Ahornsirup wird durch den Prozess der Konzentration von Ahornwasser (Saft) hergestellt. Das Ahorn-wasser wird jedes Frühjahr geerntet, und zwar ausschliesslich in den nordöstlichen Regionen Nordamerikas (Kanada und Vereinigte Staaten) und hauptsächlich in Quebec, wo die klimatischen Bedingungen am günstigsten sind.
Ahornhain ist die Bezeichnung für einen natürlichen Wald, in dem die Hauptbaumart der Ahorn ist. Der Zuckerahorn (acer Saccharum) und der Rotahorn (acer Rubrum) sind die beiden Arten, aus welchen Ahornwasser geerntet wird.
Herkunft
Obwohl es in vielen Teilen der Welt noch unbekannt ist, der Ahornsirup ist in der Geschichte Kanadas (Quebec) fest verankert. Historische Texte haben aufgezeichnet, dass man seit der Ankunft der ersten Siedler (Mitte des 16. Jahrhunderts) von «Ahornwasser» spricht. Damals sammelten die Amerikaner Ahornwasser, indem sie mit einer Axt einen Einschnitt in den Baum machten und es als Stärkungsgetränk nutzten. Erst 150 Jahre später wurde der Ahornzucker entdeckt. Dank der «Chaudrons» (Töpfe), welche aus Frankreich mitgebracht wurden, wurde es möglich, durch das Aufkochen von Ahornwasser Ahornzucker herzustellen.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Produktion rasch weiter. Die «moderne» Einkerben-technik hielt Einzug und es entstehen die ersten «Zuckerhütten». Mit der Entwicklung der modernen Verdampfer steigerten sich die Quantität und die Qualität der Produktion.
Bis 1970 wurde das Ahornwasser anhand von «chaudières» (Eimern) geerntet
(Abb. 1),
welche an die Zapfrohre angehängt wurden. Jeden Tag musste der Ahornbauer von Baum zu Baum gehen, um den Inhalt der Eimer zu entleeren. Diese Vorgehensweise begrenzte die Grösse der Ahornhaine. Zu dieser Zeit sahen wir das Erscheinen der «Schläuche», die die Bäume miteinander verbanden und es ermöglichten, das Ahornwasser direkt zur «Zuckerhütte» zu transportieren, um es in Ahornsirup zu verwandeln. Obwohl einige kleine Produzenten (Familienbetriebe) immer noch den Eimer als Erntemethode verwenden, sind verrohrte Sammelsysteme zur «Norm» in Ahornsirupbetrieben geworden
(Abb. 2).
Nährwertvorteile
Ahornsirup hat viele ernährungsphysiologische Eigenschaften und enthält Vitamine, Mineralien und Antioxidantien
(Tabelle 1).
Seit 2005 werden in Quebec und auf der ganzen Welt zahlreiche Forschungen durchgeführt, um seine Eigenschaften (Nährstoffe) zu definieren und sein volles Potenzial (Vorteile) zu ermitteln. Bis heute wurden mehr als 100 essenzielle Nährstoffverbindungen identifiziert, darunter 67 antioxidative Verbindungen.
Ahornsirup besteht im Wesentlichen aus Saccharose, die vom menschlichen Körper leicht assimiliert wird und keinen Insulinanstieg auslöst. Dies hat also sowohl für Sportler als auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes positive Auswirkungen.
Ahornsirupbetriebe
Im Jahr 2020 wurden mehr als 110 Millionen Kilogramm Ahornsirup produziert, was etwa 83 Millionen Litern entspricht. Nur in Quebec wurden 80 Millionen Kilogramm produziert, was 72 Prozent der Weltproduktion entspricht.
In Quebec gibt es 7300 Ahornhaine, welche von fast 11 500 Ahornproduzenten betrieben werden. Die Grössen der Betriebe variieren enorm. In der Tat gibt es noch viele kleine Ahornhaine, die von Familien als Hobby betrieben werden. In solchen Betrieben wird das Ahornwasser noch auf die altmodische Art geerntet, mit Eimern, die an Zapfrohren hängen. Auf der anderen Seite gibt es Betriebe von mehreren 100 Hektar, die mehr als 100 000 Zapfstellen enthalten. Diese Betriebe verfügen über hochtechnologische Anlagen und benötigen Dutzende von Mitarbeitern.
Im Jahr 2020 befanden sich fast 50 Prozent der Betriebe im ökologischen Anbau.
Produktion
Obwohl die Ahornsirupernte nur im Frühjahr stattfindet, verteilt sich die Arbeit auf das ganze Jahr … von Ende August bis Mitte Juni. In Anbetracht, dass die Sommermonate (Mitte Juni bis Ende August) wegen der Hitze und der Insekten nicht förderlich für die Forstarbeit sind.
Herbst
Der Herbst ist die Zeit für das Arbeiten im Wald, d. h. Instandhaltung von Anlagen und Erweiterungen sowie Waldpflege. Tatsächlich müssen die Rohre und Kollektoren, welche das Ahornwasser zur Zuckerhütte führen, alle 15 Jahre gewechselt werden. Zur gleichen Zeit wird auch die Waldpflege durchgeführt. Um die Entwicklung und das Wachstum der Ahornbäume zu fördern, muss alle 15 Jahre eine «Ahornplenterung» (Durchforstung) durchgeführt werden. Das Ziel ist es, Öffnungen im Laubholzdach zu schaffen, sodass die Ahorne ihre Äste weiterentwickeln können. Allgemeinen werden zwischen 15 und 20 Prozent der Bäume gefällt, es wird besonderes Augenmerk auf die natürliche Verjüngung und den Erhalt der Artenvielfalt gelegt. Um das Gleichgewicht im Wald aufrechtzuerhalten und die Ausbreitung von Krank-heiten zu vermeiden, ist es ratsam, etwa 10 Prozent Begleitbaumarten (15% in der ökologischen Produktion) zu behalten, hauptsächlich Gelbbirke und Esche.
Winter
Winter ist die Zeit des Anzapfens, bei dem ein circa 4 cm tiefes Loch unter die Rinde gebohrt wird, welche einen Durchmesser zwischen 6 und 8 mm hat (maximal 6 mm bei biologischer Produktion). Der Baum muss einen Durchmesser von mindestens 23 cm (BHD) haben, um eine Kerbe zu erhalten, und einen Durchmesser von mehr als 40 cm für 2 Kerben.
Der Ahornsirupproduzent installiert dann den Zapfen, welcher an das kilometerlange verrohrte Sammelsystem angeschlossen wird. Je nach Standortbedingungen kann eine Person zwischen 250 und 350 Zapfen pro Tag vornehmen.
Zum Beispiel in der Erablière des Aigles im Osten von Quebec, wird das Zapfen in der Regel von Mitte Januar bis Mitte Februar durchgeführt. Für diese Arbeit sind etwa 25 Tage Arbeit von 4 Personen erforderlich.
Frühling
Bei der Erablière des Aigles beginnt die Ernte des Ahornwassers in der Regel per Ende März (der Beginn der Saison variiert je nach Standort). Eine normale Saison erstreckt sich über einen Zeitraum von circa 5 Wochen, mit einer durchschnittlichen Produktionsdauer von 25 Tagen.
Wenn die Installationen neu und gut gewartet sind, kann ein Zapfen während der Saison bis zu 70 l Ahornwasser produzieren. Ein Baum mit einem Durchmesser von über 40 cm und 2 Zapfen kann bis zu 140 l Ahornwasser liefern, was 3,5 l Ahornsirup entspricht.
Das Fliessen des Ahornwassers ist ein natürliches Phänomen, welches auftritt, wenn die Temperaturen zwischen Frost und Tauwetter schwanken (idealerweise zwischen −7 ° und 7 °C). Zu diesem Zeitpunkt steigen der Zucker und das Wasser, welche im Sommer in den Wurzeln angesammelt wurden, den Stamm hinauf, um wichtige Nährstoffe für das Baumwachstum zu liefern.
Das gesammelte Ahornwasser wird anschliessend gefiltert und mittels Umkehrosmose konzentriert (2–3 % auf 16–20 % Zucker). Dieses Konzentrat wird dann in den Verdampfer geleitet (Abb.3), wo es die endgültige Konzentration des Ahornsirups erreicht, welcher eine Konzentration zwischen 66 und 67 Prozent Zucker erreicht. Der Ahornsirup wird dann heiss gefiltert und in 150-Liter-Fässer gefüllt.
Im Lauf der Ernte entwickeln sich die Eigenschaften und der Geschmack des Ahornsirups
(Abb. 4).
Das erste Tröpfeln: Es ist dunkel und hat einen ganz besonderen «holzigen» Geschmack.
Erster Teil der Ernte: Er ist klar (Helligkeit über 75 %) und hat einen zarten Geschmack.
Mitte Saison: Er wird dunkler (Helligkeit: 50–75 %) und sein Geschmack wird ausgeprägter (reichhaltig).
Ende Saison: Er ist dunkel (Helligkeit: 25–50 %) und sein Geschmack intensiviert sich (robust).
Das letzte Tröpfeln: es ist sehr dunkel (25 % weniger hell), mit einem sehr ausgeprägten Geschmack (Saft) und es entwickelt sich eine «Karamell»-Textur. Es ist ein Ahornsirup, der eher für die Lebensmittelindustrie bestimmt ist.
Die Saison endet mit der Entstehung der Knospen. Sobald die Knospen kommen, wird der Geschmack des Ahornsafts stark und unangenehm. Aus diesem Grund muss die Produktion beendet werden. Die Arbeit ist aber noch nicht beendet: Die Zapfen müssen von den Bäumen entfernt sowie die Rohre und alle für die Produktion verwendeten Geräte gereinigt und desinfiziert werden.
Erablière des Aigles und sucrederable.ch
Die Erablière des Aigles
(Abb. 5)
ist ein 300 Hektar grosser Betrieb mit fast 130 Hektar Ahornhain. Das Familiengeschäft betreibt 25 000 Zapfstellen mit einem Potenzial von etwa 32 000. Es werden jährlich mehr als 32 000 kg Bioahornsirup produziert, wovon fast 80 Prozent für den Schweizer Markt bestimmt sind.
Sucre d’Erable wurde Ende 2017 mit dem Ziel gegründet, das Potenzial des Ahornsirups aufzuzeigen. Das Konzept ist einfach: Der eigene produzierte Bioahornsirup wird importiert und die gesamte Verarbeitung des Produkts findet in der Schweiz statt, wenn möglich mit Zutaten aus der Schweizer Landwirtschaft. Weitere Informationen über die Ahornhaine und -produkte stehen auf www.sucrederable.ch zur Verfügung.
Alexandre Guimond ist Miteigentümer der Erablière des Aigles in Quebec und Gründer von sucrederable.ch.