Tel. 081 300 22 44  | info@buendnerwald.ch

 

Mykorrhizapilze - die geheimen Helfer im Wald / Literaturverzeichnis

Meist gut versteckt im Boden lebt eine Vielzahl von Helfern an den Wurzeln unserer Waldbäume. Es sind die Mykorrhizapilze. Sie durchdringen den Boden, vernetzen die Bäume, liefern ihnen Nährstoffe und Wasser und erhalten im Austausch dafür Zucker. Es ist eine enge Lebensgemeinschaft, die beiden Partnern, Baum wie Pilz, ­dient und ohne die beide wohl nicht überlebensfähig wären. Autoren: Martina Peter, Artemis Treindl

Einleitung

Obwohl meistens gut versteckt, sind Pilze allgegenwärtig und erfüllen unterschiedliche Funktionen in der Natur. Was wir von ihnen sehen, ist oft nur die Spitze des Eisberges, nämlich der zur Vermehrung gebildete Fruchtkörper dieser Lebewesen. Er ist vergleichbar mit einem reifen Apfel, der nur einen kleinen Teil eines Baumes darstellt. Der grösste Teil dieser Organismen lebt als fädiges Geflecht im Boden oder in anderen Substraten wie Holz, Gräsern oder verschimmelten Esswaren. Im Wald spielen Pilze drei fundamentale Rollen: Die saproben Pilze, die sich von totem organischem Material ernähren, zersetzen Holz und Streu und setzen so die Nährstoffe darin wieder frei. Parasitische Pilze leben auf Kosten von lebenden Organismen wie Bäumen. Sie können diese schwächen oder gar abtöten und spielen so eine wichtige Rolle in der Dynamik der Wälder. Die dritte Gruppe der Pilze schliesslich lebt in einer engen Lebensgemeinschaft mit Bäumen und anderen Pflanzen (Abb. 1).

Abb. 1: Mykorrhizasymbiose zwischen einer Arve (Pinus cembra) und einem Schmierröhrling (Suillus). Die weissen Pilzfäden durchwachsen den Boden, umhüllen die Feinwurzelspitzen und formen zweifach-verzweigte Korallen-Mykorrhizen typisch für Föhrenarten (Pinus). (Bild: S. Egli WSL)

Dies sind die sogenannten Mykorrhizapilze. In diesem Beitrag gehen wir auf diese faszinierende Symbiose ein, in der 90 % aller Pflanzenarten leben, die es seit Hunderten von Millionen Jahren gibt, und die wahrscheinlich die Landnahme der Pflanzen überhaupt erst ermöglicht hat.

 

Was ist eine Mykorrhiza und welche Formen gibt es?

Das Wort Mykorrhiza stammt aus dem Griechischen: «mukês» bedeutet Pilz und «rhiza» Wurzel. Eine Mykorrhiza ist also eine Wurzel, die von einem Pilz besiedelt ist und je nach Pflanzenart unterschiedliche Formen annimmt. Es gibt die Ektomykorrhiza, bei welcher der Pilz die Feinwurzelspitzen mit einem dichten Fadengeflecht ummantelt, zwischen die Wurzelrindenzellen eindringt und dort das sogenannte Hartig’sche Netz bildet (Abb. 2 links).

Abb. 2: Struktur einer Ekto- (links) und einer Endomykorrhiza (rechts). Im Querschnitt durch die Ektomykorrhiza einer Waldföhrenwurzel (Pinus sylvestris) ist ein dichter Pilzmantel und das Hartig'sche Netz (grün) zwischen den Wurzelrindenzellen (blau) zu erkennen (Massstab = 100 um). Bei der Endomykorrhiza einer Lauchwurzel (Allium porrum) dring der Pilz in die Wurzelrindenzellen ein und formt dort kleine Schwämmchen oder Bäumchen (=Arbuskeln; blau; Massstab = 50 um). DIese schaffen, wie das Hartig'sche Netz, eine grosse Austauschfläche zwischen Baum und Pilz, wo hauptsächlich Kohlenstoff in Form von Zucker gegen Stickstoff und Phosphat ausgetauscht wird. (Bild oben links: M. de Freitas Pereira WSL/INRAe; Bild oben rechts: B. Meier WSL)

 

Bei der Endomykorrhiza bildet der Pilz keinen Mantel um die Wurzel, dringt jedoch ebenfalls in die Pflanzenzellen ein. Er bildet je nach Pflanze und Pilzkombination unterschiedliche Strukturen aus, die, wie das Hartig’sche Netz, eine grosse Austauschfläche zwischen Pilz und Pflanze schaffen. Um diese pilzlichen Strukturen der Endomykorrhiza sehen zu können, muss man sie anfärben und unter einem Mikroskop betrachten (Abb. 2 rechts). An der Schnittstelle zwischen Pilz und Wurzel kommt es zu einem Tauschhandel: Der Pilz erhält Zucker, den die Pflanze mithilfe der Photosynthese herstellt. Im Austausch dafür bekommt die Pflanze Wasser und Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphat, die der Pilz mit seinen dünnen Fäden, Hyphen genannt, aus dem Boden aufnimmt. Da die Pilzhyphen wesentlich feiner sind als die Baumwurzeln, und sie sich in einem weiteren Umkreis ausbreiten, können sie aus einem grösseren Bodenvolumen auf diese Stoffe zugreifen. Ausserdem können sie mithilfe von Enzymen Nährstoffe aus organischem Material herauslösen. Sie schützen die Bäume auch vor Schadstoffen und scheiden antibiotische Substanzen gegen wurzelpathogene Bodenorganismen aus (Egli und Brunner, 2011). Es ist also eine Win-win-Situation, von der beide Partner profitieren und ohne die beide wohl nicht überlebensfähig wären.

Die vorherrschende Mykorrhizaform in unseren Wäldern ist die Ektomykorrhiza. Zu den Ektomykorrhizapilzen gehören viele der Ständer- und Schlauchpilze, die wir gemeinhin als Waldpilze kennen, wie die Eierschwämme, Röhrlinge, Täublinge oder Trüffel. Betrachtet man jedoch alle Pflanzenarten weltweit, dann dominiert die sogenannte arbuskuläre Mykorrhiza. Dies ist eine Endomykorrhiza, die von etwa 80 % aller Pflanzenarten zusammen mit einer uralten Pilzgruppe, den Glomeromykoten, gebildet wird. Die Glomeromykoten kennt man kaum, weil sie komplett unter der Erde versteckt bleiben und sich nur als kleine Sporen im Boden zeigen. Fossilien aus dem Ordovizium und dem Devon belegen, dass es diese Pilze seit der Entwicklung der Landpflanzen vor rund 450 Millionen Jahren gibt und sie schon damals eine Endomykorrhiza-ähnliche Struktur in den wurzelähnlichen Organen der ersten Landpflanzen bildeten. Die gleiche Form findet sich auch heute noch in den urtümlichen Leber- und Hornmoosen. Man geht davon aus, dass die Landnahme der Pflanzen nur dank dieser Symbiose möglich war, da die Pilze die Wurzelfunktion der Nährstoff- und Wasseraufnahme übernahmen. Heute leben die meisten Blütenpflanzen, Gräser, Farne, Moose, Bärlappe und alle Getreidearten mit arbuskulären Mykorrhizapilzen in Symbiose. Sie spielen deshalb in der biologischen Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Aber auch viele Bäume und Sträucher, insbesondere in den tropischen und subtropischen Zonen, bilden arbuskuläre Mykorrhizen. Bei uns sind dies zum Beispiel Ahorne, Eschen, Vogelbeeren und andere Obstbäume und, als eine der wenigen Nadelbaumarten, die Eibe. Nur 2 % aller Pflanzenarten, etwa 6000 Arten, bilden die Ektomykorrhiza. In den Wäldern machen diese aber 60 % der Stammzahl aller Bäume weltweit aus. Wenn wir nur die Wälder ausserhalb der Tropen anschauen, dann sind es sogar 80 % aller Bäume (Steidinger et al. 2019). Alle Buchenartigen und Kieferngewächse sowie einzelne Vertreter aus anderen Familien wie Linden, Pappeln oder Weiden gehören dazu sowie alpine Spaliersträucher, die wir oberhalb der Baumgrenze noch antreffen, wie die Schweizer- und Kraut-Weide oder die Weisse Silberwurz. Im Norden und in den Alpen spielen ausserdem die Mykorrhizapilze der Heidekrautartigen eine wichtige Rolle. Diese Pilze formen Endomykorrhizen zum Beispiel mit Schnee- und Besenheiden. Die Böden in diesen hohen Lagen sind meist nährstoffarm und der Stickstoff ist in dicken organischen Auflagen gebunden. Die Mykorrhizapilze können dennoch an diesen gelangen und so eine ausgeglichene Ernährung ihrer Pflanzenpartner ermöglichen.

 

Ektomykorrhizapilze in unseren Wäldern: ihre Vielfalt und deren Rolle im Ökosystem Wald

Wenn wir in unseren Wäldern Baumwurzeln ausgraben, dann sehen wir bereits von blossem Auge, dass die feinsten Wurzeln verschiedene Farben haben können. Beim Betrachten mit einer Lupe erkennen wir, dass sie von Pilzgeflecht umhüllt sind; manchmal nur als kahler Mantel, manchmal ausgestattet mit Stacheln, Pusteln, wollig-wattigen Fäden oder fädig abziehenden Pilzsträngen (Abb. 3, 4). Wir finden kaum nicht-mykorrhizierte Wurzelspitzen mit Wurzelhaaren, denn unter normalen Bedingungen sind alle Feinwurzelspitzen von einer grossen Vielfalt an Ektomykorrhizapilzen (im Weiteren Mykorrhizapilze genannt) besiedelt. Es gibt mindestens 8000 verschiedene Mykorrhizapilzarten, Schätzungen aufgrund von molekularen Daten gehen sogar von bis zu 25 000 Arten weltweit aus. Davon bleiben viele versteckt im Boden, weil sie keine, nur unscheinbare oder unterirdische Fruchtkörper ausbilden. Doch viele werden auch oberirdisch sichtbar, meist im Herbst, wenn sie auffällige Fruchtkörper bilden, die wir bei einigen Arten als Speisepilze schätzen. Etwa bei einem Drittel der rund 6000 sogenannten Grosspilzarten in der Schweiz handelt es sich um Mykorrhizapilze. Fast genauso vielfältig wie die Fruchtkörper unterschiedlicher Pilzarten sind auch die Farben und Formen der Mykorrhizen – man spricht hier von Morphotypen (Abb. 3).

Abb. 3: Fruchtkörper (oben) und dazugehörige Mykorrhizen (unten) mit unterschiedlichen Morphotypen. Von links nach rechts: Violetter Lacktrichterling (Laccaria amethystina), Anisklumpfuss (Cortinarius odorifer) und Zitronentäubling (Russua ochroleuca) an Fichte (Picea abies) Edelreizker (Lactarius deliciosus) an Waldföhre (Pinus sylvestris) und Arvenröhrling (Suillus plorans) mit typischen Knöllchenmykorrhizen an Arve (Pinus cembra). BIlder: WSL; Arvenröhrling G. Martinelli)

 

Abb. 4: Ausschnitt einer Feinwurzel von Fichte (Picea abies), die auf eingem Raum von unterschiedlichen Mykorrhizapilzarten besiedelt ist.

 

Ein einzelner Baum kann mit bis zu hundert verschiedenen Mykorrhizapilzarten in Symbiose leben. Obwohl wir Morphotypen unterscheiden können und wenige Pilzarten wie zum Beispiel der Ocker-Täubling oder die Reizker auch aufgrund äusserer Merkmale an der Wurzel identifiziert werden können, brauchen wir genetische Methoden, um die Artenzusammensetzung genau bestimmen zu können. Dies gilt auch, wenn wir ­

die Gemeinschaft der Pilzarten als Hyphen im Boden erheben möchten. Die Vielfalt der Mykorrhizapilze in einem Waldbestand ist in der Regel hoch, variiert je nach Waldstruktur und Standortbedingungen und nimmt mit der Vielfalt der Baumarten zu (Peter et al 2013). Meistens finden wir in einem einfachen Bestand zwischen 40–60 Mykorrhizapilzarten an den Wurzeln, wobei die Zusammensetzung sowohl räumlich als auch zeitlich sehr dynamisch ist.

Verschiedene Mykorrhizapilze besetzen unterschiedliche Nischen und variieren in ihrer Fähigkeit, Nährstoffe aus dem Boden zu gewinnen. Zum Beispiel kommen je nach Bodentyp unterschiedliche Mykorrhizapilzarten in den verschiedenen Bodenschichten vor. Dies konnte anhand von Messungen der Enzymaktivitäten an Mykorrhizen nachgewiesen werden: Je nach Pilzart werden unterschiedliche Enzyme ausgeschieden, die bei der Nährstoffmobilisierung aus dem Boden wichtig sind. Einige können beispielsweise besonders gut an Stickstoff, andere eher an Phosphat gelangen. Während sich gewisse Mykorrhizapilze in den Funktionen ergänzen, scheinen andere dieselben Aufgaben zu erfüllen. Da sie aber oft an unterschiedliche Standortbedingungen angepasst sind, ergänzen sie sich räumlich oder zeitlich. Wir können daraus schliessen, dass eine hohe Vielfalt an Mykorrhizapilzen von grosser Bedeutung für die Waldbäume ist, weil die Bodenressourcen so optimal genutzt werden können. Ausserdem erlaubt eine grosse Diversität dieser Pilze es ihnen, auf sich verändernde Umweltbedingungen oder Störungen zu reagieren, indem besser angepasste Arten die wichtigen Funktionen übernehmen. Die Beeinträchtigung dieser Diversität, etwa durch Stickstoffeinträge in den Wald via Luftschadstoffe (Peter et al., 2001; de Witte et al., 2017), ist deshalb kritisch. Gerade im Hinblick auf die Klimaveränderung werden diese Symbiosepartner wahrscheinlich eine zunehmend wichtige Rolle für die Resistenz und Resilienz der Waldbäume gegenüber Stressfaktoren spielen.

 

Wirtsspezifität der Mykorrhizapilze

Viele Mykorrhizapilze sind Generalisten, das heisst, sie können mit verschiedenen Baumarten eine Symbiose eingehen. Es gibt aber auch Spezialisten, die auf bestimmte Baumgattungen oder sogar einzelne Baumarten spezialisiert sind. Beispiele dafür sind der Arvenröhrling und der Lärchenröhrling, beide gehören zu den Schmierröhrlingen. Generell finden wir mehr spezialisierte Mykorrhizapilze bei den Nadelbäumen als bei den Laubbäumen (van der Linde et al. 2018). Einigen Pilzen scheint es zudem möglich zu sein, unter bestimmten Umständen symbiotische Beziehungen mit neuen Pflanzenpartnern einzugehen, auch wenn die üblichen Baumarten nicht vorkommen. Sie können sich so auch in unerwartete Habitate ausbreiten. Ein solcher Fall wurde bei einem Steinpilz im Unterengadin untersucht. Es war bereits bekannt, dass der Steinpilz als Generalist Symbiosen mit unterschiedlichen Laub- und Nadelbaumarten eingehen kann; bei uns ist der häufigste Partner die Fichte. Überraschend war jedoch der wiederholte Fund von Steinpilzfruchtkörpern im Skigebiet Motta Naluns auf einer Höhe von 2440 Metern – weit über der Baumgrenze gelegen (Abb. 5).

Abb. 5: Die höchsten Steinpilze (Boletus edulis) der Schweiz. a) Fundort auf 2440 m ü. M. im Skigebiet Motta Nalus im Unterengadin. b) Beispiel eine mykorrhizierten Wurzelspitze der Kraut-Weide (Salix herbacea) (blau eingefärbt). c) gesammelte Steinpilz-Fruchkörper im Herbst 2018.

 

Die mikroskopische und genetische Untersuchung der Mykorrhizastrukturen zeigte schliesslich, dass sich der Steinpilz einen sehr unscheinbaren und bisher unbekannten Mykorrhizapartner geschnappt hatte: die Kraut-Weide (Treindl und Leuchtmann 2019). Damit ist erwiesen, dass der Steinpilz nicht ausschliesslich auf grosse Baumarten angewiesen ist. Es konnte sogar ein neuer Höhenrekord gesetzt werden: der höchste bekannte Steinpilzfundort in den Alpen.

 

Wie erkenne ich bei einem Waldpilz, ob es sich um einen Mykorrhizapilz handelt?

Hierfür gibt es keine klare Regel, nur folgenden Hinweis: Es muss ein Baum- oder Strauchpartner in der näheren Umgebung vorkommen, welcher die Ektomykorrhiza-Symbiose eingehen kann. Mykorrhizapilze haben sich in der Evolution mehrmals unabhängig voneinander aus verschiedenen saprophytischen Vorfahren entwickelt. Das heisst, einige saprophytische Pilze sind näher mit gewissen Mykorrhizapilzen verwandt als die Mykorrhizapilze untereinander. Den Fruchtkörpern selbst sieht man die Lebensweise deshalb nicht an. Innerhalb derselben Gattung haben meistens alle Arten dieselbe Lebensweise. Zum Beispiel sind alle Täublinge, Milchlinge, Trüffel oder Röhrlinge Mykorrhizapilze, alle Champignons leben saprophytisch. Letztere können deshalb gut gezüchtet werden, da sie keinen lebenden Baumpartner brauchen.

 

Mykorrhizapilze und das Wood-Wide-Web

Jeder Baum ist mit vielen Mykorrhizapilzen verbunden und jeder Mykorrhizapilz kann mit mehreren Bäumen, oft sogar unterschiedlichen Arten, verknüpft sein. Zusammen bilden sie ein grosses Netzwerk im Waldboden, das Wood-Wide-Web. Über dieses Netzwerk können Nähr- und Botenstoffe ausgetauscht werden. Der Stofffluss von Baum zu Pilz und von Pilz zu Baum ist erwiesen, wie viel und welche Stoffe auch von Baum zu Baum via Mykorrhizapilze fliessen, ist Gegenstand der Forschung. Einige Studien an Tomaten und Ackerbohnen haben gezeigt, dass sich Nachbarspflanzen via den Austausch von Botenstoffen über das Mykorrhiza-Netzwerk (in diesen Fällen arbuskuläre Mykorrhizapilze) vor Attacken durch Herbivoren oder Pathogene warnen können. Bei Bäumen konnte der Transfer von Zucker von Baum zu Baum in einigen Untersuchungen festgestellt werden. Es zeigte sich zum Beispiel, dass junge Sämlinge, die im Schatten älterer Bäume standen und deshalb weniger gut Photosynthese betreiben konnten, Zucker von Altbäumen erhielten. Andere, auch eigene Studien konnten diesen Transfer jedoch nicht nachweisen. Wie wichtig dieser Austausch für das Waldökosystem ist, wird deshalb erforscht. Sicher ist, dass Bäume, insbesondere junge Sämlinge, von einem bestehenden Mykorrhizanetzwerk im Boden profitieren, selbst wenn kein Stofffluss von Baum zu Baum stattfindet. Das Netzwerk gewährleistet eine gute Versorgung von geeigneten Pilzpartnern, die den Sämlingen alle Vorteile der Mykorrhizasymbiose bieten. Ausserdem stabilisiert es den Boden, was an Hanglagen in den Alpen eine wichtige Rolle beim Schutz gegen flachgründige Rutschungen spielen kann.

 

Zusammenfassung

Seit der Landnahme vor Jahrmillionen leben fast alle Landpflanzen in Symbiose mit Mykorrhizapilzen. Rund 2000 Grosspilze gehen in unseren Wäldern diese Symbiose mit Bäumen ein, davon viele geschätzte Speisepilze. Mykorrhizapilze spielen eine zentrale Rolle in der Nährstoff- und Wasserversorgung der Bäume und profitieren vom Zucker, den sie dafür erhalten. Die hohe Vielfalt dieser Pilze gewährleistet eine optimale Nutzung der Bodenressourcen und ist wichtig für die Anpassung der Waldökosysteme an sich verändernde Umweltbedingungen. Der Schutz dieser symbiotischen Pilze, etwa durch die Reduktion von Stickstoffemmissionen, ist insbesondere im Hinblick auf die Klimaveränderung von grosser Bedeutung.

 

Martina Peter leitet an der WSL die Gruppe Ökologische Genetik und erforscht verschiedene Aspekte der Mykorrhizasymbiose im Wald.

 

Artemis Treindl arbeitet an der WSL als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Gruppe Biodiversität für das Datenzentrum SwissFungi.

 

Literaturverzeichnis zum Artikel Mykorrhizapilze – die geheimen Helfer im Wald von Martina Peter und Artemis Treindl (Bündner Wald, Ausgabe Dezember 2022, ab Seite 40)

de Witte L.C., Rosenstock N.P., van der Linde S., Braun S., 2017. Nitrogen deposition changes ectomycorrhizal communities in Swiss beech forests. Science of The Total Environment 605-606: 1083-1096.

Egli S., Brunner I., 2011. Mykorrhiza. Eine faszinierende Lebensgemeinschaft im Wald. Merkblatt für die Praxis 35. 8 S.

Peter M., Buée M., Egli S., 2013. Die Bedeutung der biologischen Vielfalt von Mykorrhizapilzen für die Funktionalität von Waldökosystemen, 176-186. In: Kraus, D.; Krumm, F. (Hrsg.) Integrative Ansätze als Chance für die Erhaltung der Artenvielfalt in Wäldern. European Forest Institute. 300 S.

Peter M., Ayer F., Egli S., 2001. Nitrogen addition in a Norway spruce stand altered macromycete sporocarp production and below-ground ectomycorrhizal species composition. New Phytologist 149: 311-325.

Steidinger B.S., Crowther T.W., Liang J., Van Nuland M.E., Werner G.D.A., Reich P.B. et al., 2019. Climatic controls of decomposition drive the global biogeography of forest-tree symbioses. Nature 569: 404-408.

Treindl A.D., Leuchtmann A., 2019. A king amongst dwarfs: Boletus edulis forms ectomycorrhiza with dwarf willow in the Swiss Alps. Alpine Botany 129, 185–189.

van der Linde S., Suz L.M., Orme C.D.L., Cox F., Andreae H., Asi E. et al., 2018. Environment and host as large-scale controls of ectomycorrhizal fungi. Nature 558: 243-248.