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"Bündnerwald" Februar 2022

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis Bündner Wald Februar 2022

Literaturverzeichnis Bündner Wald Februar 2022

Quellenangaben zu Artikel "Die Verbreitung der Buche in Graubünden – eine Übersicht"
(Bündner Wald, Ausgabe Februar 2022, S. 8-11)

Amt für Wald und Naturgefahren, 2015: Namen der Bäume und Sträucher in Graubünden, Faktenblatt 18.

Amt für Wald und Naturgefahren, 2018: Waldentwicklungsplan (WEP) 2018+, Regionen 1 bis 5. www.wep.gr.ch.

Brändli, U.-B.; Abegg, M.; Allgaier Leuch, B. (Red.), 2020: Schweizerisches Landesforstinventar. Ergebnisse der vierten Erhebung 2009–2017. Birmensdorf, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Bern, Bundesamt für Umwelt. 341 S.

Quellenangaben zu Artikel " Mechanisch-physikalische Eigenschaften von Rotbuchenholz"
(Bündner Wald, Ausgabe Februar 2022, S. 22-25)

ETH Zürich, Montagskolloquien für die Praxis: Verklebung und Einsatz von Laubholz und Ingenieurholzbau (Laufende Forschungsarbeiten in der Schweiz), 9.12.2013, PP Präsentationen siehe: www.ifb.ethz.ch

ETH Zürich, Montagskolloquien für die Praxis: Eigenschaften und Verwendung von Laubholz, 26.11.2012; PP Präsentationen siehe: www.ifb.ethz.ch

Gautschi, M.: Branchenübersicht zur Laubholzverwertung in der Schweiz. Vortrag, Montagskolloquium ETH Zürich 26.11.2012

Frese, M.: Die Biegefestigkeit von Brettschichtholz aus Buche. Experimentelle Untersuchungen zum Laminierungseffekt. Diss. Universität Karlsruhe 2006

Hering, S.: Charakterisierung und Modellierung der Materialeigenschaften von Rotbuchenholz zur Simulation der Verklebung. Diss. ETH Zürich 2011

Krackler, V.; Keunecke, D.; Niemz, P.: Verarbeitung und Verwendungsmöglichkeiten von Laubholz und Laubholzresten. Interner Forschungsbericht ETH Zürich 2010 (on line verfügbar über die e-collection der ETH Bibliothek)

Ozyhar, T.: Moisture and time dependent Orthotropic Mechanical Characterization of Beech wood. Dissertation, ETH Zürich 2013

Pozgaj, J.; Chonavec, D.; Kurjatko, S.; Babiak, M.: Struktura a vlasnosti  Drevna. Priroda 1993

Schmidt, M.; Glos, P.; Wegener; G. Verklebung von Buchenholz für tragende Holzbauteile. Europ. J  Wood Prod. 68(2010):43-57

Wagenführ, R. Holzatlas. Fachbuchverlag, Leipzig 1996

 

Quellenangaben zu Artikel "Modal: Textilstoff aus Buchenholz"
(Bündner Wald, Ausgabe Februar 2022, S. 54-56)

Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Österreich, unbekanntes Jahr. Stoffgeschichten - Weiche Stoffe aus Holz. Abgerufen am 07.01.2022: https://www.umweltzeichen.at/de/produkte/schuhe-textilien/stoffgeschichten-weiche-stoffe-aus-holz

Mollipolli, 2020. Teil 2 Viskose/Rayon/Modal/Tencel. Abgerufen am 07.01.2022: https://www.mollipolli.de/teil-2-viskose-rayon-modal-tencel/

Unbekannte Autoren, 2020. Von Materialien und Fasern: Modal. Abgerufen am 07.01.2022: https://fairoase.ch/blogs/informativ/von-materialien-und-fasern-modal

Unbekannte Autoren, 2021. Viskose, Modal und Lyocell – wirklich Naturfasern? Stoff - Werkstoffe – Technik. Abgerufen am 07.01.2022: https://www.planet-wissen.de/technik/werkstoffe/stoff/viskose-modal-lyocell-100.html

Unbekannte Autoren, unbekanntes Jahr. Modal. Abgerufen am 07.01.2022: https://www.stoff4you.de/stoff-lexikon/modal/

Unbekannten Autoren, unbekanntes Jahr. Wikipedia Seite "Regeneratfaser". Abgerufen am 07.01.2022: https://de.wikipedia.org/wiki/Regeneratfaser

 

Quellenangaben zu Artikel "Aus Waldreservaten entstand ein UNESCO Weltnaturerbe"
(Bündner Wald, Ausgabe Februar 2022, S. 50-53)

Denzler, L. (2019). Die bizarren Buchen im Valle di Lodano. Bünderwald 72 (2): 32-36.

Ferrari, C., Schiesser, T., Zanini, M. (2018) Faltblatt über das Waldreservat Valle di Lodano (auf Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch): https://www.valledilodano.ch/files/valle-di-lodano-2018-it-de.pdf

Patriziato di Lodano (2015). Profumi di boschi e di pascoli. Vicende umane, natura e riserva forestale in Valle di Lodano. Redaktion Christian Ferrari, Bruno Donati, Mirko Zanini, 384 S.

RSI (2018). Dokumentarfilm über Valle di Lodano. Radiotelevisione della Svizzera italiana. https://www.rsi.ch/la1/programmi/cultura/il-giardino-di-albert/La-valle-di-Lodano-scrigno-di-biodiversit%C3%A0-10488386.html.

UNESCO-Webseite über Naturwelterbe “Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas” (auf Französisch und Englisch): https://whc.unesco.org/fr/list/1133/

Webseite über das Valle di Lodano: www.valledilodano.ch (auf Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch)

 

Die Buche aus einer persönlichen Perspektive

Als Bündner Waldfachfrau oder Forstmann ist dir die Buche wahrscheinlich nicht so nah, spielt sie doch bei dir keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Ganz anders in meiner ursprünglichen Heimat, dem Luzernischen und im Bernbiet. Gerne berichte ich dir hier von sehr speziellen Erkenntnissen. Autor: U. Mühlethaler

Die Buche aus einer persönlichen Perspektive

 

Als Bündner Waldfachfrau oder Forstmann ist dir die Buche wahrscheinlich nicht so nah, spielt sie doch bei dir keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Ganz anders in meiner ursprünglichen Heimat, dem Luzernischen und im Bernbiet. Gerne berichte ich dir hier von sehr speziellen Erkenntnissen.

 

Autor: U. Mühlethaler

 

Es ist ein wunderbarer Dezembernachmittag im Süden Kretas (da gibt es zwar keine Buchen, dafür sehr viele Olivenbäume). Zusammen mit dem Griechen Konstantin und Andreas, einem ausgewanderten Deutschen, sitze ich in meinem Garten beim sonntäglichen Barbecue – ich in kurzen Hosen und T-Shirt notabene. Andreas erzählt von seinem ursprünglichen Auswanderungsziel Chalkidiki, östlich von Thessaloniki. Da erinnere ich mich an eine wissenschaftliche Exkursion zum Thema Buchen in jener Region, an der ich im Rahmen einer europäischen Expertengruppe (COST Action E52) teilnehmen durfte.

Abb.1: Vitaler Buchenwald in den Nebrodibergen in Sizilien.

Dort ging es um das Vorkommen von Fagus moesiaca als Mischform der orientalischen Buche aus dem Iran und der europäischen Buche. Der Expertendiskurs drehte sich um die Frage, ob es sich um eine eigene Art oder eine Unterart von Fagus sylvatica handelt.

Nun kann man sich getrost fragen: Ist diese Unterscheidung relevant? Für die italienischen Kolleginnen und Kollegen war dies schon sehr wichtig, denn sie beanspruchen die südlichsten Buchenvorkommen für sich, die in Siziliens Nebrodi-Bergen etwa auf dem 38. Breitengrad liegen (Abb. 1). Auch diese durfte ich im Rahmen einer botanischen Studienreise im April 2011 besuchen, schön vitale Buchenbestände, allerdings auf 1300 m ü. M. mit reichlich Regen im Frühling. Genau in dieser Zeit übrigens erlebte die Schweiz einen der heissesten und trockensten Frühlinge, inklusive verheerendem Waldbrand in Visp!

Mich interessierten jedoch schon ein paar Jahre vorher die extremsten Buchenstandorte, möglichst weit unten im Süden und in möglichst tiefen Lagen. Denn eine Frage trieb mich um: Wie kann es sein, dass alte Buchen bei uns unter Hitze und Sommertrockenheit leiden, ja sogar absterben, sie jedoch im Süden Europas durchaus so gute Lebensbedingungen vorfinden, dass sie andere Baum­arten erfolgreich verdrängen können? Zuerst wurde ich auf dem Monte Faito fündig, einem markanten Aussichtsberg zwischen Neapel und Sorrento. Wenn man hochfährt, hat es auf der Südseite Macchia und am Nordhang Kastanienwälder. Auf 1000 m ü. M. ändert sich die Situation schlagartig und ein geschlossener Buchenreinbestand überzieht den Bergrücken. Obwohl ein Inselvorkommen, ist es kaum wahrscheinlich, dass irgendjemand diesen Wald früher einmal gepflanzt hatte. Es dürfte sich um ein natürliches Relikt handeln. An diesem Standort wird es in den Sommermonaten auch sehr heiss und trocken. Von September bis April hingegen sorgen Gewitter und die normalen Winterniederschläge für eine ausreichende Wasserversorgung, was das Vorkommen der Buche plausibel macht. Ende August 2012 konnte übrigens ein grossflächiger Waldbrand auf der Südseite, genau an der Grenze zu diesem Buchenwald, gestoppt werden – ein interessanter Zusammenhang, finde ich.

Aber immer noch auf 1000 m Höhe – gibt es keine tiefer gelegenen Buchenwälder im Süden? Doch! Ein befreundeter Agronomie-Ingenieur zeigte mir Buchenwälder im Hinterland Neapels, in der Nähe von Avellino, am Monte Terminio. Hier starten die geschlossenen Buchenwälder bei 530 m ü. M., charakterisiert durch grosse Sommertrockenheit und die recht guten Niederschlägen im Winterhalbjahr. Übrigens sind vereinzelt Weisstannen im Nebenbestand beigemischt. Was mich dort am meisten erstaunt hat, ist das Jahrringbild der Buchen auf frisch geschnittenen Stöcken.

Abb. 2: Stock einer 34-jährigen Buche im Hinterland von Neapel, gewachsen in einem dichten Bestand. Die Jahrringbreiten hatten mich sehr überrascht!

Sehr breite Jahrringe im dichten Bestand zeugen von grosser Wuchsfreudigkeit. Wie kann das sein, wenn doch der Baum im Sommer seine Ressourcen sparsam einsetzen muss und im Winter ebenfalls kahl dasteht? Meine Hypothese: Das Wachstum geschieht früh im Frühling mit unglaublicher Geschwindigkeit. Danach ist der Baum mit der Reifung der Samen beschäftigt, die er allenfalls vorzeitig fallenlässt, wenn es zu trocken wird. So war es im Herbst 2009 leider nicht möglich, an diesem Standort keimfähige Bucheckern für einen Saatversuch zu sammeln, denn die zahlreichen Hüllen am Boden waren mehrheitlich leer. Wir mussten bis auf gut 1000 m hochfahren, um geeignetes Material für den wissenschaftlichen Buchensaatversuch sammeln zu können.

Und damit sind wir bei meinem Herzensprojekt, dem Buchensaatprojekt an der HAFL (Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft) in Zollikofen – ich hoffe ich langweile euch liebe Leserinnen und liebe Leser nicht zu sehr mit meinen halbwissenschaftlichen Überlegungen und Beobachtungen. Halbwissenschaftlich? Leider ja, denn es kam nie zu einer peer-reviewten Publikation in einem wissenschaftlichen Fachblatt. Was wollten wir untersuchen? Ausgangspunkt waren genetischen Analysen der Buchenwanderung nach der letzten Eiszeit, verknüpft mit der Verwandtschaft der Buchenpopulationen. Diese zeigten nämlich, dass unsere Buchen ziemlich sicher aus dem Raum Slowenien via Österreich zu uns und nach Westeuropa gewandert sind. Ein zweiter Strang startete ganz unten in Süditalien, wanderte via Apennin nach Norden, wurde jedoch im Raum Bologna – Genua gestoppt. Wir vermuteten also, dass die genetisch etwas anderen «Italiener» gegenüber Trockenstress toleranter sein könnten als unsere heimischen «Weicheier».

So sammelte ich mit meinem Team mit viel Leidenschaft im Herbst 2009 Zehntausende von Bucheckern (rund 1000 pro Baum). Ziemlich matchentscheidend für die spätere Einlagerung war, dass die gesammelten Samen sofort am Abend ausgebreitet und so gut wie möglich in der Umgebungsluft getrocknet wurden, um dem Schimmelpilz vorzubeugen. Das Versuchsdesign umfasste pro Bestand sechs Mutterbäume im Abstand von mindestens einer Baumlänge. Diese Bestände sollten im klimatischen Grenzbereich des natürlichen Buchenvorkommens einer Region liegen. Pro Region wurden zwei Bestände ausgewählt, einer mit Süd- und einer mit Nordexposition.

Abb. 3: Buchensaat-Versuchsfläche in Osterfingen SH im August 2011: Nach dem extrem trockenen Frühling gab es beinahe einen Totalausfall. Ein paar Sämlinge von 2010 mit italienischen Provenienzen überlebten, die Einheimischen versagten.

Insgesamt sammelten wir in drei Regionen Italiens (Avellino, Florenzer Apennin, W-Ligurien), in drei Regionen der Schweiz (Osterfingen SH, Brienzersee, Monte San Giorgio) und in einer Region im NW von Slowenien. Dank einer hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Pflanzgarten Lobsigen konnten wir das Saatgut unter idealen Bedingungen lagern, denn wir wollten die Saat auf zwei Jahre verteilt ausbringen. Die Keimfähigkeit im Labortest nach einem Jahr Lagerung war denn auch praktisch identisch mit jener der sofort verwendeten Bucheckern.

Wo haben wir nun unser wertvolles Saatgut getestet? Einerseits musste es in der Nähe der Schweizer Mutterbäume sein, denn dort sollte es den «Einheimischen» besonders wohl sein – oder nicht? Zusätzlich haben wir einen trockenheitsgefährdeten Standort bei Kappelen im Berner Seeland und ein Grenzstandort zum Flaumeichenwald bei Ardon im Wallis ausgewählt. Wegen Mäusen in Kappelen und Föhnsturmschäden in Oberried am Brienzersee mussten wir leider die zwei Standorte nach einem Jahr aufgeben. Die übrigen drei Standorte haben recht gut funktioniert. Zusätzlich gab es einen künstlichen Trockenstressversuch im Pflanzgarten Lobsigen.

Der Lobsiger Versuch war eigentlich schon fast überflüssig, denn die dramatischsten Resultate erhielten wir im zweiten Versuchsjahr, nach dem erwähnten extremen Frühling 2011: Dieser war derart trocken und warm, dass auf den Versuchsflächen im Wald fast keine neuen Buchen gekeimt waren. Was geschah aber mit den jungen Buchen, die wir im Jahr davor gesät hatten? Nun das war wirklich spannend: Zwar hatten Ende des ersten Jahres die Keimlinge aus der Schweiz und vor allem aus Slowenien die Nase vorne, bezüglich Grösse sowie Anzahl Blättern und Knospen. Mit einer Ausnahme: Die «Einheimischen» aus Osterfingen versagten fast vollständig, auch zu Hause! Die Brienzer und Tessiner waren bei ihnen zu Hause ebenfalls nicht die Besten. Die «Italiener» wuchsen eher kümmerlich und blieben kurz. Aber oh Wunder: Sie überlebten eben diesen extremen zweiten Frühling am besten, während die hochgeschossenen «Schweizer» und «Slowenen» zum grössten Teil ausfielen!

Aus diesen Beobachtungen wage ich, folgende Schlüsse zu ziehen:

  • Die lange in der forstlichen Lehre eingeprägte Maxime, dass das vor Ort vorhandene Erbgut am besten an die lokalen Gegebenheiten angepasst sei, stimmt zumindest für Buche nicht.
  • Als Vorsorgeprinzip würde es nicht schaden, in unseren Buchenwäldern die Naturverjüngung mit eingepflanzten Provenienzen aus dem Raum Italien, Griechenland und südlichen Balkan zu ergänzen. Etwa 50–100 Jungbäume pro Hektare Jungwald könnten bereits genügen.

Unabhängig vom Saatversuch, jedoch aus weiteren langjährigen Beobachtungen noch eine weitere Hypothese, die Hoffnung macht: Junge Buchen von heute, die sich unter den bereits stark veränderten klimatischen Bedingungen durchgesetzt haben, sind ziemlich sicher genetisch besser gerüstet als ihre Eltern.

Allerdings gibt es klare Grenzen für die Zukunft der Buchen – auch in heute noch vitalen Beständen. Kritisch ist der Trockenstress vor allem im Frühling, wenn die Bäume austreiben und Holz anlegen. Auch der Erfolg der Saat nach einem Mastjahr hängt hauptsächlich von der Witterung im Frühling ab. Schnellwachsende adulte Buchen auf gut wasser- und nährstoffversorgten Böden sind stärker gefährdet als ihre Artgenossen auf Trockenstandorten. Das klingt zunächst paradox, ist jedoch auf die reduzierte Wurzelbildung zurückzuführen: Wozu denn auch ins Wurzelwachstum investieren, wenn normalerweise genügend Wasser und Nahrung vorhanden ist?

Generelle Angaben zur Lebensweise der Buche, den ökologischen Ansprüchen und sonstigen Eigenschaften findest du in deinen (alten) Lehrmitteln, in modernen Apps und auf Internet. Die Buche ist ein wunderbarer Baum, sei es als Teil der Waldökosysteme, sei es in der Verarbeitung zu sehr schönen und nützlichen Holzprodukten (ich weiss, derzeit ist Eiche Trumpf, aber das ändert sich bestimmt wieder einmal). Tragen wir Sorge dazu, ihre Lebensgrundlage so gut wie möglich zu erhalten, und haben wir den Mut, auch mal einen «verrückten» waldbaulichen Versuch zu starten!

 

U. Mühlethaler war Dozent für Waldökologie & Gesellschaftsfragen an der HAFL Zollikofen. Seit 2021 ist er

Inhaber und Geschäftsführer der UM Services GmbH.

Buchensterben im Kanton Jura

Seit drei Jahren sehen die Buchenwälder im Kanton Jura ganz anders aus. Die Folgen des Klimawandels sind früher als erwartet sichtbar geworden Autorin: N. Schaffter

Buchensterben im Kanton Jura

 

Seit drei Jahren sehen die Buchenwälder im Kanton Jura ganz anders aus. Die Folgen des Klimawandels sind früher als erwartet sichtbar geworden

 

Autorin: N. Schaffter

 

Ein unerwartetes Phänomen

Im Frühjahr 2019 haben in der Ajoie, im nördlichen Teil des Kantons Jura, während des Austriebs der Bäume, zahlreiche Buchen ihre Blätter nicht ausgetrieben und einige wiesen eine braune und trockene Krone auf. Das Auftreten dieses Buchensterbens war ein weiterer schwerer Schlag für die Waldbesitzer, die bereits mit der Borkenkäferproblematik bei Nadelbäumen, dem Verschwinden der Eschen und dem Verlust der Rentabilität der Forstwirtschaft konfrontiert sind. Dieses Phänomen, das von zahlreichen wissenschaftlichen Studien vorhergesagt wurde, war im Kanton erst in einigen Jahrzehnten zu erwarten.

Die Schäden, die in dem Jahr an zahlreichen Buchen beobachtet wurden, waren nicht auf die in Ajoie beschränkt. Vielmehr waren auch die Wälder in den tieferen Lagen der Nordwestschweizer Kantone betroffen. Dieser erneute Umbruch ist zu einem guten Teil auf die extremen Wetterereignisse der letzten Jahre zurückzuführen, welche die Wälder auf eine harte Probe gestellt haben. Die wiederholten Stressereignisse durch Dürren, Stürme oder auch Spätfrost in den letzten Jahren, gefolgt von der aussergewöhnlichen Trockenheit im Sommer 2018, haben in der Tat die Widerstandskraft vieler Buchen in den tiefer gelegenen Regionen gebrochen. Dies verweist auf die Klimaentwicklungsmodelle für den Schweizer Wald, die voraussagen, dass die Buche in den tieferen Lagen relativ schnell an ihre Grenzen stossen könnte, wenn sich die globale Erwärmung fortsetzt.

Von den betroffenen Bäumen hatten einige eine völlig ausgetrocknete Krone und waren bereits abgestorben. Andere wiesen in der unteren Hälfte ­

der Krone noch lebende Äste mit Blättern auf, während der obere Teil trocken war. Angesichts dieser Situation wurde vom Umweltamt des Kantons Jura eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese setzte sich aus den Förstern der hauptsächlich betroffenen Region, Vertretern der Holzbranche, Mitarbeitern des Umweltamts und des kantonalen Infrastrukturdienstes zusammen und ermöglichte es, erste Schätzungen des Schadensausmasses vorzunehmen, Überlegungen zu den kurz-/mittelfristigen Folgen anzustellen und insbesondere die betroffenen Gebiete zu inventarisieren. Im Jahr 2019 bestätigten die Felduntersuchungen das Volumen von mehr als 200 000 m³ trockener oder absterbender Buchen in den Wäldern der Ajoie (gegenüber einer durchschnittlichen jährlichen Nutzung im Kanton von 180 000 m³). Darüber hinaus trockneten Hunderte von Hektar Buchenwald stehend aus (Abb. 1).

 

Waldkatastrophenzustand

Angesichts der weitreichenden Folgen dieser Situa­tion für die Funktionen dieser Wälder, für die Bevölkerung und für die betroffenen Eigentümer hat die jurassische Regierung im Juli 2019 beschlossen, Artikel 45 des kantonalen Waldgesetzes in Kraft zu setzen. Mit anderen Worten: Es wurde der Waldkatastrophenzustand ausgerufen. Der Staat ergreift somit die Massnahmen zur Sanierung der Situation und engagiert sich entschlossen an der Seite der lokalen Akteure und der Eigentümer. Diese Entscheidung ermöglichte verschiedene Massnahmen in den Monaten nach der Entdeckung des Phänomens. Sie bedeutete nicht automatisch eine Erhöhung der finanziellen Mittel oder einen Aktivismus im Wald, um die betroffenen Bäume zu fällen.

Abb.1: Luftaufnahme eines Teils der festgestellten Schäden.

Abgesehen von der Frage der Infrastruktur und der Sicherheit bestand nämlich keine Dringlichkeit, mit umfangreichen forstwirtschaftlichen Massnahmen einzugreifen. Generell hätte der Holzmarkt nicht all diese Holzmengen aufnehmen können (wobei ein Grossteil des Handelswerts aufgrund der Qualität des Holzes verloren ging). Darüber hinaus war es ziemlich klar, dass es nicht möglich sein würde, das gesamte geschädigte Volumen zu nutzen.

 

Strategie zur Bewältigung der Krise

Der Kanton hat durch sein für die Umwelt zuständiges Departement im September 2019 eine Strategie zur Bewältigung dieser Waldkatastrophe verabschiedet. Diese gliedert sich in drei Teile, die kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen umfassen:

A.  Schadenmanagement

B.  Sicherstellung der Wiederaufforstung der geschädigten Wälder

C. Rahmenbedingungen überdenken und anpassen

Abb. 2: Für die Besucher des Jurawaldes hat sich das Bild der Buchenwälder völlig verändert. (Bild: Office de l‘environnement).

Was die kurzfristigen Massnahmen betrifft, so ging es darum, die Überwachung der von der Öffentlichkeit frequentierten Bereiche und auch die Information der Bevölkerung über die aktuelle Gefahr im Wald zu verstärken. Da Buchenholz beim Austrocknen brüchig wird, bestand nämlich in der Nähe von trockenen Bäumen ein erhöhtes Risiko von Astbruch, insbesondere bei Wind. Das Umweltamt erliess zahlreiche Aufrufe zur Vorsicht an die verschiedenen Waldnutzer (Abb. 2).

Parallel dazu wurden bei zahlreichen Infrastrukturen (Autobahnen, Kantons- und Gemeindestras­sen) Sicherungsmassnahmen (Fällen von trockenen und gefährlichen Bäumen) ergriffen. Insgesamt wurden 2019 zu diesem Zweck mehr als 2000 Bäume gefällt. Eine bedeutende Anzahl von Waldwegen und Waldinfrastrukturen (Hütte, Picknickplatz) wurde ebenfalls von den Waldbesitzern gesichert. Da die Sicherungsarbeiten umfangreich waren, mussten die verschiedenen Einrichtungen vorübergehend geschlossen werden, bis die Fällarbeiten eingeleitet werden konnten. Um die Bevölkerung über diese verschiedenen Arbeiten zu informieren, wurden die gesperrten und zeitweise unzugänglichen Bereiche auf dem kantonalen Geoportal verzeichnet.

Während dieser Zeit initiierte der Kanton Jura zudem Kontakte mit dem Bund, um die Bundesin­stanzen zu informieren und die Bewältigung dieser Krise mit ihnen zu koordinieren. Die wissenschaftliche Begleitung dieses Phänomens (Entwicklung der betroffenen Bäume, Auftreten von Schädlingen usw.) wurde ebenfalls mit dem Eidgenössischen Forschungsinstitut WSL koordiniert.

 

Erste Erkenntnisse und zukünftige Entwicklungen

Mehr als ein Jahr nach der Entdeckung des Buchensterbens hat sich der Gesundheitszustand der betroffenen Buchenwälder nicht verbessert. Das Ausmass der Schäden ist das gleiche wie zuvor, wenn auch gemildert durch die Wiederaufnahme der Vegetation im Frühjahr und die zahlreichen vorgenommenen Schnitte. Der Absterbeprozess ist noch nicht abgeschlossen und die betroffenen Bäume werden sich trotz eines wettermässig günstigeren Jahres 2021 nicht erholen können. Davon zeugen die Sicherheitsfällungen, die 2020 und 2021 in Bereichen durchgeführt wurden, die bereits 2019 saniert worden waren.

Diese Waldkrise wird in der Tat langfristig sein, mit einer sehr unsicheren Entwicklung für die noch lebenden Bäume und starken und dauerhaften Auswirkungen auf das Aussehen der Waldmassive. Dieses Phänomen erinnert uns daran, dass sich das Gesicht des jurassischen Waldes unter dem Einfluss des Klimawandels tatsächlich verändert. Die Anpassung unserer Wälder an diese Veränderungen stellt eine echte Herausforderung für die gesamte Forstbranche dar. Die Arbeiten zur Wiederherstellung geschädigter Bestände und im weiteren Sinne zur Anpassung unserer Wälder (Teil B der kantonalen Strategie) werden bereits von den Förstern im Gelände umgesetzt. Die durchgeführten Massnahmen stützen sich auf die bekannten Anpassungsprinzipien (Baumartenvielfalt, Strukturvielfalt usw.) und auf die Grundsätze des naturnahen Waldbaus, um auch dem Ökosystem Zeit zu geben, von sich aus zu handeln. Es wäre nämlich falsch, nach diesem Phänomen den Wald um jeden Preis durch aktive und kostspielige Massnahmen reparieren zu wollen, die nicht umweltfreundlich sein können. Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten gilt es, den Wald als Ganzes zu respektieren. Schliesslich hat die Buche vielleicht auch noch nicht das letzte Wort gesprochen, insbesondere bei den jungen Trieben, die unter extremeren Bedingungen wachsen als ihre Eltern.

Eine grundlegende Reflexion über das gesamte System und die Rahmenbedingungen (Teil C der kantonalen Strategie) wird noch durchgeführt, um alle Lehren aus dieser Krise zu ziehen und die notwendigen langfristigen Anpassungen vorzuschlagen (Überarbeitung des Waldentwicklungsplans, der Betriebspläne usw.).

 

Noémie Schaffter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Umweltamt des Kantons Jura.

Monumentale Buchen in Graubünden

In den bewirtschafteten Wäldern Europas sind sehr alte, dicke Buchen eine Seltenheit. Es ist eine besondere Erfahrung, solche alten und dicken Bäume im Wald zu finden. Zwei besonders schöne Buchen kann man im Buchner Tobel in Luzein und in Maienfeld bewundern. Autoren: J. Jakob

Monumentale Buchen in Graubünden

In den bewirtschafteten Wäldern Europas sind sehr alte, dicke Buchen eine Seltenheit. Es ist eine besondere Erfahrung, solche alten und dicken Bäume im Wald zu finden. Zwei besonders schöne Buchen kann man im Buchner Tobel in Luzein und in Maienfeld bewundern.

Autoren: J. Jakob

Kandelaber-Buche in Luzein

Umfang: 795 cm

Brusthöhendurchmesser (BHD): 253 cm

Ortsname: Grossrüti, Buchnertobel

Gemeinde: Luzein

Höhe über Meer: 1020 m

 

Diese Buche wurde durch Ueli Bühler während Aufnahmen für den Weissrückenspecht im Februar 2018 entdeckt. Sie fiel ihm relativ spät auf, obwohl er das Gebiet bereits öfters begangen hatte und gut kannte. Ihre 17 Stämme erinnern an einen Leuchter und wird somit als Kandelaber-Buche bezeichnet.

Abb.1: Die Kandelaber-Buche in Buchner Tobel besitzt 17 Stämme. Sie steht an der Grenze eines Tobels, das den Waldboden wegspült und damit ihre Stabilität gefährdet. (Bild: Ueli Bühler).

Erstaunlich ist, dass die rund 27 m hohe Buche auf einer Meereshöhe von 1020 m und der grossen Niederschlagsmengen der Nordalpen so alt und dick werden konnte.

Auf alten Luftbildern von 1939 lässt sich eine Beweidung erahnen. Die Kandelaber-Buche selbst lässt sich nicht eindeutig erkennen. Es kann sein, dass sie erst in den letzten 80 Jahren dicker geworden ist. Die offenen Flächen sind jedoch nach der Aufgabe der Beweidung und mit der Zeit eingewachsen. Heute werden die verbleibenden Blössen im Buchner Tobel von Jägern teilweise gemäht. Die Kandelaber-Buche könnte durch Niederwald-­Bewirtschaftung entstanden sein, indem sie auf den Stock gesetzt wurde. Der dicke Stammfuss und die 17 dünnen Kandelaberstämme in circa zwei bis drei Meter Höhe erinnern jedoch auch ein wenig an Kastanien im Tessin und in den Süd­tälern Graubündens. Bei der Capitozzatura werden die oberen Äste abgeschnitten, dass der Baum immer wieder austreibt. Dies dient zum einen der Ertragssteigerung der Früchte und zum anderen der Gewinnung von Zaun- und Brennholz. Die Höhe der Capitozzatura wurde so durchgeführt, dass die frischen Äste für Ziegen nicht erreichbar waren.

Buchen bilden am Hang stehend talseitig eine grös­sere Krone als bergseitig. Dadurch sind die Bäume instabiler und fallen mit zunehmender Grösse und Alter irgendwann um. Anders bei der Kandelaber-Buche. Sie könnte so gross geworden sein, weil sie ohne konkurrierende Nachbarn frei aufwuchs oder weil das stabile, dicke Stammstück sie vor dem Umfallen hinderte.

Moosbewuchs, Vertiefungen, Saftfluss, Mikroboden sind nur ein Paar der unzähligen Mikrohabitate, welche man auf der Buche finden kann. Sogar eine Fichte wächst zwischen den Ästen der majestätischen Buche. Jedes Mikrohabitat ist eine Nische für eine Art oder Artengemeinschaft. Je mehr Mikrohabitate und damit Nischen ein Baum besitzt desto höher ist der ökologische Wert. Für die Biodiversität im Wald sind daher alte und dicke Bäume wie diese Kandelaber-Buche in Luzein wahre Schatztruhen.

 

Maienfelder Buche

 

Umfang: 650 cm

Brusthöhendurchmesser (BHD): 207 cm

Ortsname: Bovel

Gemeinde: Stadt Maienfeld

Höhe über Meer: 668 m

 

Im Eichenhain Bovel in der Nähe der Försterschule Maienfeld steht angeblich die dickste Buche der Schweiz. Sie befindet sich allerdings nicht im Wald, sondern im bekannten Eichenhain. Dieser wurde im Mittelalter während des Sommers beweidet und die Eicheln im Herbst an Schweine verfüttert. Diese Nutzung gestaltete das eigene Landschaftsbild mit mehreren Einzelbäumen. Etwas abseits davon steht die aussergewöhnliche Buche.

Sie hat eindrückliche Wurzelanläufe, die – bedingt durch die Flachgründigkeit des Bodens – dem Baum die nötige Stabilität verleihen. Man könnte meinen, sie setze sich wie im Fantasie-Roman Herr der Ringe in Bewegung und laufe davon. Dicke Äste sind abgebrochen und doch treibt der Baum an der Abbruchstelle wieder aus.

Die Maienfelder Buche ist ein markantes und wertvolles Landschaftselement. Sie löst bei Einheimischen wie auch Auswärtigen Bewunderung aus. Eine Bank in der Nähe des Baumes lädt zum Verweilen ein.

Markante Einzelbäume wie die Maienfelder Buche waren und sind Treffpunkt für die Menschen, Orte für Versammlungen und Urteilsverkündigung und markieren Eigentumsgrenzen. Jene Bäume sind Zeugen der Geschichte. Stellen wir uns vor, was sie alles aus ihrem Baumleben erzählen könnten. Neben ihrem Umfang sind sie auch wegen ihres Alters von hohem emotionalen Wert. Das Alter des Baumes wird auf 350 Jahre geschätzt. Wer weiss, vielleicht verweilte auch Hortensia Gugelberg von Moos unter dieser Buche.

In mehreren Internetquellen ist zu lesen, dass sie trotz ihres Alters sehr vital ist. Dem ist leider nicht so.

Abb. 2: Die angeblich dickste Buche der Schweiz in Maienfeld. (Bild: Jürg Hassler).

Am Stamm sind Pilzkonsolen und Saftausfluss zu sehen. Im Sommer fällt auf, dass die Kronenspitzen keine Blätter mehr tragen und abgestorben sind. Wir hoffen dennoch, dass sie noch solange wie möglich stehen bleibt und Schatten für Ruhesuchende auf der Bank spenden kann.

 

Johannes Jakob ist technischer Sachbearbeiter und Spezialist Waldbiodiversität in der Region 1 «Herrschaft / Prättigau / Davos» beim Amt für Wald und Naturgefahren (AWN).

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