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Klimastrategie und Aktionsplan Green Deal Graubünden

Der Kanton Graubünden sieht sich mit den wachsenden Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert. Er hat allerdings früh eine eigene kantonale Klima­strategie entwickelt und ist auf einem guten Weg. Gleichzeitig bleibt noch viel zu tun. Wir alle können dazu beitragen und mit anpacken, damit Graubünden sein Ziel «2050 klimaneutral» erreicht. Autorin: Katja Graf

Der Kanton Graubünden hat im Jahr 2015 als einer der ersten Kantone eine kantonale Klimastrategie erarbeitet und durch die Regierung verabschiedet. Diese zeigt auf, dass die grössten Risiken durch den Klimawandel für den Kanton Graubünden im Bereich der Gesundheit, des Tourismus und der Biodiversität liegen. Die zunehmende Hitze führt zu vermehrten Herzkreislaufproblemen und verminderter Arbeitsleistung, die reduzierte Schneedecke gefährdet den Wintertourismus, und insbesondere Organismen in Feuchtgebieten leiden unter der zunehmenden Trockenheit und könnten aus ihren angestammten Lebensräumen verdrängt werden.

Blühende Wiese bei Zillis im Schams (Foto: Plantahof)

Gleichzeitig birgt der Klimawandel auch Chancen für den Kanton. Höhere Mitteltemperaturen reduzieren den winterlichen Heizbedarf – erhöhen jedoch potenziell den sommerlichen Kühlbedarf der Gebäude. Die zunehmende Hitze und geringere Regenfälle in den Tallagen können die sommerliche Attraktivität des Berggebiets steigern und den «Sommerfrische»-Tourismus ankurbeln. Das veränderte Niederschlagsregime könnte es ermöglichen, mehr Strom aus Wasserkraft zu produzieren. Insgesamt dürften jedoch die Risiken gegenüber den Chancen stark überwiegen, auch aus finan­zieller Sicht.

 

Präparierte Langlaufloipe im Oberengadin (Foto: AWN Graubünden)

Ergänzend zu den laufenden Projekten im Rahmen der Klimastrategie erarbeitet die kantonale Verwaltung momentan die zweite Etappe des Aktionsplans Green Deal (AGD) für Graubünden. Der AGD strebt die Klimaneutralität des Kantons bis 2050 an, beziffert das kantonale Treibhausgasbudget bis 2050 und will Massnahmen umsetzen, um dieses Budget einzuhalten.

Neben dem Klimaschutz bezweckt der AGD ausserdem, die Bevölkerung, Wirtschaft und Natur besser vor den negativen Folgen des Klimawandels zu schützen und ermöglicht – wo sinnvoll und machbar – deren Anpassung an das veränderte Klima.

Was ist der aktuelle Stand? Der Grosse Rat hat die erste Etappe des AGD im Oktober 2021 gutgeheissen und dadurch erstens Gelder bereitgestellt, um (höhere) kantonale Förderbeiträge für Massnahmen im Gebäudebereich, im öffentlichen Verkehr und für Pilotprojekte zur klimaneutralen Landwirtschaft sprechen zu können. Zweitens hat der Grosse Rat die Leitplanken für die Ausarbeitung der zweiten Etappe des AGD gesetzt. Der Kanton schafft derzeit die gesetzlichen Grundlagen, um weitere Massnahmen im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung umsetzen und (mit-)finanzieren zu können. Diese gesetzlichen Grundlagen dienen als Basis für die Umsetzung der zweiten Etappe des AGD und sollen per 2026 in Kraft treten. Sie sollen beispielsweise die finanzielle Förderung von innovativen (Gross-)Projekten im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung ermöglichen, die Treibhausgase im Landwirtschaftssektor durch finanzielle Anreize markant reduzieren, unnötigen Verkehr reduzieren und klimafreundliche Mobilitätsformen fördern. Der AGD setzt zudem Anreize, mehr erneuerbare Energien und insbesondere mehr Solarenergie zu nutzen, speziell zur Winterstromgewinnung.

Mit dem "Aktionsplan Green Deal für Graubünden" soll der Treibhausgasausstoss im Kanton Graubünden sukzessive reduziert und der Kanton bis 2050 klimaneutral werden.

(Quelle: Situationsanalyse AGD)

Der neu zu schaffende kantonale Klimafonds soll die nötigen Gelder für die Finanzierung der Massnahmen bereitstellen. Dies wird in der heutigen Erwartung die grösste Herausforderung für die weitere Umsetzung des AGD sein: ausreichende und mehrheitsfähige Finanzierungsquellen für den Klimafonds zu finden, um den Aktionsplan umsetzen zu können. Dabei müssen wir uns vor Augen führen, dass die Massnahmen des AGD nicht nur dem Klima zugutekommen, sondern markant und dauerhaft unsere Auslandsabhängigkeit in der Energieversorgung reduzieren. Heute geben wir im Kanton Graubünden für fossile Energieträger jährlich 400 Millionen Franken aus. Von diesen 400 Millionen fliessen mehr als 200 Millionen Franken jährlich ins Ausland ab, insbesondere an Öl- und Gaskonzerne. Mit dem Green Deal können wir diese 200 Millionen Franken pro Jahr im Kanton Graubünden ausgeben und bei uns Wertschöpfung generieren. Somit trägt der AGD nicht nur zur Eindämmung des Klimawandels bei, sondern macht auch aus Sicht der kantonalen Binnenwirtschaft durchaus Sinn.

 

Photovoltaikanlagen im alpinen Raum generieren wertvollen Winterstrom, wie hier bei Muottas Muragl, Samedan. (Bild: Fanzun AG, Chur)

Der Kanton will mit dem Klimafonds und den Massnahmen dafür sorgen, dass Gemeinden, die Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger ihren Teil zur Energiewende, zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung beitragen können und wollen. Er will primär finanzielle Anreize setzen, um die Akteure dazu zu motivieren, sinnvolle klimafreundliche Massnahmen umzusetzen. Die Gemeinden können unterstützend wirken, indem sie Hand bieten für klimafreundliche Projekte auf ihrem Gemeindegebiet oder diese sogar selbst lancieren, sich nach Möglichkeit finanziell daran beteiligen und Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft dabei unterstützen, Massnahmen umzusetzen. Beispielsweise können sie rechtliche Hürden in ihren Baugesetzen abbauen, welche die Installation von Solarenergieanlagen unnötig erschweren. Denn eins ist klar: ohne die Unterstützung von Bevölkerung und Wirtschaft und deren Bereitschaft, den Green Deal – auch finanziell – mitzutragen, wird es nicht gehen. Die jüngeren geopolitischen und energiemarktseitigen Entwicklungen zeigen eindrücklich auf, dass der Nutzen des AGDs für alle Anspruchsgruppen noch weitaus grösser sein könnte, als bisher angenommen. Packen wirs also an!

 

Mehr Informationen zum AGD und zum Klimawandel im Kanton Graubünden: www.klimawandel.gr.ch

 

Mehr Informationen zu den kantonalen Förderprogrammen: www.energie.gr.ch

 

Katja Graf ist Chemikerin und Ökonomin und beim Amt für Natur und Umwelt Graubünden für die Themen Klima und Nachhaltigkeit zuständig.