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Das Haselhuhn: Lebensraum und waldbauliche Förderung

Haselhühner, die kleinen Verwandten von Birkhühnern und Auerhühnern, sind in Bergwäldern der Alpen und des westlichen Jura weit verbreitet. Bei der Waldbewirtschaftung auf sie Rücksicht zu nehmen, ist meist nicht schwierig. Aber sie zu sehen oder zu hören kann sehr aufwendig sein. Autor: P. Mollet

Das Haselhuhn ist die kleinste der vier einheimischen Raufusshuhnarten. Hahn und Henne sind gleich gross, erreichen ungefähr die Körpergrösse einer Strassentaube und wiegen ca. 400 g. Hahn und Henne haben dieselbe Gefiederfarbe. Der einzige deutlich sichtbare Unterschied im Gefieder ist der schwarze Kehlfleck, den es nur beim Hahn gibt.

Von allen Raufusshuhnarten ist das Haselhuhn wahrscheinlich auch die am wenigsten bekannte. Heimlich im Wald lebend und meist sehr aufmerksam gegen mögliche Feinde, bekommt man es nur selten zu Gesicht. Am auffälligsten ist der Gesang, der mit seiner hohen Tonlage eher an einen kleinen Singvogel erinnert.

Das Haselhuhn kommt gemäss dem Schweizer Brutvogelatlas, der in den Jahren 2013–2016 erarbeitet wurde, in den Alpen, den Voralpen und im westlichen Jura vor. Seit dem vorletzten Atlas der Jahre 1993–1996 hat sich an dieser Verbreitung nichts Wesentliches verändert.

Die einzige Ausnahme ist der östliche Jura, wo sich das Haselhuhn etwas nach Westen zurückgezogen hat. Im Mittelland ist das Haselhuhn eine seltene Erscheinung, aber das war es sehr wahrscheinlich auch früher schon. In Graubünden hingegen ist es wie auch sonst in den Alpen ab einer Höhe von ungefähr 1100 m ü. M. weit verbreitet. In tieferen Lagen sind Nachweise selten. Für den aktuellen Brutvogelatlas sind aus dem Kanton Graubünden 551 Haselhuhn-Nachweise verwendet worden. Nur gerade 24 davon stammten aus Wäldern unterhalb 1100 m ü. M.

 

Winternahrung ist zentral

Das Haselhuhn bewohnt Hochwälder, stufige Bestände und auch stark verbuschte Weiden. Es ist nicht auf bestimmte Waldgesellschaften, Betriebsformen oder Höhenstufen beschränkt.

Analog zu den anderen Raufusshuhnarten ernähren sich adulte Haselhühner weitgehend vegetarisch. Nur bei den Küken sind in den ersten Lebenswochen Insektenlarven und Spinnen von Bedeutung. In den wärmeren Jahreszeiten suchen die Vögel vor allem in Bodennähe nach Nahrung. Sobald aber im Herbst die bodennahe Vegetation unter dem Schnee verborgen ist, stellen die Hühner auf Nahrungsquellen um, die sie auf Sträuchern und Bäumen finden. Aufgrund ihres geringen Gewichts sind Haselhühner in der Lage, auf kleinen Zweigen zu balancieren und gezielt nach energiereicher Nahrung wie Beeren und Kätzchen zu suchen. Damit unterscheiden sie sich in ihrem Nahrungserwerb von den viel schwereren Auerhühnern, die dies nicht schaffen und sich daher im Winter von dem ernähren müssen, was zwar in Hülle und Fülle vorhanden und auch einfach erreichbar, dafür aber auch viel schwerer verdaulich ist: Koniferennadeln. Des Haselhuhns Spezialisierung auf energiereiche Nahrung im Winter hat zur Folge, dass es zwingend auf Sträucher und kleine Bäume angewiesen ist, die Beeren oder Kätzchen tragen.

 

Je nach Region und Höhenstufe können das Vogelbeeren, Mehlbeeren, Haselsträucher, Weissdorn, Erlen oder Weiden sein. Kommen keine solchen Arten vor, fehlt auch das Haselhuhn. In einem reinen Nadelwald können allerdings schon wenige solche Gehölze für eine Besiedlung durch das Haselhuhn reichen.

 

Ohne Deckung geht nichts

Zusätzlich zur Winternahrung ist ein weiteres Element in einem guten Haselhuhn-Lebensraum von zentraler Bedeutung: Deckung in den untersten ca. 10 m ab Boden.

Wegen seiner geringen Körpergrösse kommt das Haselhuhn für etliche Beutegreifer als Nahrung in Frage, beispielsweise für Fuchs, Marder, Habicht und Sperber. Das Bedürfnis nach Sichtschutz ist darum beim Haselhuhn ausserordentlich gross. Ausserdem ist bei der Deckung wichtig, dass sie auch im Winter vorhanden ist. Wohl deshalb besiedelt das Haselhuhn kaum reine Laubwälder, und dies dürfte auch ein Grund sein, weswegen es in tieferen Lagen selten ist und z. B. auch reine Grün­erlenbestände in den Alpen nicht nutzt.

Ein für das Haselhuhn geeigneter Lebensraum ist demnach ein Misch- oder Nadelwald, welcher aus einem Mosaik aus eher dichten Beständen und offenen, hellen Flächen besteht. Erstere bieten dem Haselhuhn Deckung, auf letzteren gedeihen, sofern es die standörtlichen Bedingungen erlauben, seine Nahrungspflanzen. Ob solche offenen Flächen die Folge von natürlichen Ereignissen wie Rutschungen, Lawinen, Schneebruch oder Stürmen sind oder durch forstliche Bewirtschaftung entstehen, spielt keine Rolle. Ein wesentlicher Grund für die weite Verbreitung des Haselhuhns in den Voralpen und Alpen sind sehr wahrscheinlich die vielen Flächen, auf denen der Wald in den höheren Lagen aufgrund natürlicher Ereignisse offen bleibt bzw. immer wieder geöffnet wird, und auf denen sich die Nahrungspflanzen gut entwickeln können.

 

Waldbauliche Förderung

Haselhuhn-Förderung mit forstlichen Massnahmen ist nicht schwierig. Das Ziel besteht darin, den wichtigen Nahrungspflanzen genügend Raum und damit Licht zu geben sowie für Deckung zu sorgen. Eine Waldbewirtschaftung, die genügend grosse Lücken schafft, konsequent auf Naturverjüngung setzt und darauf verzichtet, per Jungwald- und Dickungspflege Pioniergehölze zu entfernen, schafft meist alle Voraussetzungen für gut geeignete Haselhuhn-Lebensräume. Weitere Massnahmen sind in der Regel nicht nötig.

Die optimale Flächengrösse von Lücken hängt von den örtlichen Verhältnissen ab. Lücken müssen gross genug sein, dass Strauch- und Baumarten der Pionierphasen wie Vogelbeeren, Erlen oder Birken aufkommen können. Schlecht für Haselhühner ist Verjüngung unter Schirm, da diese wichtigen Nahrungspflanzen, die viel Licht benötigen, hier kaum aufkommen. Die Erfahrung aus dem Jura zeigt ferner, dass in Wäldern, in denen sich grossflächig fast ausschliesslich die Buche verjüngt, keine Haselhühner vorkommen.

Werden in höhergelegenen Nadelwäldern Massnahmen zugunsten des Auerhuhns umgesetzt, so helfen diese auch dem Haselhuhn. Zielkonflikte zwischen Auerhuhn- und Haselhuhnförderung gibt es in der Regel keine, und zusätzliche Massnahmen für Haselhühner sind nicht nötig.

 

Die Suche nach einem Heimlichtuer

Haselhühner bleiben wegen ihres stark ausgeprägten Deckungsbedürfnisses meist unsichtbar. Förster, Jäger und Wildhüter haben bei ihrer Tätigkeit im Wald am ehesten die Gelegenheit, die Vögel zu Gesicht zu bekommen oder den charakteristischen Reviergesang des Hahns zu vernehmen.

Die systematische Suche nach Haselhühnern ist aufwendig und methodisch schwierig. Am ehesten erfolgversprechend ist die Suche nach indirekten Nachweisen wie Federn, Kot oder Fussspuren.

An Staubbadestellen, wie sie zum Beispiel entlang von Waldwegen vorkommen, kann man Kot und Federn finden, die die Hühner bei ihrem Komfortverhalten hinterlassen haben. Kot lässt sich auch im Schnee finden. Ausserdem hinterlassen Haselhühner im Schnee die für Raufusshühner charakteristischen Fussspuren mit drei Vorderzehen und der sehr kurzen, meist gar nicht sichtbaren Hinterzehe.

Die optische Unterscheidung von Kot und Fussspuren der verschiedenen Raufusshuhnarten ist nur durch genaues Bestimmen der Grösse und auch so nicht in allen Fällen möglich. Im Fall von Kot wäre eine sichere Unterscheidung per genetischer Analyse möglich, doch sind solche Untersuchungen teuer. Bei Federn ist die Bestimmung in der Regel etwas einfacher. Für Bestimmungen kann bei der Schweizerischen Vogelwarte (041 462 97 00, info@vogelwarte.ch) Hilfe angefordert werden, wobei auf Fotos stets ein Grössenvergleich erkennbar sein muss (am besten ein Massstab).

 

Pierre Mollet arbeitet bei der Schweizerischen Vogelwarte im Bereich Artenförderung und ist dort spezialisiert auf Raufusshühner und Waldschnepfe.