde im Auftrag des damaligen Amts für Wald Graubünden von Maurizio Veneziani (dipl. Forsting. ETH) das Konzept zur Erhaltung und Pflege naturkundlich und landschaftlich wertvoller Eichenwälder im Gebiet Domleschg-Heinzenberg erarbeitet. Einleitend heisst es darin: Das Gebiet Domleschg/Heinzenberg weist besondere Klima-, Boden- und Vegetationsverhältnisse auf. Diese und die verschiedenen Nutzungsformen der letzten Jahrhunderte haben zur Entstehung einer strukturreichen Landschaft geführt, die von einer reichhaltigen Biodiversität charakterisiert ist. Ein Aspekt dieser Biodiversität ist der Reichtum an Traubeneichen, die im Gebiet bestandes- und gruppenweise, wie auch als Einzelbäume vorkommen. Natürliche Traubeneichenwälder sind in der Schweiz ziemlich selten. Die heutige Verbreitung der Traubeneiche ist stark kulturlandschaftlich geprägt. Bei nachlassender Pflege und Nutzung würde die Traubeneiche rasch an Areal einbüssen oder teilweise sogar ganz verschwinden.

Die Situation hat sich gegenüber 2001/2002 ­insofern verändert, als dass aufgrund des «Eichenkonzepts» und insbesondere entsprechend den Zielsetzungen der Waldentwicklungsplanung und Projektvorschriften Biodiversität verschiedene Massnahmen zur Erhaltung und Förderung der Eichenvorkommen umgesetzt werden konnten.
Im Domleschg/Heinzenberg wurden rund 60 flächige Eichenvorkommen und Waldränder mit hohem Eichenanteil mit einer Gesamtfläche von ca. 85 ha beschrieben und kartografisch festgehalten (vergleiche Abbildung 1: Eichenvorkommen Domleschg). Im ganzen Gebiet kommt praktisch ausschliesslich die Traubeneiche (Quercus petraea) vor. Sie kann reine Bestände auf trockenen und flachgründigen Böden der kollinen bis submontanen Stufe bilden. Im Domleschg kann sie durch den Föhneinfluss auch höhere Stufen erreichen. Man geht davon aus, dass Pionierstadien der Gamander-Traubeneichenwaldgesellschaft häufig mit Föhren bestockt sind. Heute ist im Gebiet Domleschg/Heinzenberg eine Verbreitung der Eiche augenfällig. Die Föhrenbestände in der Talebene des Domleschg sind, wo die Lichtverhältnisse es zulassen, durchwachsen mit Eichennaturverjüngung, ebenso wie die trockenen bis frischen höheren Lagen des Domleschgs und des Heinzenbergs bis rund 1000 m ü. M. (Tendenz steigend). Forstlich ist grundsätzlich genügend Licht zu schaffen.

Allgemeine Ziele und Massnahmen
In Anlehnung an die übergeordneten Zielsetzungen und das damalige Eichenkonzept verfolgen wir damals wie heute folgende Ziele:

  • vorhandene Eichenbestockungen als seltene, kulturhistorische, landschaftsprägende Elemente und Lebensraum für eine grösstmögliche Anzahl von Pflanzen- und Tierarten (insbesondere für seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet) in ihrer Flächenausdehnung erhalten und erweitern, qualitativ aufwerten und zur vollen Entfaltung ihres Naturwerts flächig verteilen und vernetzen.
  • Betreffend Massnahmen heisst das konkret:
  • offener Waldcharakter mit einer artenreichen Krautschicht schaffen und erhalten
  • Entbuschen (insbesondere Hasel)
  • einwachsende Nadelbäume entfernen
  • Totholz schaffen (stehen und liegend);
  • alte Eichen erhalten
  • Habitatbäume oder Spechtbäume stehen lassen
  • wo zusätzlich andere seltene beziehungsweise besondere Gehölze vorkommen, diese an ihren angestammten Standorten sichern, insbesondere hinsichtlich Klimawandel (Samenbäume erhalten)
  • neue Eichenbestockungen begründen
  • Verjüngung und Bestandesbegründung grundsätzlich mittels Naturverjüngung (Eichenmast ausnutzen), sonst autochthon verjüngen mittels Wildlingen und/oder entsprechende Provenienzen aus dem kantonalen Forstgarten
  • Wildschutzmassnahmen

Besonderes
2010 wurde im Gebiet Spunda Beala (Vergleich unten) eine Dauerbeobachtungsfläche des Instituts für Angewandte Pflanzensoziologie (IAP) eingerichtet und mittels einer Vereinbarung rechtlich gesichert. Die Dauerbeobachtungsflächen dienen der Erhebung wissenschaftlich fundierter Fachkenntnisse bezüglich der Zusammenhänge zwischen Waldgesundheit und Umweltbelastung. Die Datenreihen geben Hinweise über die Entwicklung des Waldzustands und bieten wichtige Grundlagen für forstliche Massnahmen und umweltpolitische Entscheide.

Umsetzungsbeispiele
In der Folge sind hier zwei Beispiele konkreter Massnahmen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung, Pflege und Begründung von Eichenbeständen im Domleschg beschrieben.

1. Eichenprojekt Spunda Beala 2009–2013
Ausgangslage
Am Südhang unterhalb der Ortschaft Scheid an der Spunda Beala stockt ein reiner Edelgamander-Traubeneichenwald (40*). Das Besondere an dieser Fläche ist ihre Höhenlage (1000 bis 1100 m ü. M.) und ihre Flächenausdehnung (6 ha). Damit handelt es sich um einen der höchstgelegenen, reinen Traubeneichenbestände der Schweiz. Das vorwiegend starke Baumholz ist nicht natürlich entstanden, sondern das Produkt einer jahrhundertealten Nutzung durch den Menschen.
So konnten sich diese Bestände über Jahrzehnte erhalten, bis Mitte des letzten Jahrhunderts die Nutzung durch die Landwirtschaft extensiviert wurde. Als Folge davon machte sich in den lichten Eichenbeständen eine üppige Strauchschicht breit, dominiert von der Hasel. Dadurch verschlechterten sich die Ansamungs- und Verjüngungsbedingungen der lichtbedürftigen Eichen massgeblich. Und ohne gezielte Massnahmen würden sich letztlich die Nadelhölzer das Areal zurückerobern.

Ziel/Wirkung
Ziel des Eingriffs ist es, den Eichenbestand als Landschaftselement und Lebensraum mit einer aus­serordentlich hohen Lebensraumqualität und vielen ökologischen Nischen langfristig zu erhalten. Die gemeinsam festgelegten waldbaulichen Ziele und Massnahmen wurden im Rahmen der Anzeichnung durch den Regionalforstingenieur und den Revierförster umgesetzt und sichergestellt. Als Wirkungsgrösse wurde ein Bestand angestrebt, der zu 95 Prozent aus Eichen besteht, einen Deckungsgrad von maximal 75 Prozent aufweist und eine Kronenlänge der Stabilitätsträger von mindestens ½ aufweist.

Massnahmen/Umsetzung

  • Erhaltung naturschützerisch wertvoller alter, grosskroniger Eichen mit Baumhöhlen, Totholz oder Eichenstöcke erhalten
  • lichte bis lückige, strauchschichtarme Strukturen schaffen
  • Verjüngungsgruppen mit Schutzmassnahmen begründen
  • Begehungswege zur besseren Erreichbarkeit der Pflegeflächen erstellen
  • Aufgrund der topografischen Gegebenheiten erschien eine Nutzung des Eichenbestands mittels Seilkran als nicht sinnvoll. Der untere Teil des Bestands konnte mittels Bodenzug an die Abfuhrstrasse gerückt werden. Im oberen Bereich des Schlags wurde ein Teil des Holzes mit dem Zappin vorgerückt und der andere Teil als Totholz im Bestand liegen gelassen. So konnte auch den Interessen vieler auf Totholz angewiesener Insekten (Hirschkäfer) Rechnung getragen werden. Die umfangreichen Arbeiten wurden in Regie durch eine einheimische Forstunternehmung ausgeführt.

Entbuschen/Freihalten von Blössen
Ein zentrales Anliegen der waldbaulichen Zielsetzung war die Entfernung der Strauchschicht, die sich zum grössten Teil aus Haseln zusammensetzte. Besonders «schöne» Haselexemplare wurden als sogenannte Bienenweide geschont. Ebenfalls geschont wurde ein grosser Teil der ökologisch wertvollen Dornensträucher (Vogelbrut).

Wildschutzmassnahmen
Damit das angestrebte Ziel, die Schaffung von ­einigen Eichenverjüngungsgruppen erreicht werden konnte, mussten 477 lm Wildschutzzäune erstellt werden. Die Pfosten für diese Zäune konnten vor Ort aus den vorhandenen Eichen hergestellt werden, was die Kosten etwas reduzierte.

Pflanzung
Ein Muss ist das Einbringen von autochthonem Pflanzmaterial. Zu diesem Zweck wurden junge ­Eichen aus einem nahe gelegenen Wildschutzzaun ausgegraben und als Wildlinge in die neuen Verjüngungsflächen eingepflanzt. An einigen Stellen wurden als Alternative zur Pflanzung vor Ort gesammelte Eicheln gesteckt. Diese Massnahme erwies sich aber nur als bedingt effizient, da viele der Eicheln im Winter von Nagetieren als Nahrung genutzt wurden und somit nur ein sehr bescheidener Teil keimen konnte.

Begehungswege
Mit der Erstellung von Begehungswegen kann die Fläche für zukünftig nötige Unterhalts- und Pflegemassnahmen besser erreicht werden.

Ringeln
Die in einem Teil der Fläche reichlich vorkommenden Pappeln wurden «geringelt». So konnte eine starke Verbreitung durch Wurzelbrut verhindert werden.
2. Umwandlungsprojekt Summa Crappa 2011

Ausgangslage
Die Fläche Summa Crappa grenzt südwestlich unmittelbar an den Eichenbestand Spunda Beala an. Darauf stockte ein dichter, reiner Föhrenbestand von qualitativ schlechtem, schwachem bis mittleren Baumholz. Er liegt auf knapp 1000 m ü. M. und hat eine Ausdehnung von 0,75 ha. Nördlich an diese Fläche grenzt ein offener Trockenrasen mit selten vorkommenden Pflanzenarten wie der Fiederzwenke oder dem Blasenstrauch und Arten, die in der Regel im Mittelmeerraum heimisch sind wie der Französische Tragant oder der Schmetterlingshaft (Insekt).

Ziel/Wirkung
Umwandlung des Föhrenbestands in einen standortgerechten Laubmischwald mit Fokus auf die Traubeneiche. Bestandesbegründung und Entwicklung hin zu einem reinen Edelgamander-Trauben­eichenwald nach dem Beispiel der Fläche Spunda Beala. Langfristige Sicherstellung von beigemischten Samenbäumen verschiedener standortgerechter Laubholzarten (zum Beispiel Mehlbeere).

Massnahmen/Umsetzung

  • Föhrenbestand abräumen
  • Schlagfläche räumen
  • Erstellen eines Wildschutzzauns um die ganze Fläche
  • Bestandesbegründung Traubeneichenbestand durch Naturverjüngung
  • Ergänzungspflanzungen autochthoner Trauben­eichen und Speierlinge

Holzernte/Schlagräumung
Der Föhrenbestand wurde über die ganze Fläche im Vollbaumverfahren genutzt, zum Lagerplatz gerückt und an grosse Haufen geschichtet. Die wenigen stabilen Laubhölzer (Birke, Eiche, Mehlbeere) die sich da und dort zeigten, wurden geschont. Mit Grosshackmaschinen wurde das Material gehackt und nach Domat/Ems in die Axpo Tegra geführt. Ein grosser Teil der Räumung konnte maschinell erfolgen.

Wildschutzmassnahmen
Aufgrund des hohen Wildeinflusses wurde um die ganze Fläche ein Wildschutzzaun errichtet. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich das Laubholz auch tatsächlich etablieren kann. Der heute sichtbare Erfolg gibt uns recht.
Bestandesbegründung/Pflanzung
Aufgrund der langjährigen Beobachtungen der Naturverjüngung und Verbreitung der Trauben­eiche im Domleschg wurde bewusst auf die zu erwartende Naturverjüngung gesetzt und auf die Bepflanzung der gesamten Fläche verzichtet. Die angestrebte Umwandlung des Bestands hätte eine Auspflanzung der gesamten Fläche auch nicht rechtfertigen lassen. Es wurden lediglich auf circa einem Viertel der Fläche autochthone, aus dem Nachbarzaun ausgegrabene Eichen als Ergänzung gepflanzt. Als Spezialität wurden noch sechs durch eine Privatperson gezogene Speierlinge im Topf eingebracht. Der Speierling ist eine empfindliche und darum sehr seltene licht- und wärmebedürftige Baumart.

Probleme und Herausforderungen
Bezüglich der Erhaltung und Förderung der Eichen­vorkommen im Domleschg stehen wir folgenden Herausforderungen gegenüber:

Naturverjüngung/Wald-Wild
Der Wildeinfluss auf die Waldverjüngung im Domleschg ist derzeit so hoch, dass selbst verbissunempfindliche Baumarten wie Fichte oder Birke darunter leiden. So leidet auch die Eiche unter dieser äusserst unbefriedigenden Situation. Ausserhalb der Wildschutzzäune ist eine flächige Verjüngung der Eiche nicht möglich und ohne eine deutliche Entschärfung der Situation langfristig nicht sichergestellt. Hinzu kommt die Verbuschung durch den Adlerfarn, wenn sich nicht in nützlicher Frist die Verjüngung einstellt. Die Verbreitung der Eiche wäre dagegen insbesondere durch den Eichelhäher kein Problem.

Nassschneefälle/Schneedruck
Da die Eiche generell und insbesondere deren Jungwuchs sein Laub sehr spät im Herbst oder gar nicht verliert, ist sie besonders anfällig bezüglich Nassschneefällen und den damit einhergehenden Schneedruckschäden. Im Zusammenhang mit den Effekten des Klimawandels werden die Ereignisse vermutlich zunehmen und tendenziell auch in höheren Lagen stattfinden. Um flächige Schäden zu minimieren, muss jeweils gehandelt werden, indem an neuralgischen Punkten Entlastungsaktionen durch Schütteln der Baumkronen organisiert werden. Da die jungen Eichen sehr flexible Stämme haben, können aber auch noch «Aufbindeaktionen» nach den Schneefällen nützlich sein.

Nachhaltige Pflege der Eichenflächen
Eichenförderungsmassnahmen sind, wenn sie Wirkung zeigen sollen, zeit- und kostenintensiv. Massnahmen zur Offenhaltung von lichten Beständen umfassen in der Regel Eingriffe in den Altbestand und in die verjüngungshemmende Strauchschicht. Da diese Baum- und Straucharten nach dem Rückschnitt meist starke Stockausschläge bilden, ist es äusserst wichtig, solche Flächen in regelmässigen, möglichst kurzen Abständen zu pflegen. Auf dem Holzmarkt erzielen unsere Eichen aufgrund der mangelnden Qualität derzeit zudem nur bescheidene Holzerlöse. Damit die Waldbesitzer weiterhin solche Massnahmen umsetzen können, werden weiterhin Fördermittel der öffentlichen Hand oder anderweitige Unterstützungsgelder nötig sein, und zwar nicht nur für den Ersteingriff, sondern insbesondere für die sogenannte Nachpflege als Verantwortung der Bewirtschafter gegenüber den «Investoren».
Auch die Eigentumsverhältnisse machen es nicht immer leicht, die Flächen zu pflegen, geschweige denn die Pflege nachhaltig sicherzustellen. Solange insbesondere dem Privatwaldbesitzer keine Kosten entstehen, ist er bereit, die Fläche pflegen zu lassen(!). Diesbezüglich ist aber auch das entsprechende Bewusstsein für den Naturwert der Eichenvorkommen beim Waldeigentümer und der Bevölkerung zu schaffen. Das schafft nicht nur ökologischen, sondern auch ökonomischen Goodwill.

Zukunftsaussichten
Sich verändernde gesellschaftliche Ansprüche, das nächste Virus und der Klimawandel werden die Forstwirtschaft und die «Waldbauer» vor grosse Herausforderungen stellen. Mit der Eiche haben wir im Domleschg glücklicherweise eine einheimische Baumart, die sich sehr gut an die zu erwartenden klimatischen Verhältnisse anpassen könnte, wenn wir sie lassen. Wir wünschen uns, dass die nachfolgenden Verantwortlichen auf allen Stufen die Weichen so stellen, damit unsere Eiche die Chance erhält, zu zeigen, welch vielfältigen Nutzen sie uns Menschen zukommen lassen kann. Es stimmt: «Man muss die Eiche wollen!» Und sie braucht «Zuneigung» und Pflege, damit sie ihren Konkurrenten, Schädlingen und Erwartungen standhalten kann.

Seit 18 Jahren ist Lukas Kobler beim Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden für den Wald im Domleschg zuständig und leitet seit 2014 die Forstregion Mittelbünden. Karl Ziegler ist Revierförster und leitet seit 31 Jahren das Revierforstamt Ausserdomleschg. 

Quellenangaben
1. Maurizio Veneziani (dipl. Forsting. ETH); Konzept zur Erhaltung und Pflege naturkundlich und landschaftlich wertvoller Eichenwälder im Gebiet Domleschg-Heinzenberg
2. Waldentwicklungsplan 2018+, Mittelbünden/Moe­sano, Amt für Wald und Naturgefahren, Chur, 2018
3. Richtlinie zur Eichenförderung im Naturschutz; Amt für Wald und Naturgefahren, Chur, 2008
4. Bonfils, P.; Rigling, A.; Brändli, U.; Brang, P.; Forster, B.; Engesser, R.; Gugerli, F.; Junod, P.; Müller, R.; Günthardt-Goerg, M., 2015: Die Eiche im Klimawandel. Zukunftschancen einer Baumart. Merkblatt für die Praxis, 55. Birmensdorf, Eidg.      Forschungsanstalt WSL. 12 p.
5. Betriebsplan Ausserdomleschg

Eiche fördern, heisst Eiche kennen

Nach der letzten Eiszeit wanderten zuerst Pionier---gehölze ins Gebiet der heutigen Schweiz ein. Im Wärmeoptimum erreichte dann die anspruchsvollere Eiche ihre maximale Ausbreitung. Seit dieser Eichenmischwaldzeit besteht eine enge Beziehung zwischenen Mensch und Eiche. Diese hält bis heute an und ist umso wichtiger, als die Buche oft noch die konkurrenzkräftigere Baumart ist. Die Förderung der Eiche setzt gute Artkenntnisse voraus. Autoren: Patrick Bonfils, Denis Horisberger, Raffael Ayé, Pascal Junod, Erich Tiefenbacher, Vivien Pleines, Stefan Studhalter, Christian Rellstab

Wald- und Forstgeschichte
Während der letzten Eiszeit (Würm-Glazial, vor ca. 115 000 bis 10 000 Jahren) war der Alpenraum fast vollständig mit Eis bedeckt. Mit der Erwärmung des Klimas zogen sich die Gletscher zurück und machten den Weg frei für die Wiederbesiedlung durch verschiedene Gehölzarten. Pionierarten wie Weiden, Birken, Föhren und die Hasel machten den Anfang. Im Wärmeoptimum des Atlantikums (7500 bis 4500 vor unserer Zeit) konnten sich dann anspruchsvollere Arten wie Ulmen, ­Eichen, Linden, Ahorne und Eschen etablieren. Während dieses nacheiszeitlichen Wärmeoptimums erreichte die Eiche ihre maximale Ausbreitung und prägte den Namen dieser Periode, die Eichenmischwaldzeit. Im darauf folgenden Sub­boreal drängten die Schattenbaumarten Buche (Fagus sylvatica), Fichte (Picea abies) und Tanne (Abies alba) die Eiche allmählich zurück.
In die Eichenmischwaldzeit fällt auch das Neolithikum, die Jungsteinzeit, welche den Übergang zur sesshaften Lebensweise des Menschen markiert. Die frühesten Spuren einer Nutzung von Eichenholz fallen ebenfalls in diese Zeit: So wurden für den Bau einer Ufersiedlung am Wauwilermoos (LU) im Jahre 4300 v. Chr. schon Eichenstämme und -bretter verwendet. Die Beziehung zwischen Mensch und Eiche ist im Laufe der Jahrhunderte immer enger geworden. Viele Orts- und Flurnamen wie Hard, Eyfeld, Chanet, Chassagne unter anderem weisen auch heute noch auf die ehemals grosse Bedeutung der Eiche hin. Im Mittelalter wurde die Eiche für die Schweinemast sehr stark gefördert. Der damals im Mittelland verbreitete Mittelwaldbetrieb und die Nutzung der Eichenrinde für das Gerbereigewerbe hatten eine starke, künstliche Bevorzugung der Eiche zur Folge. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts verloren die Eichenwälder allerdings wieder an Bedeutung und wurden während des 19. Jahrhunderts vielerorts in Nadelholzbestände umgewandelt. Lokal wurde die Eiche aber weiterhin gefördert. Trotz Klimawandel ist es bis heute aber so, dass die Eiche aufgrund der Konkurrenzstärke der Buche vielerorts noch auf die Unterstützung des Menschen angewiesen ist.

Die Ökologie der wichtigsten einheimischen Eichenarten
Die Gattung Quercus, zu der weltweit rund 450 Eichenarten gehören, ist im Schweizer Wald durch vier heimische Eichenarten vertreten: die Stieleiche (Quercus robur L.), die Traubeneiche (Q. petraea [Mattuschka] Liebl.), die Flaumeiche (Q. pubescens Willd.) und die Zerreiche (Q. cerris L.). Hinzu kommt die aus dem Nordosten Amerikas stammende Roteiche (Q. rubra L.), welche Ende des 17. Jahrhunderts in die Schweiz eingeführt wurde. Die in der Schweiz vorkommenden Eichenarten sind mit rund 2 % am Gesamtvorrat des Schweizer Waldes beteiligt (8,1 Mio. m3). Die Traubeneiche hat einen Vorratsanteil von 55 %, die Stieleiche einen solchen von 39 %. Die beiden anderen heimischen Eichenarten, die Flaumeiche und die Zerreiche sind zwar nicht von wirtschaftlicher, dagegen von ökologischer Bedeutung.

Stieleiche (Quercus robur L.)
Die Stieleiche ist ein grosser, bis zu 40 m hoher, unregelmässig verzweigter Baum; der Stamm löst sich oft frühzeitig in starke Äste auf. In der Jugend ist die Stieleiche raschwüchsiger als die Trauben­eiche und erreicht die Kulmination des Höhenzuwachses früher als andere forstliche Hauptbaum­arten. Das mögliche Höchstalter wird auf etwa 1000 Jahre geschätzt.
Die Stieleiche ist eine Baumart mit grosser Klimaamplitude und besiedelt neben ozeanisch geprägten Gebieten auch die deutlich kontinentaleren eurasiatischen Klimaräume. Sie dringt weiter nach Osten, Norden und Süden vor als die Trauben­eiche. Die Hauptverbreitung in der Schweiz liegt in der kollinen und submontanen Stufe. Die Stieleiche besiedelt als Einzelbaum Standorte bis 1400 m ü. M. Im Qualitätswaldbau wird sie bis 600 m ü. M. angebaut. Limitierende Faktoren für die waldbauliche Arbeit sind ihre Empfindlichkeit gegenüber Spät- und Frühfrost sowie der Schneedruck.

Die Traubeneiche (Quercus petraea (Matt.) Liebl.)
Die Traubeneiche ist ein grosser, bis zu 40 m hoher, unregelmässig verzweigter Baum; ihr Stamm ist (im Unterschied zur Stieleiche) häufig bis zum Wipfel durchgehend («wipfelschäftig»). In der Jugend ist sie raschwüchsig (aber weniger als die Stieleiche) und erreicht die Kulmination des Höhenzuwachses früher als andere forstliche Hauptbaumarten. Das mögliche Höchstalter wird auf etwa 1000 Jahre geschätzt.
Die Traubeneiche ist eine Baumart, die vor allem in den ozeanisch geprägten Klimagebieten des subatlantisch-submediterranen Raums gedeiht. Der Verbreitungsschwerpunkt der Traubeneiche in der Schweiz liegt in der kollinen und submontanen Stufe. Sie steigt bis 1400 m ü. M. und kann bis ca. 700 m ü. M. im Qualitätswaldbau verwendet werden. Limitierende Faktoren sind der Wärmebedarf und die Empfindlichkeit gegenüber Spätfrost und Schneedruck. Die Traubeneiche ist eine ausgesprochene Lichtbaumart. Der Jungwuchs erträgt den Schatten etwas länger als die Stieleiche. Sie ist wärmebedürftig und empfindlich gegenüber Winterkälte (gefährdeter als Stieleiche).

Flaumeiche (Quercus pubescens Willd.)
Die Flaumeiche ist ein mittelgrosser, bis zu 20 m (max. 30 m) hoher, unregelmässig verzweigter und oft krummwüchsiger Baum. Ihre Wuchsleistung ist geringer als diejenige der Stiel- und Traubeneiche. Die Flaumeiche ist eine Baumart, die vor allem im submediterranen Raum gedeiht. In der Schweiz liegt ihre Hauptverbreitung in der kollinen und submontanen Stufe. Im Wallis erreicht sie als Einzelbaum 1600 m ü. M.; bestandesbildend kommt sie bis zu 1300 m ü. M. vor. Sie ist nur bedingt nutzholztauglich, wurde aber früher als Brennholz genutzt und kann im Schutzwald eine wichtige Rolle spielen. Als limitierende Faktoren gelten der Wärmebedarf und die Spätfrostempfindlichkeit. Sie kommt auch auf extrem trockenen Felsköpfen vor und ist genügsam in Bezug auf die Nährstoffversorgung. Diese ausserordentliche Genügsamkeit und Überlebenskraft der Flaumeiche kann auf der Waldbrandfläche (2003) in Leuk (VS) beobachtet werden. Aus den verkohlten Stöcken der Flaumeichen sind – auch Jahre nach dem Waldbrand – neue Triebe hervorgegangen.
Artbestimmung
Der erfolgreiche Umgang mit der Eiche erfordert gute Artenkenntnisse und damit auch die Fähigkeit, die verschiedenen Eichenarten voneinander zu unterscheiden. Die sichere Artbestimmung ist wesentlich, um die standortgerechte Bewirtschaftung dieser Baumarten zu gewährleisten (siehe Tabelle 1). Nur so kann sichergestellt werden, dass die «richtige Eichenart auf den richtigen Standort» zu stehen kommt.
Stiel-, Trauben- und Flaumeichen sind zum Teil schwer auseinanderzuhalten; dies umso mehr als diese Eichen sich kreuzen können (hybridisieren, durchmischen). Ein Bestimmungsschlüssel, der von Denis Horisberger entwickelt wurde, erlaubt die Artbestimmung anhand von vier Merkmalen der Blattmorphologie:
1. Verhältnis zwischen Blattspreite und Stiellänge (Abbildung 4).
2. Anzahl Buchtennerven in den drei ersten Blattbuchtenpaaren von der Blattbasis aus gezählt (Abbildung 5).
3. Behaarung des Blattstiels
4. Behaarung des Mittelnervs und der Verzweigung zu den Seitennerven (auf der Blattunterseite)
Mit dem Schlüssel können diese Merkmale beurteilt und die drei einheimischen Eichenarten – die Stiel- (SEi), Trauben- (TEi) und Flaumeiche (FEi) – bestimmt werden.
Aufgrund der grossen natürlichen Formenvielfalt, der Möglichkeit der Durchmischung (siehe unten, «Hybridisierung») und der Wirkung von Umwelteinflüssen kann es vorkommen, dass die Unterscheidungsmerkmale eines Blatts nicht zu den klar definierten Arten führen. In diesem Falle wird die Bezeichnung «Unbestimmt» (UNB) verwendet. Der Bestimmungsschlüssel beschreibt ein morphologisches Kontinuum zwischen der Trauben- und Flaumeiche. Dies begründet die Beschreibung ­einer intermediären Form dieser beiden Arten, welche als TEixFEi bezeichnet wird.

Hybridisierung zwischen Eichenarten
Zahlreiche Kreuzungsexperimente und genetische Untersuchungen zeigen, dass Stiel-, Trauben- und Flaumeiche Gene austauschen können. In der Natur sind dieser sogenannten Hybridisierung allerdings Grenzen gesetzt, da die Eichenarten zum Beispiel zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen oder ihr Pollen unverträglich ist. Neben diesen physiologischen und phänologischen Reproduktionsbarrieren wirkt auch die natürliche Selektion durch Umweltfaktoren des Standorts den Hybriden entgegen. Die Hybridisierung ist einerseits so selten, dass die Artgrenzen erhalten bleiben und anderseits doch so häufig, dass die Arten über Kreuzung und Rückkreuzung Gene austauschen können. Die Übertragung arttypischer Merkmale auf eine andere Art wird bei drastischen Umweltveränderungen (Klimawandel) als Stärke des «Gesamtsystems» verstanden. Eine Untersuchung morphologischer und genetischer Merkmale von zahlreichen Eichenbeständen der Schweiz zeigt, dass es neben vielen reinen auch gemischte und durchmischte Bestände gibt. Die Analysen zeigen die grosse Nähe von Trauben- und Flaumeiche, während sich die Stieleiche deutlicher abgrenzt. In der Schweiz führt die enge Verzahnung von Flaum- und Traubeneiche zu hybriden Übergangsformen. Diese bilden südlich (Tessin, Wallis) und nördlich der Alpen (südliche Juraketten, Aargauer Jura, St. Galler und Churer Rheintal) ausgedehnte Schwärme. Neuste Untersuchungen mit modernsten genetischen Methoden bestätigen die relativ häufige Durchmischung von Flaum- und Trauben­eiche (im Vergleich zur Durchmischung mit der Stieleiche).

Patrick Bonfils ist freierwerbender Forstingenieur, naturavali.com. Denis Horisberger ist ehemaliger Kreisförster aus dem Kanton Waadt und Mitglied des Vereins proQuercus. Raffael Ayé amtet als Geschäftsführer von Birdlife Schweiz und hat Einsitz im Vorstand von proQuercus. Pascal Junod ist Co-Leiter der Fachstelle Waldbau FWB, Kreisförster NE und Vorstandsmitglied von proQuercus. Erich Tiefenbacher, Kreisförster TG, ist auch im Vorstand von proQuercus. Auch Vivien Pleines, Kreisförster VD, ist Teil des Vorstands von proQuercus. Stefan Studhalter, Kreisförster ZH, präsidiert den Verein proQuercus. Christian Rellstab arbeitet an der WSL in der Abteilung Ökologische Genetik.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

Dr. Carmelia Maissen ist
Gemeindepräsidentin von Ilanz/Glion

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