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Digitale Zwillinge im AWN

Geoinformationen werden für Entscheidungen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Gesellschaft und im Alltagsleben immer wichtiger. Zudem steigt mit der Digitalisierung die Verfügbarkeit und Vielseitigkeit von Daten mit räumlichem Bezug. Der geografische Raum wird daher zunehmend in digitaler Form repräsentiert, gewissermassen als «Digitaler Zwilling». Die Kantone und so auch das Amt für Wald und Naturgefahren sind dabei für die Erhebung und Bereitstellung von Geoinfor­mationen zuständig. Das AWN gibt einen Einblick in diese Aufgaben und zeigt auf, wo welche Geodaten wie genutzt werden können. Orlando Lanfranchi

Strategie Geoinformation Schweiz
Innerhalb von zwei Jahrzehnten haben sich raumbezogene Informationen zu einem bedeutenden Bestandteil der Raumordnungspolitik auf allen Verwaltungsebenen (Bund, Kanton, Gemeinde) entwickelt. Ein Grossteil der Entscheidungen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung hat einen räumlichen Bezug oder basiert gar auf digitalen Modellen der realen Welt. Der geografische Raum wird zunehmend in digitaler Form repräsentiert, gewissermassen als «Digitaler Zwilling». Grundlage dafür sind Geodaten, also digitale Standortdaten, die immer umfangreicher und oft in Echtzeit verfügbar sind.
Diese Geodaten spielen eine zentrale Rolle in der modernen Verwaltung. Deshalb sollen gemäss «Strategie Geoinformation Schweiz» räumliche Daten nicht mehr nur beschafft, aufbereitet, analysiert und verbreitet werden. Vielmehr gilt es, sie anzureichern, indem sie miteinander vernetzt und als wertvolles Wissen über Plattformen zwischen Bürgern, Behörden und Unternehmen ausgetauscht werden. Ergänzend dazu unterstützt die «Open Government Data (OGD) Strategie» der Schweiz die offene, kostenlose und maschinenlesbare Bereitstellung von Verwaltungsdaten, darunter auch Geodaten.


Lawinenverbauung am Schiahorn bei Davos. (Bild: SLF, Stefan Margreth)


Digitaler Zwilling der Lawinenverbauung am Schiahorn. (Bild: AWN, Orlando Lanfranchi)

Die Rolle der Kantone
Die Kantone spielen bei der Umsetzung der «Strategie Geoinformation Schweiz» eine zentrale Rolle. Gemeinsam mit dem Bund sorgen sie dafür, dass all diese Geodaten erhoben und bereitgestellt werden. Die gesetzliche Grundlage dazu bildet das Geoinformationsgesetz (GeoIG), welches den rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Geoinformationen in der Schweiz regelt. Ziel des Gesetzes ist es, Geodaten über die gesamte Schweiz Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft breit, nachhaltig, aktuell, rasch, einfach, in der erforderlichen Qualität und zu angemessenen Kosten zur Verfügung zu stellen. Das GeoIG regelt dabei nicht nur die Bereitstellung, sondern auch die Erfassung, Verwaltung und Nutzung von Geodaten.
Die Kantone sind insbesondere für die Erfassung und Bereitstellung von Geobasisdaten verantwortlich. Geobasisdaten sind gesetzlich definiert als Geodaten, die auf einem Recht setzenden Erlass des Bundes, des Kantons oder einer Gemeinde beruhen. Sie bilden die Grundlage für zahlreiche raumbezogene Fachanwendungen, wie zum Beispiel den ÖREB-Kataster, und sind im Geobasisdatenkatalog (geobasisdaten.ch) festgehalten.


Das GIS-Team des AWN: Inès Buschmann, Andreas Summer, Micaela Dassié (Praktikantin), Armin Rieder, Silvia Stolz, Orlando Lanfranchi (v.l.n.r). (Bild: AWN, Ines Scherrer)

Um eine schweizweite Harmonisierung und technische Interoperabilität zu gewährleisten, verpflichtet das GeoIG die zuständigen Stellen von Bund und Kantonen, für die Geobasisdaten sogenannte Geodatenmodelle zu erstellen und anzuwenden. Diese Geodatenmodelle sind eine Abbildung der Wirklichkeit und legen Struktur und Inhalt von Geodaten systemunabhängig fest. Erstellt werden sie in der Modellierungssprache INTERLIS [1], was nebst einer einheitlichen Definition der Datenstruktur auch das Festlegen qualitativer Kriterien erlaubt.
Die Kantone definieren neben den bundesrechtlich vorgegebenen minimalen Geodatenmodellen (MGDM) auch eigene kantonale Geodatenmodelle (kGDM), um spezifische kantonale Anforderungen und Gegebenheiten abzubilden. Diese kantonalen Modelle dienen dazu, Geobasisdaten, die auf kantonalem Recht beruhen oder für kantonale Aufgaben relevant sind, ebenfalls strukturiert und einheitlich zu erfassen, zu verwalten und bereitzustellen. Kantonale Geodatenmodelle können zudem die bundesrechtlichen Minimalmodelle erweitern, um zusätzliche Informationen oder Detailtiefe für kantonale Zwecke zu integrieren.

Geobasisdaten im AWN
Das AWN ist für verschiedene Geobasisdaten nach Bundesrecht zuständig. Um die Aufbereitung der verschiedenen Themen gemäss MGDM in den Kantonen koordiniert und im gleichen zeitlichen Rahmen aufzubereiten, gibt die Konferenz der kantonalen Geoinformations- und Katasterstellen (KGK) eine Umsetzungsplanung vor. Diese zielt darauf ab, die zur Verfügung zu stellenden Geobasisdaten zu priorisieren und damit eine Kosten-Nutzen optimierte, und eine möglichst zeitgerechte, schweizweite und flächendeckende Bereitstellung der Geobasisdaten in Zuständigkeit der Kantone zu ermöglichen.

Für die Geobasisdaten nach Bundesrecht wurden bereits folgende minimalen Geodatenmodelle durch das AWN umgesetzt:

  • Gefahrenkarten
  • Naturereigniskataster
  • Waldreservate
  • Rodungen und Rodungsersatz
  • Holznutzungsbewilligung

Daneben führt das AWN zahlreiche Geobasisdaten nach Kantonsrecht. Die entsprechenden kantonalen Geodatenmodelle werden in den kommenden Jahren schrittweise umgesetzt und bereitgestellt.
Innerhalb des AWN werden die Fachbereiche bei der Umsetzung all dieser Arbeiten durch das GIS-Team unterstützt. Inès Buschmann, Silvia Stolz und Armin Rieder übernehmen dabei Digitalisier- und Nachführungsarbeiten. Andreas Summer ist fürs Datenmanagement und die Erstellung der entsprechenden Schnittstellen für die Überführung der Geodaten in die Geodatenmodelle zuständig.
Die fertig umgesetzten Datenmodelle werden auf verschiedenen Plattformen publiziert und als Darstellungs- und Downloaddienste zur Verfügung gestellt.

Publikation auf verschiedenen Plattformen
Das offizielle Geoportal der kantonalen Verwaltung bietet Zugang zu Geoinformationen in Form von Geodaten, interaktiven Karten sowie Geodiensten wie WMS [2] und WFS [3]. Nebst Geobasisdaten publiziert das AWN dort auch viele weitere Geodaten für die öffentliche Nutzung. Eine vollständige Übersicht aller verfügbaren Karten und Dienste ist dem kantonalen Geodatenkatalog zu entnehmen.
Der Kanton stellt demnächst zwei Kartenviewer für den Zugriff auf öffentliche Geodaten zur Verfügung. Einer richtet sich an Fachspezialistinnen und Fachspezialisten sowie Dienststellen der kantonalen Verwaltung und bietet den bisherigen Funktionsumfang und die gewohnte Struktur. Der zweite Viewer ist für die breite Öffentlichkeit konzipiert, mit inhaltlich zusammengefassten und thematisch vereinfachten Kartenansichten. Diese öffentliche Ansicht wird den bisherigen GIS-Viewer der GeoGR AG ablösen.
Im Zuge der oben genannten Anpassungen wird die GeoGR AG, welche im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft einen Teil der zentralen Geodatendrehscheibe des Kantons betreibt, den Geodaten-Shop vollumfänglich neu konzipieren und optimiert anbieten. So wird es zum Beispiel einen direkten Absprungpunkt aus den interaktiven Karten in den Shop geben. Das Shop-Angebot umfasst, sofern vorhanden, die kantonalen Geodatenmodelle. Steht für ein Thema kein kantonales Geodatenmodell zur Verfügung, wird das minimale Geodatenmodell (MGDM) integriert. Nicht im Shop enthaltene Geodaten können weiterhin als Spezialprodukte bestellt werden. Diese Anfragen werden an die zuständigen Dienststellen weitergeleitet; im Falle des AWN bereitet das GIS-Team die Daten auf und stellt sie anschliessend über den Geodaten-Shop bereit.
geodienste.ch ist das zentrale, interkantonale Portal für die aggregierte Bereitstellung von Geobasisdaten. Die Kantone sind verpflichtet, ihre Geobasisdaten nach Bundesrecht im MGDM auf geodienste.ch zu publizieren. Sie bietet einen zentralen Zugang zu einer Vielzahl von Geobasisdaten für die gesamte Schweiz. Die Daten werden in standardisierten Formaten und Diensten bereitgestellt.
Zurzeit lanciert der Bund mit SWISSGEO eine neue Plattform, wo Bund und Kantone künftig ihre Geoinformationen und Geodaten vereint an einem Ort zur Verfügung stellen werden. In mehreren Entwicklungsphasen werden verschiedene Plattformen, unter anderem auch geodienste.ch, zusammengeführt. SWISSGEO wird so die neue, zentrale Referenz für Geoinformation in der Schweiz.
Der ÖREB-Kataster (Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen) ist ein offizielles, interaktives Informationssystem, das die wichtigsten öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen auf Grundstücken in der Schweiz zusammenzieht. Dazu zählen beispielsweise Vorgaben aus Raumplanung, Infrastruktur und Umweltschutz, wie etwa die Waldreservate des AWN (siehe Artikel «ÖREB-Kataster um Waldreservate erweitert», ab Seite 20).

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KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.   Kantonales Geoportal
              ​geo.gr.ch

 

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​              map.geo.gr.ch

 

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KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.   Kantonaler Geodatenkatalog
             
katalog.geo.gr.ch

 

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geogr.ch

 

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KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.   ÖREB-Kataster Graubünden
              
oereb.geo.gr.ch

 

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KI-generierte Inhalte können fehlerhaft sein.   SWISSGEO
              
swissgeo.ch

 

Fazit
Zusammengefasst schafft das Geoinformationsgesetz flankiert von der «Strategie Geoinformation Schweiz» und der «Open Government Data Strategie» einen klaren Rechts- und Handlungsrahmen für die Erfassung, Verwaltung, Bereitstellung und Nutzung von Geo(basis)daten in der Schweiz. Die Erstellung und Anwendung minimaler Geodatenmodelle sorgt für eine schweizweite Standardisierung, während die Kantone eine zentrale Rolle in der Organisation, Umsetzung und Bereitstellung der Geoinformationen spielen.

Orlando Lanfranchi ist seit Januar 2024 Leiter Geoinformatik und GIS-Verantwortlicher im Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden. Er ist gelernter Informatiker und hat zudem Geologie an der ETH Zürich studiert. Nach einigen Arbeitsjahren als Ingenieurgeologe im Raum Zürich und der Innerschweiz ist er bei Grün Stadt Zürich, dem Stadtzürcher Pendant des AWN, in die GIS-Welt eingetaucht. Aufgrund seiner letzten Tätigkeit als Projektleiter beim GIS-Kompetenzzentrum des Kantons Graubünden bringt er eine langjährige und vielseitige Erfahrung im kantonalen GIS mit.

Antonio Crisci, AWN

 

[1] INTERLIS ist in der Schweiz der gesetzlich verankerte Standard zu Modellierung und Austausch von Geoinformationen.
[2] Ein WMS-Dienst (Web Map Service) stellt Geodaten als Kartenbilder im Internet bereit.
[3] Ein WFS-Dienst (Web Feature Service) ermöglicht den direkten Zugriff auf die zugrunde liegenden, bearbeitbaren Geodaten.